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Garantie: Vorsicht vor falschen Versprechen!

Lesezeit: 9 Minuten

Verkäufer von Solarmodulen werben oft mit langen Garantiezeiten. Wie viel Sicherheit sie wirklich bieten, erläutert Dr. Margarete Spiecker, Rechtsanwältin aus Regensburg.


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Wir geben eine 10-jährige Produktgarantie gekoppelt mit einer 25-jährigen Leistungsgarantie für die Photovoltaik-Module“, versprechen viele Modulhersteller vollmundig in der Werbung. Beim genaueren Hinsehen können die Garantiebedingungen der Hersteller aber für den Kunden tückisch sein. Ein typisches Beispiel dafür sind versteckte Klauseln, wonach der Hersteller im Garantiefall für den Aus- und Wiedereinbau der Module nicht haftet. Eine solche Klausel hatte sich ein ausländischer Modulhersteller mit Niederlassung in München ausgedacht. Ein Verbraucherverband hat dagegen geklagt. Die Richter des Landgerichts München haben entschieden, dass die Klausel gegenüber Verbrauchern nicht weiterverwendet werden darf. Nebenbei stellen sie fest, wann Käufer von Photovoltaikanlagen Verbraucherschutz genießen.


Da es bisher kaum Urteile zu Herstellergarantien im Modulbereich gibt, lassen sich anhand dieses Falles eine Reihe von Praxistipps für den Käufer ableiten.


1. Verständliche Klauseln:

Gegenstand des Münchner Verfahrens war eine Klausel des Modulherstellers, wonach er weder für die Demontage defekter Module, noch für den Einbau der ausgetauschten Module aufkommen musste. Die Richter im Münchner Verfahren kippten diese Klausel, weil sie unklar und widersprüchlich sei.


Denn der Hersteller hatte an anderer Stelle der Geschäftsbedingungen zunächst die kostenlose Reparatur, den kostenlosen Austausch oder die Bereitstellung zusätzlicher Module versprochen. Auch wollte er die Differenz zahlen, die sich eventuell zwischen der tatsächlichen Leistung der Module und der zugesagten Leistung ergeben könnte. Die vom Gericht gekippte Klausel wurde erst separat in den allgemeinen Geschäftsbedingungen nachgeschoben.


Diese Konstruktion riecht nach einem ungewöhnlichen Einzelfall. Doch häufig sind Garantiebedingungen so aufgebaut, dass zunächst eine Leistung versprochen wird und dann mehr oder weniger gravierende Haftungsausschlüsse folgen, durchaus auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen des Herstellers. Das Urteil ist deshalb für die Praxis von erheblicher Bedeutung.


Streng genommen gilt das Münchner Urteil nur für Verbraucher, nicht dagegen für Unternehmer. Da aber jeder Erzeuger von Solarstrom in der Regel Unternehmer ist, ist der Kreis derjenigen, die von dem Urteil profitieren, größer.


Außerdem gelten auch Endkunden, die mit der Anlage ihren Eigenstrombedarf decken wollen, als Verbraucher.


Darüber hinaus haben die Richter festgestellt: Allgemeine Geschäftsbedingungen dürfen den Käufer nicht unangemessen benachteiligen. Dieser Fall kann auftreten, wenn die Garantiebedingungen z. B. überraschende und unklare Klauseln enthalten und die einmal definierten Garantieansprüche später wieder unangemessen einschränken.


2. Garantiebedingungen prüfen:

Produkt- und Leistungsgarantien sind in der Regel sogenannte Beschaffenheits- und Haltbarkeitsgarantien. Der genaue In-halt der Garantien ergibt sich vor allem aus den Garantiebedingungen des Herstellers. Jeder Käufer sollte darauf bestehen, dass ihm sein Verkäufer die Garantiebedingungen vor dem Kauf übergibt und dass es wirklich die passenden aktuellen Regelungen sind, die speziell für den Modultyp und den betreffenden Vertrag gelten.


Der Käufer muss damit rechnen, dass der Hersteller die Garantiebedingungen gelegentlich ändert und dass Versionen im Internet kursieren, die für seinen Vertrag noch nicht oder nicht mehr gelten.


Wenn die Garantiebedingungen unverständlich und widersprüchlich sind oder etwa Montagekosten ausschließen, muss der Kunde aufmerken. Dann ist die Garantie vielleicht – je nach Formulierung – trotz einer langen Garantiedauer und hoher garantierter Leistungswerte nur wenig wert. Wenn er den Vertrag trotzdem abschließt, muss er die Risiken der Garantie realistisch einkalkulieren. Er sollte im Garantiefall wegen solcher Klauseln aber nicht gleich aufgeben, denn es kann sein, dass eine ungünstige Klausel unwirksam ist und er doch mehr verlangen kann, als es zunächst den Anschein hat.


Wenn eine Ausschlussklausel unwirksam ist, führt das jedoch nicht dazu, dass die gesamte Garantie nicht mehr gilt. Je nach Formulierung der übrigen Klauseln haftet der Modulhersteller dann im Garantiefall auch für die Ein- und Ausbaukosten.


3. Werbung aufbewahren.

Die Münchner Richter stellten fest, dass die gegebene Garantie werbewirksam ist und zum Kauf motiviert. Denn die Kunden schauen oft mehr auf die Werbung als auf die kleingedruckten Garantiebedingungen. Gerade, wenn die Garantiebedingungen mit der Werbung nicht ganz zusammenpassen, muss geklärt werden, was von beiden gelten soll.


Die Werbung spricht dann häufig für den Kunden. Im Streitfall kann auch die Werbung des Solarteurs oder Zwischenhändlers entscheidend sein, der die Module vom Hersteller kauft und weiterveräußert. Daher sollte der Kunde zu Beweiszwecken vor Vertragsschluss z. B. Werbebroschüren und Prospekte sammeln, die Internetwerbung zu den Modulen ausdrucken und dies alles zum Vertrag hinzunehmen und aufbewahren.


4. Gerichtsstand in Deutschland.

Wenn in den Garantiebedingungen ein Gerichtsstand im Ausland oder die Geltung einer ausländischen Rechtsordnung geregelt ist, kann ein Rechtstreit im Garantiefall kompliziert und teuer werden – besonders, wenn deswegen Sprachprobleme dazukommen. Manche ausländische Hersteller verlangen den Nachweis des Garantiefalls durch einen Sachverständigen ihres Heimatlandes. Kundenfreundlich ist das nicht. Ein Anlagenbetreiber sollte deshalb für seine PV-Anlage in Deutschland Module mit solchen Garantien auswählen, die einen deutschen Gerichtsstand und die Geltung deutschen Rechts vorsehen. Übrigens ist nicht jede Gerichtsstandsvereinbarung wirksam. Das muss man jeweils prüfen.


5. Gewährleistungsfrist:

Garantie und Gewährleistung sind zweierlei und dürfen nie verwechselt werden. Die Unterschiede zeigen sich besonders bei der folgenden Vertragskette: Der Hersteller verkauft die PV-Module an den Solarteur. Dieser wiederum schließt einen Vertrag mit dem Endkunden über die Lieferung und Errichtung der gesamten PV-Anlage und errichtet dann die Anlage.


Wenn eine Herstellergarantie vereinbart ist, sind die Garantieversprechen oft so gestaltet, dass der Anlagenbetreiber als Endkunde Garantieberechtigter ist und deshalb die Garantieansprüche direkt gegen den Hersteller richten kann. Wenn ein Modul mangelhaft ist, spalten sich die Ansprüche des Endkunden auf: Seine Mängelansprüche während der Gewährleistungszeit hat er nur gegen den Lieferanten, die Garantieansprüche während der Garantiedauer kann er nur gegen den Hersteller geltend machen. Solange weder die Gewährleistungsfrist noch die Garantiedauer abgelaufen sind, hat der Kunde daher häufig beide Ansprüche parallel.


Innerhalb dieser Frist sollte der Käufer unbedingt auch beide Ansprüche effektiv durchsetzen und die unterschiedlichen Fristen und Verfahrensschritte jeweils einhalten, z. B. rechtzeitig Klage erheben, mahnen und den Schaden formgerecht anmelden. Das kann auch das Risiko des Käufers abmildern. Denn wenn später der Hersteller oder der Solarteur in die Insolvenz rutschen und deshalb einer der beiden Ansprüche wertlos wird, ist es gut, wenn zumindest der andere Anspruch noch durchgesetzt werden kann.


Inhaltlich können Ansprüche aus der gesetzlichen Gewährleistung und Garantieansprüche übrigens weit auseinandergehen. Die Münchner Richter weisen darauf hin, dass es dem Garantiegeber frei steht, die Garantiehaftung für die Ein- und Ausbaukosten auszuschließen, wenn er dabei nur klar und widerspruchsfrei bleibt.


Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gilt allerdings, dass der Verkäufer einer mangelhaften Sache auch die Ein- und Ausbaukosten zu tragen hat. Die Bedeutung dieser Entscheidung für das nationale Recht ist noch nicht endgültig geklärt. Laut Bundesgerichtshof ist der Verkäufer zumindest für die Ausbaukosten und die Abtransportkosten verantwortlich.


Wenn die Garantiebedingungen die Ein- und Ausbaukosten nicht vorsehen, bleiben dem Käufer unter Umständen noch die Ansprüche aus der Mängelhaftung.


Das OLG Bamberg hat entschieden, dass die gesetzliche Verjährungsfrist für Mängelansprüche für eine Freiflächen-Photovoltaikanlage fünf Jahre beträgt. Die Anlage sei als Bauwerk anzusehen. Das ist neu, bislang wurde in der Photovoltaikbranche nur eine zweijährige Verjährungsfrist angenommen. Es bleibt spannend, inwieweit diese Rechtsprechung auch auf Dach­flächenanlagen ausgeweitet wird.


Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung werden fünfjährige Produktgarantien allerdings immer weniger beeindrucken können.


6. Garantierte Leistung?

Die Leistungsgarantien für Module knüpfen an die Nennleistung der Module an. Sie versprechen, dass die Solarpaneele für eine be-stimmte Dauer einen be-stimmten Prozentsatz der Nennleistung (z. B. 80 % für 20 Jahre) tatsächlich erzielen können.


Manchmal ist die garantierte Leistung auch zeitlich gestaffelt und fällt wie eine Treppe z. B. in Jahresschritten ab. Es sollte eindeutig geregelt sein, bei welchen Testbedingungen die Leistung erzielt werden muss und welche Testverfahren gelten. Sonst gibt es später Probleme in Beweisverfahren und bei Laboruntersuchungen. Und ohne Laboruntersuchungen können die Ansprüche aus Leistungsgarantien in der Regel nicht durchgesetzt werden.


Eine Leistungsminderung der Module kann viele Ursachen haben. Die Hersteller wollen aber meist nur für bestimmte Ursachen haften. So finden sich Klauseln, wonach die Garantie nur für Leistungsminderungen gilt, die auf natürliche Alterserscheinungen (Degradation) zurückzuführen ist.


Bei anderen Herstellern erstreckt sich die Leistungsgarantie ausdrücklich auf die Fälle, bei denen die Leistung aufgrund von Material- und Verarbeitungsfehlern des/der PV Module zurückgeht.


Wer genau hinschaut, sieht die Tücken der Formulierungen. Die Unterscheidung zwischen natürlicher Alterserscheinung und Materialfehler bei den Modulen ist nur schwer zu treffen.


Denn die natürliche Alterung hängt natürlich von dem gewählten Material ab. Kritisch ist auch, wenn gerade die natürliche Alterung vom Garantiefall ausgeschlossen wird, denn dies ist jedenfalls aus Sicht der Kunden der Hauptsinn einer Haltbarkeitsgarantie.


7. Garantiezeit:

Kunden und Lieferanten sollten sich nicht allein von der Garantiedauer und den Zahlenwerten der Leistungsgarantie leiten lassen. Wichtig ist auch, dass die Garantiebedingungen klare, gut durchsetzbare Garantieansprüche regeln und möglichst wenig Hürden aufstellen, z. B. wenig Haftungsausschlüsse, keine unklaren Ermessenspielräume des Herstellers und ein einfaches Verfahren. Der Kunde sollte darauf achten, dass möglichst alle Mängel in Material, Verarbeitung, Konstruktion und Funktion als Garantiefall gelten.


Gute Garantiebedingungen regeln eindeutig, dass die defekten Module ausgetauscht werden müssen und dass der Hersteller auch die Transportkosten, die Kosten von Laboruntersuchungen, die Demontage und Remontagekosten und die Entsorgungskosten trägt. Wenn es Alternativen zum Austausch gibt, z. B. Kaufpreisminderung, den Zubau weiterer Module oder Schadenersatz, müssen diese Alternativen klar formuliert und fair sein.


Daher kann auch die kürzere Garantie in der Sache besser sein. Jeder Anlagenbetreiber muss letztlich aber selbst entscheiden, wie wichtig ihm gerade die lange Garantiedauer ist.

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