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Was die Gasanalyse leisten muss

Lesezeit: 7 Minuten

Die Zusammensetzung des Biogases gibt direkt Auskunft darüber, wie es um den Gärprozess steht. Wir geben einen Überblick über gängige Messverfahren.


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Auch heute ist der Biogasfermenter immer noch eine Art Blackbox. Vorn schiebt der Dosierer das Futter hinein, hinten kommen Gärrest und Biogas heraus. Aber was passiert im Fermenter dazwischen? Wie vertragen die Bakterien welches Futter? Und wie lässt sich erkennen, dass eine Prozessstörung droht?


Fragen wie diese lassen sich direkt an der Anlage mit einer Analyse der entstehenden Gase beantworten. Ein modernes Gasanalysegerät kann die Konzentrationen der wesentlichen Gasbestandteile innerhalb von rund zehn Minuten ermitteln und ist ­damit viel schneller als jede Laborun­tersuchung des Fermenter-inhalts. „Dazu kommt, dass es nicht so einfach ist, eine repräsentative Flüssigkeitsprobe an der richtigen Stelle beispielsweise eines 2 000 m3 großen Behälters zu ziehen, der ja nie komplett durchmischt ist. Die Qualität das Gases ist dagegen immer aktuell und aussagekräftig“, nennt Martin Grepmeier, Geschäftsführer des Gasanalyse-Herstellers Awite aus Langenbach (Bayern), die Unterschiede.


Richtig messen:

Doch eine Gasanalyse ist nicht nur für die reine Biogasproduktion interessant. „Neben der Rohgasanalyse bei der Biogasproduktion wird die Analyse des Gases nach der Aufbereitung für die Einspeisung ins Erdgasnetz zunehmend wichtiger“, ergänzt Dr. Burkhard Christmann von Pronova aus Berlin.


Aber um den Prozess wirklich beurteilen zu können, müssen die Gase gemessen und bewertet werden, die etwas über den Gärprozess aussagen. Das sind:


  • Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2),
  • Sauerstoff (O2),
  • Schwefelwasserstoff (H2S),
  • Wasserstoff (H2).


Methan:

Methan ist die Komponente im Biogas, die zuallererst von wirtschaftlichem Nutzen ist. Je höher der Methangehalt, desto höher ist der Brennwert im Biogas und umso mehr Strom lässt sich aus einem Kubikmeter Biogas erzeugen.


Ein sinkender Methangehalt signalisiert aber auch, dass der Prozess in irgendeiner Weise gestört ist.


Der CO2-Gehalt ist fast immer im Gleichgewicht mit dem Methangehalt. „Eine zusätzliche Messung von Kohlendioxid erlaubt eine Kontrolle der Messergebnisse“, erklärt Christmann.


Sauerstoff:

Sauerstoff wird bei vielen Biogasanlagen über ein Gebläse von außen in den Gasraum des Fermenters hineingeblasen. Er dient dabei der biologischen Entschwefelung: Bakterien bauen Schwefelwasserstoff aus dem Biogas mithilfe des zugeführten Sauerstoffs in elementaren Schwefel sowie in Wasser um.


Allerdings kann Sauerstoff auch zu Korrosion im Fermenter führen und die anaeroben Methan-Bakterien hemmen, so dass die Zufuhr nicht über die zur Entschwefelung benötigten Menge hinausgehen darf. „Mehr als 1 % Sauerstoff im Gasgemisch bringt biologisch nichts“, ist Grepmeier überzeugt.


Aus diesem Grund gibt es einige Biogasanlagenbetreiber, die gar keinen Sauerstoff mehr einblasen, sondern eine externe Entschwefelung installiert haben. Das Gas wird hierbei durch eine Entschwefelung außerhalb des Fermenters geführt, in der auch z. B. biologisch entschwefelt und damit Sauerstoff zugesetzt werden kann.


Bei Biogasanlagen mit Gasaufbereitung ist dieses Verfahren üblich, da hier der mit der Außenluft eingeblasene Stickstoff eine unerwünschte Komponente ist. Bei diesen Anlagen zeigt ein Auftreten von Sauerstoff im Fermenter an, dass irgendwo ein unerwünschter Lufteintrag sein muss. Außerdem ist die Mischung von Methan und Sauerstoff ab einer gewissen Konzentration hoch explosiv: Die untere explosive Grenze für eine Luft-Methan-Mischung liegt bei 4,4 % Methan.


Schwefelwasserstoff:

Die Messung von Schwefelwasserstoff (H2S) ist bei ­jeder Anlage Pflicht. Denn H2S bildet zusammen mit Wasser schwefelige Säure und kann u.a. zu Korrosion im BHKW, in Katalysatoren und Wärmetauschern führen. Und in Gasaufbereitungsanlagen darf H2S möglichst gar nicht vorkommen, da auch hier die Anlage empfindlich geschädigt werden kann. Vor allem sind hier H2S-Grenzwerte zwingend einzuhalten. Sie sind in der Regel kleiner als 5 ppm (Parts per Million, also „Teile einer Million“).


Wasserstoff:

Der Wasserstoffgehalt dient zur biologischen Kontrolle. Er zeigt Überlastungen des Gärprozesses sehr schnell an. „Der Wert reagiert schneller als der Methangehalt und ist ein perfektes Frühwarnsystem“, erklärt Grepmeier. Im Normalfall bewegt er sich zwischen 0 und 50 ppm, kann bei einer Überlastung jedoch schnell auf 1 000 ppm und höher ansteigen.


Hintergrund: Wasserstoff ist eines der Stoffwechselprodukte, das in dem vierstufigen Gärprozess vom Ausgangsmaterial bis zum Biogas entsteht. Wenn die Bakterien in der letzten Stufe, der Methanbildung, den entstehenden Wasserstoff nicht schnell genug in Methan umwandeln, steigt der Wasserstoffgehalt im Fermenter an. Ist dieser zu hoch, wird der „normale“ Gärprozess gestört, es reichern sich unerwünschte Fettsäuren wie die Propionsäure an.


Ein Ansteigen des Wasserstoffgehalts ist also eine Vorwarnung auf eine drohende Prozessstörung. „Berücksichtigen sollte man jedoch, dass bei Luftzugabe zur biologischen Entschwefelung ein Teil des Wasserstoffes mit Sauerstoff zu Wasser reagiert und so nicht mehr gemessen werden kann“, macht Grepmeier aufmerksam.


Viele Sensoren:

Die Sensoren des Gasanalysegerätes sind im Gehäuse selbst untergebracht. Das Gas wird an unterschiedlichen Stellen der Gasleitung entnommen. Eine im Gasanalyse-Gehäuse untergebrachte Vakuumpumpe saugt das Gas durch Gasleitungen mit meist 4 mm Durchmesser aktiv an.


Die Gasentnahmestellen kann der Betreiber selbst wählen. Zur Messung der biologischen Aktivität sollte das Gas an allen Behältern gemessen werden, in die Futter zudosiert wird.


Aber auch vor oder nach einem Aktivkohlefilter kann eine Messung des H2S-Gehaltes interessant sein, um zu kontrollieren, wie hoch der Filter belastet wird bzw. ob er noch intakt ist.


Damit das Gas trocken bei den Sensoren ankommt, sind vor den Sensoren auch ein Kondensatabscheider sowie bei einigen Herstellern auch ein Gaskühler sowie ein wasserabweisender Filter untergebracht.


Die Sensoren zur Messung von Methan und CO2 sind in der Regel Infrarotsensoren. Sie messen das durch das Gas einfallende Licht und bestimmen anhand der Absorption des Lichtes die Gaskonzentration. Diese Sensoren haben keinen Verschleiß.


Sauerstoff, Wasserstoff und H2S dagegen werden mit elektrochemischen Sensoren gemessen. Bei diesen ist ein Elektrolyt enthalten, der mit dem zu messenden Gas reagiert. Anhand der chemischen Reaktion wird die Konzentration gemessen. Da bei der Messung ein Teil des Elektrolyts verbraucht wird, muss er regelmäßig gewechselt werden. Das geschieht in der Regel bei der Wartung einmal im Jahr. „Das Intervall hängt aber von der Messhäufigkeit und der Gaskonzentration ab und kann sich bis zu vier Jahre erstrecken“, erklärt Grepmeier.


Bei der Wartung werden die Sensoren in der Regel auch einmal im Jahr neu kalibriert. Das könnte der Betreiber theoretisch selbst machen. Aber das Kalibriergas ist nur zwölf Monate haltbar und kostet 600 bis 800 € pro Flasche, eine entsprechende Druckregelarmatur weitere 1 500 € – also teurer als die komplette Wartung inklusive Anfahrtskosten.


Die Messungen werden in festen Abständen automatisch wiederholt oder kontinuierlich durchgeführt. Die Messwerte werden an die zentrale Steuerung der Anlage weitergeleitet. Je nach Programmierung können dann weitere Aktionen folgen, z. B. ein Alarm bei Erreichen einer bestimmten Gaskonzentration. Auch werden die Daten in der Steuerung gespeichert, so dass man sie auch nach Monaten noch abrufen kann. Und schließlich kann man sie auch automatisch in ein elektronisches Betriebstagebuch einfließen lassen.


Neben einzelnen Gasanalysen gibt es auch Kombigeräte auf dem Markt, die mehrere Pumpen und Sensoren enthalten können. Damit lassen sich nicht nur unterschiedliche Gase messen, sondern auch gleich Berechnungen anstellen und weitere Aufgaben erfüllen wie z. B.


  • die Fermenterbiologie überwachen,
  • das Rohbiogas untersuchen,
  • den Durchfluss messen,
  • den Aktivkohlefilter überwachen,
  • den Feuchtegehalt im Gas messen,
  • die anfallende Gasmenge auf Normkubikmeter umrechnen und
  • den Energiegehalt bestimmen.


Je nach Aufbau und Umfang können die Kosten für eine Gasanalyse zwischen 4 000 und 15 000 € betragen.


Hinrich Neumann

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