Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Gastkommentar

Grethe: „Jungendorganisationen bauen Brücken für die Agrarreform“

Der Agrarökonom Prof. Harald Grethe stärkt den Jugendorganisationen, die Änderungen an der Agrarreform fordern, den Rücken. Sie bauten Brücken zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft, schreibt er.

Lesezeit: 4 Minuten

Vergangene Woche haben zwölf deutsche Jungendorganisationen aus der Landwirtschaft, dem Ländlichen Raum und dem Ernährungsgewerbe gemeinsam mit der Klimabewegung Fridays for Future einen offen Brief an die EU-Kommissionsspitze geschrieben. Die Kernaussagen der Jugendorganisationen werden von zahlreichen wissenschaftlichen Beratungsgremien, darunter dem Wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik und Ernährung beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, geteilt. Sie lauten:

1. Das Potenzial der GAP wird in Bezug auf die großen Nachhaltigkeitsherausforderungen „nicht ausreichend ausgeschöpft“.

Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

2. Die GAP muss „Landwirt*innen für ihre Leistungen im Bereich Klima-, Umwelt- und Tierschutz sowie beim Erhalt von Biodiversität honorieren“.

Diese Aussagen werden in dem offenen Brief zwar nicht in konkrete Handlungsempfehlungen übersetzt. Trotzdem meine ich: Der Brief ist wichtig. Er ist erstens wichtig, weil er ein ungewöhnlich breites Bündnis schmiedet: Von Fridays for Future bis hin zu großen Jugendorganisationen der Kirchen. Und zweitens, weil er Brücken baut zwischen der Landwirtschaft und „dem Rest der Gesellschaft“.

Landwirte müssen davon leben können, umweltfreundlich, klimafreundlich, die Biodiversität schützend und auf einem hohen Tierwohlniveau zu wirtschaften.

Es wird explizit anerkannt, dass die Landwirtschaft gesellschaftlich gewollte Leistungen erbringt und dafür honoriert werden muss. In anderen Worten: Landwirtinnen und Landwirte müssen davon leben können, umweltfreundlich, klimafreundlich, die Biodiversität schützend und auf einem hohen Tierwohlniveau zu wirtschaften. Das muss das Kernstück der Agrarpolitik als Bestandteil eines „fairen Deals“ oder „neuen Gesellschaftsvertrages“ sein: Finanzielle Honorierung und Anerkennung gegen die Erbringung von Leistungen.

Es ist schizophren, an der Spitze der EU-Kommission mit Green Deal und Farm to Fork Ziele zu benennen, diese dann aber nicht im Rahmen der GAP wirksam werden zu lassen.

Dafür könnte und sollte auch die GAP stehen. Tut sie aber viel zu wenig: Die Geschwindigkeit der Reform ist geringer als die Entwicklung der Herausforderungen der Landwirtschaft. Die GAP fällt von Finanzperiode zu Finanzperiode in ihrer grundsätzlichen Ausrichtung weiter aus der Zeit. Nach den jetzt auf dem Tisch liegenden Vorschlägen, würden 70-80% der Direktzahlungen im Modell der weitgehend pauschalen Flächensubvention verbleiben. Und zur Irreführung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, wird dieses Politikelement dann als „Einkommensgrundstützung für Nachhaltigkeit“ bezeichnet – wer wundert sich da über Politikverdrossenheit? Es ist schizophren, an der Spitze der EU-Kommission mit Green Deal und Farm to Fork Ziele zu benennen, diese dann aber nicht im Rahmen der GAP in die Realität des Sektors hinunterzudenken und in der Ausgestaltung der GAP wirksam werden zu lassen. Da passt „der Kopf“ nicht zu dem, was Hände und Füße tun.

"Vote this CAP down“ - „Weg damit“ ist gefährlich.

Die weitgehende Reformunfähigkeit der europäischen Agrarpolitik und ihrer Ausgestaltung in den Mitgliedstaaten ist zum Verzweifeln. Insofern ist der moderate Ton des Briefs bemerkenswert. An anderer Stelle heißt es jetzt „Vote this CAP down“. Und ich erlebe im Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft wie mit Studierenden eine zunehmende Unwilligkeit, sich überhaupt noch mit dem notwendigen „Umbau“ der GAP auseinanderzusetzen: Die GAP wird aufgegeben als reformunfähig. „Vote this CAP down“. „Weg damit“. Das ist meine ich gefährlich für die Landwirtschaft.

Wer nicht gestaltet, wird gestaltet.

Wenn wir das Budget der GAP nicht endlich konsequent an den großen gesellschaftlichen Herausforderungen ausrichten, könnten wir es verspielen. Und es ist schwierig, für zusätzliches Budget zu werben (Stichwort Borchert-Kommission), wenn man das vorhandene Budget nicht sinnvoll einsetzt (GAP). Wir erleben heute schon, wohin Gestaltungsverweigerung führen kann. Wenn Fachpolitik und Sektor nicht die Kraft aufbringen, eine vernünftige Nährstoff- und Biodiversitätspolitik zu gestalten, kommt es zu wenig zielführenden ad hoc Anpassungen (-20% in roten Gebieten; Glyphosat-Verbot). Wer nicht gestaltet, wird gestaltet.

Für die Umsetzung der Forderungen gäbe es viele Möglichkeiten.

Für die Umsetzung der Forderungen des Briefs im Rahmen der bestehenden Vorschläge gäbe es viele Möglichkeiten: Eco-Scheme-Budget im Laufe der Finanzperiode schrittweise erhöhen; z.B. von 30 auf 60%. Eco-Schemes anspruchsvoll gestalten: Geld für Leistung. Kein Mindestbudget für die Basisprämie: Einzelne Länder müssen weiter gehen dürfen. Und ein klares zukunftsweisendes Signal: Wir wollen die GAP umbauen und auf Gemeinwohlziele ausrichten. Nicht nur ein bisschen, sondern ganz.

Gastkommentare geben nicht in allen Fällen die Meinung der Redaktion wieder. Wir veröffentlichen sie, wenn wir den Inhalt für diskussionswürdig halten.

Mehr zu dem Thema

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.