Das Bundeskabinett hat am Mittwoch schärfere Regeln im Tierschutzgesetz beschlossen. Ab 1.1.2017 sollen demnach deutsche Landwirte Ferkel nicht mehr ohne Betäubung kastrieren dürfen. Die Erzeuger sind künftig zudem stärker gefordert, den Tierschutz durch Eigenkontrollen zu gewährleisten und durch entsprechende Haltungsbedingungen das Wohlergehen der Tiere sicherzustellen. Die Details dazu können durch eine Verordnung geregelt werden, die im Gesetz vorgesehen ist.
Auch die Brandzeichen zur Kennzeichnung von Pferden sind mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes verboten. Der Chip reiche völlig aus und könne das alte optische Zeichen ersetzen, heißt es von Seiten der Bundesregierung. Ebenso wird das bestehende Qualzuchtverbot neu formuliert und ergänzt. Bizarr kleinwüchsige oder haarlose Tiere sollen demnach nicht mehr bei Ausstellungen gezeigt werden.
Die Reform kommt nun noch in Bundestag und Bundesrat. Sie soll voraussichtlich im Herbst in Kraft treten.
Neben dem Tierschutzgesetz sind weitere Vorhaben für mehr Tierschutz geplant oder auf dem Weg - zum Beispiel die Überarbeitung des Säugetiergutachtens, der Erlass von Haltungsvorschriften für Mastkaninchen oder die Reform des Baurechts, durch die die Hürden für große Tiermastanlagen deutlich erhöht werden sollen. "Wir überprüfen die geltenden Standards in der Nutztierhaltung in vielen unterschiedlichen Bereichen", so Bundesagrarministerin Ilse Aigner. "Deutschland nimmt beim Tierschutz international eine Führungsrolle ein. Mit den neuen Regelungen erhöhen wir die nationalen Tierschutz-Standards weiter.“
DBV: Gesetzesnovelle schießt über das Ziel hinaus
Aus Sicht des Bauernverbandes geht die Novelle zwar teilweise in die richtige Richtung, schießt aber über das Ziel hinaus. Der Verband verweist auf die Selbstverpflichtung, bis zum Jahre 2018 vollständig auf die betäubungslose Ferkelkastration zu verzichten. Wenig verständlich sei es deshalb für die Bauern, wenn jetzt in der Novelle des Tierschutzgesetzes das Datum auf 2017 vorgezogen wird.
Tierschutz sei für die Bauernfamilien eine große Verpflichtung und nicht nur eine Frage des gesetzlichen Rahmens. Dabei erwarten die Bauernfamilien aber auch, dass ihre über Generationen erworbene Expertise im Umgang mit Nutztieren geachtet und respektiert wird, heißt es in einer Stellungnahme.
Über das Ziel hinaus schießt laut dem DBV auch das Verbot des Schenkelbrands beim Pferd. Hierdurch würde ein tierzüchterisches Kulturgut zerstört, welches für die deutsche Pferdezucht bisher ein Aushängeschild war. Der DBV werde deshalb mit den Tierzuchtverbänden gemeinsam für den Erhalt dieser Form der Tierkennzeichnung eintreten.
Völlig in Ordnung sei aber das Verbot von Qualzucht oder auch das Einschreiten gegenüber der unkontrollierten Vermehrung von streunenden Katzen. Auch in der Frage der betrieblichen Eigenkontrollen für den Umgang mit den Nutztieren ließen die Bauernfamilien mit sich reden. Allerdings dürfe das nicht zu einem neuen verordneten Bürokratiewust führen, sondern soll mithelfen, das praktische Geschehen in den Nutztierställen besser zu gestalten, erklärt der Verband.
Grüne wollen deutlich schärefere Regelungen
Die Grünen kritisierten den Entwurf dagegen als unzureichend. Laut Presseberichten bemängelt der baden-württembergische Agrarminister Alexander Bonde (Grüne), dass der Gesetzentwurf deutlich hinter der gesellschaftlichen Entwicklung zurückbleibe. Und die Grünen-Bundestagsfraktion forderte, dass Ferkel ab sofort nur noch mit Betäubung kastriert werden können. Außerdem sollten Tiertransporte in Deutschland nur noch vier Stunden dauern und für Stallsysteme müsse eine obligatorische Zulassung gelten.
Auch Fraktionschefin Renate Künast sprach sich für eine ganz neue Zielsetzung aus. Es müsse aufhören, dass man Tieren „Schmerzen, Leiden und Schäden zufügen darf.“ (ad)
Überblick über die sonstigen Änderungen im Tierschutzgesetz:
Die Details des geplanten Tierschutzgesetzes 2012 (23.5.2012)