Sie hatte für viel Aufregung gesorgt und so manchen Agrarpolitiker in Europa zu einer Stellungnahme genötigt: Die Gentechnikstudie aus Frankreich zur Maissorte NK 603, an der es mittlerweile erhebliche Zweifel gibt. Nun kommt auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zu dem Schluss, das die Untersuchung experimentell nicht ausreichend belegt ist.
„Die Studie hat sowohl Schwächen im Design als auch in der statistischen Auswertung, so dass die Schlussfolgerungen der Autoren nicht nachvollziehbar sind“, sagt Professor Dr. Reiner Wittkowski, Vizepräsident des Bundesinstituts. Auch die Aussage, dass möglicherweise die Langzeitaufnahme des glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittels Roundup zu schweren Gesundheitsschäden und früherem Versterben führen, sei nicht ausreichend belegt. Zu Glyphosat als herbizidem Wirkstoff lägen zahlreiche Langzeitstudien vor. Krebs, eine höhere Sterblichkeit oder Einflüsse auf das Hormonsystem der Versuchstiere, wie sie die Autoren in der Publikation berichten, seien in diesen Untersuchungen nicht beobachtet worden.
Kritisiert wird an der Studie insbesondere die viel zu kleine Anzahl an Tieren pro Gruppe, die nicht den Empfehlungen international anerkannter Standards für Studien zur kanzerogenen Wirkung entspricht. Der verwendete Rattenstamm sei darüber hinaus ohnehin sehr anfällig für Krebs. Auch die These der Autoren, die beobachteten Effekte könnten auf endokrin-schädlichen Wirkungen beruhen, sind nicht hinreichend durch die erhobenen Daten gedeckt. Das BfR bemängelt weiterhin, dass bei den Untersuchungen mit dem glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittel Roundup keine Bestimmung der verabreichten Dosis erfolgte. Außerdem sind die erhobenen Daten nur unvollständig dargelegt.
Das BfR hat die Autoren aufgrund dieser Schwächen der Studie gebeten, den vollständigen Studienbericht einschließlich der individuellen Tierdaten zur Verfügung zu stellen und darüber hinaus spezifische Fragen gestellt, um eine weiterführende Bewertung der berichteten Effekte zu ermöglichen.
Hintergrund
Mitte September 2012 veröffentlichte ein Wissenschaftlerteam um Gilles-Eric Séralini an der Universität von Caen in Frankreich Ergebnisse einer Langzeitstudie mit Ratten, denen gentechnisch veränderter, glyphosattoleranter Mais verabreicht worden war. Ein Teil des gentechnisch veränderten Mais war dabei mit einem glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittel (Roundup) behandelt worden, ein anderer Teil war unbehandelt. Der Mais wurde jeweils in drei Dosierungen gegeben. Zusätzlich wurden anderen Tieren, die mit konventionellem Futter gefüttert wurden, Roundup über das Trinkwasser in drei Dosierungen gegeben. Eine Kontrollgruppe wurde mit nicht gentechnisch verändertem Mais gefüttert.
Die Autoren berichten, dass die Tiere in einigen der Testgruppen früher Tumoren und andere Organschäden entwickelt hätten und früher gestorben seien als in der Kontrollgruppe. Die Ergebnisse könnten durch Hormonwirkungen von Roundup sowie von Inhaltsstoffen des gentechnisch veränderten Mais hervorgerufen sein. (ad)
Mehr:
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