Der Präsident des englisch-walisischen Bauernverbands „National Farmers Union“ (NFU), Meurig Raymond, will sich so schnell wie möglich mit der britischen Regierung zusammensetzen, um eine neue britische Agrarpolitik auszuarbeiten. Zudem will er weiterhin den Marktzugang zur Europäischen Union sicherstellen. „Wir brauchen Verhandlungen, um Handelsabkommen mit dem Rest Europas zu sichern“, sagte er heute gegenüber der Zeitschrift „Farmers Weekly“.
Gleichzeitig schwor er die Bauern auf eine turbulente Übergangszeit ein: „Eine Phase der Unsicherheit wird sich für viele Bereiche, die für die britischen Landwirtschaft von fundamentaler Bedeutung sind, nicht vermeiden lassen“. Präsident Raymond geht davon aus, dass die EU-Landwirte weiterhin die Hauptkonkurrenten der britischen Bauern bleiben werden. Daher müsse die neue Gesetzgebung die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber diesen sicherstellen.
Wie schnell eine neue, britische Agrarpolitik stehen könnte, ist derweil völlig offen. Das britische Landwirtschaftsministerium hatte zuletzt wiederholt betont, es habe keinen „Plan B“ für den Brexit ausgearbeitet, so die Zeitschrift weiter.
Bauern wollten Brexit
Trotz dieser Unwägbarkeiten haben die britischen Landwirte haben wohl überwiegend für den Ausstieg aus der EU gestimmt. Wie eine Umfrage von „Farmers Weekly“ kurz vor der Abstimmung ergeben hatte, wollten 58% für den Brexit stimmen und nur 31% dagegen.
Der frühere Chef-Ökonom der NFU, Dr. Sean Rickard, hatte zuvor eindringlich vor dem Brexit gewarnt. Er fürchtet einen Investitionstau in der Agrarbranche aufgrund der bevorstehenden Phase der Rechtsunsicherheit. Zudem glaubt er, dass viele Lebensmittelverarbeiter z.B. nach Irland oder Dänemark abwandern könnten, um weiter Marktzugang zur EU zu haben. „Wenn es eine Gruppe gibt, die wirklich von Europa profitiert hat, dann die Landwirte“, so Rickard. Er hält den Brexit für eine „wirklich schlechte Nachricht“.
Ein Verband von Landbesitzern in England und Wales forderte unterdessen eine Fortsetzung der EU-Agrarzahlungen an britische Landwirte bis mindestens 2020. Zudem tritt die „Country Land & Business Association“ ebenfalls für ein Freihandelsabkommen mit der EU ein. Unter dem Strich sehen die Landbesitzer neben Risiken auch Chancen im Brexit.
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