Die Unternehmen und Verbände der Geflügelbranche gehen derzeit mit rechtlichen Mitteln gegen die fachaufsichtliche Überprüfung des Einsatzes von Antibiotika in der Putenmast vor.
So hatte die Kanzlei Graf von Westphalen im Auftrag der Putenerzeugergemeinschaften Münsterland, Rheinland und Nordwest sowie in Abstimmung mit dem Verband Deutscher Putenerzeuger die Kommunen in Nordrhein-Westfalen davor gewarnt, sich an der vom Landesumweltamt (LANUV) durchgeführten fachaufsichtlichen Überprüfung zu beteiligen.
Gleichzeitig setzte die Kanzlei den Gemeinden ein Ultimatum: Bis zum 14. Juni müssten sie eine Erklärung unterschreiben, Daten zur Tierhaltung, zur Betriebsstätte, zu einzelnen Mastdurchgängen sowie Behandlungsdaten und Zahl der Verabreichungen eines Antibiotikums nicht an das LANUV weiterzureichen. Sollten die Kommunen bis zu diesem Datum keine entsprechende Erklärung abgeben, würden rechtliche Schritte gegen die nordrhein-westfälischen Kommunen geprüft.
Remmel: „Einmaliger Affront gegen die Kommunen“
Darüber ärgert sich Nordrhein-Westfalens Landwirtschaftsminister Johannes Remmel zutiefst.
„Das Vorgehen des Verbandes der deutschen Putenerzeuger sowie einiger Putenerzeugergemeinschaften gegen das Land und die Kommunen zeigt ganz klar, dass sie nicht an Transparenz interessiert sind“, so Remmel in einer eigens herausgegebenen Pressemitteilung. „Hier sollen offenbar schwarze Schafe unter den Betrieben auf Kosten der Verbraucher weiterhin geschützt, anstatt Missstände offen gelegt werden“, vermutet er.
Vom Verband und den Unternehmen werde versucht, mit fadenscheinigen Argumenten die Kommunen einzuschüchtern. Remmel: „Unser Verfahren wurde erst kürzlich vom Datenschutzbeauftragten des Landes NRW geprüft. Es wurde nichts beanstandet.“ Der grüne Minister fordert daher die Geflügelhalter auf, ihre teure Bekämpfung der behördlichen Erhebung einzustellen. „Beenden Sie das Säbelrasseln und die Einschüchterungsversuche. Stecken Sie das Geld lieber in bessere Haltungsbedingungen und einen Aktionsplan zur Reduzierung von Antibiotika in der Putenmast!“
Die Drohung ist laut Remmel ein einmaliger Affront gegen die Kommunen und gegen das Land NRW, der seines gleichen sucht. Die Torpedierungsversuche der Geflügelhalter zeigten ganz klar, dass es in der Intensivtierhaltung ein massives Antibiotika-Problem gibt und dass Verbände sowie Unternehmen alles tun, damit sich nichts verändert, so der Politiker. Eine antibiotikafreie Tierhaltung sieht er heute als absolute Ausnahme an.
Remmel wiederholt in diesem Zusammenhang noch einmal die Zahlen einer bundesweiten Studie. Danach wurden im Jahre 2011 rund 1734 t Antibiotika in Deutschland an tierärztliche Hausapotheken geliefert, über 90 % davon wurden für Nutztiere eingesetzt. (ad)