Der Handel weist die Verantwortung für den Druck auf die Erzeugerpreise für Milch von sich. Er sieht sich selbst als Partner der Landwirtschaft. Der Handelsverband Deutschland (HDE) reagiert damit auf ein Rechtsgutachten, das der Deutsche Bauernverband (DBV) in Auftrag gegeben hat.
Der HDE verweist in einer Mitteilung darauf, dass 37 Prozent der in Deutschland produzierten Milch in den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) fließen würden. Knapp die Hälfte, 49 Prozent, gingen in den Export und 14 Prozent in andere Teile der Weiterverarbeitung, so der HDE weiter. „Die Zahlen zeigen deutlich, dass von einer einseitigen Abhängigkeit der Milchwirtschaft vom Lebensmitteleinzelhandel keine Rede sein kann“, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.
HDE sieht sich selbst als Partner der Landwirtschaft
Der HDE ist der Auffassung, dass die Einzelhandelspreise nicht für die Probleme der Bauern verantwortlich gemacht werden könnten. Die Verbraucherpreise für Milch hätten sich zwischen 2010 und 2014 bei frischer Milch um 24 Prozent erhöht. Die Verkaufspreise lägen derzeit deutlich über dem Niveau von 2010, bei Frischmilch seien es laut HDE elf Prozent. „Der Lebensmittelhandel sieht sich als Partner der Landwirtschaft“, so Genth weiter. Schon heute kämen 80 Prozent der Frischwaren aus deutscher Produktion, schätzt der HDE. Die Kunden seien bereit, einen höheren Preis für einen erkennbaren Mehrwert zu zahlen, etwa für qualitativ hochwertige und nachhaltige, tierwohlgerecht hergestellte Lebensmittel. Für den HDE liegt eine große Chance darin, neben der exportorientierten Massenproduktion auch eine höhere Wertschöpfung durch mehr Nachhaltigkeit in der Nahversorgung zu erzielen.
DBV setzt sich für Verschärfung des Kartellrechtes ein
Der HDE reagiert mit der Mitteilung auf ein Rechtsgutachten, dass der Deutsche Bauernverband (DBV) in dieser Woche veröffentlicht hat. Darin hatte der Rechtsprofessor Tobias Lettl von der Universität Potsdam eine Verschärfung des Kartellrechtes für den Lebensmitteleinzelhandel empfohlen. Grundlage dafür war eine kartellrechtliche Beurteilung der Preisverhandlungen zwischen dem LEH und den Lieferanten von Milchprodukten. Konkret geht es Lettl darum, dass die scharfen Regeln im deutschen Kartellrecht für marktbeherrschende Unternehmen auch für Lebensmittelhändler mit relativer Marktmacht gelten sollen. „Das Kartellrecht ist zwar vorhanden, aber es greift nicht wirklich“, sagte Lettl diese Woche vor Journalisten in Berlin. Trotz der hohen Konzentration im LEH fällt keines der Handelsunternehmen in die Kategorie marktbeherrschendes Unternehmen. Ab einem Marktanteil von 40 Prozent werden Unternehmen so eingestuft, Handelsprimus Edeka hat derzeit einen Marktanteil von rund 30 Prozent.
Hintergründe:
Schmidt will ans Wettbewerbsrecht ran (7.1.2016)