Eine Verabschiedung der Bundeskompensationsverordnung noch in dieser Legislaturperiode steht auf der Kippe. Überraschend haben die Länder im Bundesrat einige Dutzend Änderungsanträge zum Regierungsentwurf vorgelegt, über die in dieser Woche in den zuständigen Fachausschüssen der Länderkammer entschieden werden soll. Insbesondere Baden-Württemberg verlangt weitgehende Änderungen, die dem Vernehmen nach kaum die Zustimmung der Bundesregierung finden dürften.
Der Staatssekretär vom Bundesumweltministerium, Jürgen Becker, hat seine Länderkollegen für diesen Mittwoch nach Berlin eingeladen: Dabei will er den politischen Einigungswillen auf Seiten der A-Länder sondieren. Vom Ergebnis dieses Treffens dürfte abhängen, zu welchen Empfehlungen der Umweltausschuss am Folgetag kommen wird.
Nach derzeitigem Stand wird der Bundesrat am 5. Juli seinen Beschluss über die Kompensationsverordnung fassen. Allerdings liegt inzwischen ein Antrag vor, die Entscheidung auf den 20. September zu verschieben. Ein konsensfähiger Beschluss zwei Tage vor der Bundestagswahl gilt allerdings als sehr unwahrscheinlich.
Unterdessen kritisierte der Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzverbände (AGDW), Philipp zu Guttenberg, den Verordnungsentwurf als praxisuntauglich.
Kartellartiges Verhalten
Der Entwurf sehe zur Einschätzung der Naturbeeinträchtigung sowie des Ausgleiches ein komplexes Biotopwertverfahren vor, das letztendlich nur von Spezialisten bewältigt werden könne, monierte der AGDW-Präsident. Zudem werde die Dokumentation und Verwaltung der Biotopwertdaten zu einer immens aufwendigen, bürgerfeindlichen und teuren Bürokratie führen.
Nicht akzeptabel sei zudem die Regelung, zum Ausgleich von Eingriffen bevorzugt Kompensationsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen, die auf Flächen im Eigentum der öffentlichen Hand erfolgten. Damit werde Geld in die Kassen der Naturschutzverwaltung gespült, und Naturschutzmaßnahmen auf privatem Land würden ignoriert.
Zu Guttenberg: „Das ist eindeutig kartellartiges Verhalten.“ Freiwillige Naturschutzmaßnahmen, für die Waldeigentümer Ökopunkte bei den Naturschutzbehörden angerechnet bekommen hätten und die bereits viele Millionen Euro wert seien, blieben hingegen unberücksichtigt. Damit werde private Initiative für Naturschutz abgewürgt, so die Warnung des AGDW-Präsidenten.
NRW-Bauernverbände für flexible Instrumente beim Naturschutz-Ausgleich
Die Bauernverbände in Nordrhein-Westfalen, WLV und RLV, setzen sich gegenüber der Landesregierung für den Vorrang von produktionsintegrierten Maßnahmen zur Kompensation von Eingriffen ein. In einem Schreiben der Präsidenten, Johannes Röring und Friedhelm Decker, werben sie dafür, in den Beratungen der Bundeskompensationsverordnung im Bundesrat diese Form des Ausgleichs zu fördern.
Damit produktionsintegrierte Maßnahmen richtig Wirkung zeigen können, schlagen sie vor, neben der starren dinglichen Sicherung auch eine Übertragung auf geeignete Maßnahmenträger möglich zu machen. Beide Präsidenten begründen ihren Vorschlag damit, dass viele starre Regelungen keinen wirklichen Nutzen für den Naturschutz gebracht hätten und "ein gewisses Maß an Flexibilität" die Qualität von Ausgleichsmaßnahmen erhöhe bei gleichzeitig zurückgehender Inanspruchnahme von Flächen. (AgE/ad)