Die Aussicht auf eine rechtsverbindliche EU-Lösung für politische motivierte nationale Anbauverbote ist ein großes Stück vorangekommen: Die Brüsseler Chefdiplomaten der EU-Mitgliedstaaten haben sich am Mittwoch vorläufig auf den Zwei-Stufen-Ansatz der griechischen Ratspräsidentschaft geeinigt:
Danach sollen kritische Mitgliedstaaten solche Unternehmen, die eine Anbauzulassung für eine gentechnisch veränderte Nutzpflanze beantragen, unter Vermittlung der Europäischen Kommission zunächst auffordern, ihr Territorium von der Anbauzulassung auszunehmen. Nur falls sich das Unternehmen weigert, kann die Regierung in einem zweiten Schritt unter Verweis auf eine Reihe von Gründen ein Anbauverbot erlassen.
Zulässig wären beispielsweise befürchtete negative Effekte vor Ort durch eine Änderung der landwirtschaftlichen Praktiken, der Biodiversität oder des Landschaftsbildes - aber keine Gesundheits- oder Umweltrisiken. Die EU-Umweltminister diskutieren den Entwurf jetzt noch einmal bei ihrem nächsten Treffen am 12. Juni. Beobachter erwarten eine schnelle Einigung gemäß der jetzt gutgeheißenen Vorlage.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt begrüßte die Möglichkeit zu einem „Opt-out“ ausdrücklich. Er sprach von einer wichtigen Entscheidung für das Selbstbestimmungsrecht und die Wahlfreiheit bei der Grünen Gentechnik. „Die Haltung der Menschen in Europa ist in dieser Frage sehr unterschiedlich, das verdient Respekt. Damit können wir national gestalten, wo europäisch keine Gemeinsamkeit besteht“, erklärte Schmidt in Berlin. In Deutschland könne so der Weg freigemacht werden für ein Verbot des Anbaus gentechnisch veränderter Organismen.
Kritik kam umgehend von den Grünen. Der Gentechnikexperte ihrer Bundestagsfraktion, Harald Ebner, sieht Staaten zu Bittstellern gemacht. Monsanto und andere Konzerne erhielten faktisch die Macht, Zugeständnisse zu erpressen. Ebner: „Eine Zulassungsflut für Gentech-Pflanzen ist absehbar - und damit der Anfang vom Ende der Gentechnikfreiheit in Europa.“