Jedes Jahr werden in Deutschland über 40 Mio. männliche Küken getötet, weil man für sie keine Verwendung hat. Bundesagrarminister Christian Schmidt drängt die Forschung nun, bis 2017 Lösungen vorzulegen, damit dies ein Ende hat. In der aktuellen Ausgabe der kirchlichen Zeitung „idea“ beschäftigt sich Dr. Clemens Dirscherl, EKD-Ratsbeauftragter für agrarsoziale Fragen vom Evangelischen Bauernwerk in Württemberg mit dem Thema.
Dass das Thema Kükentöten erst jetzt große öffentliche Beachtung findet, ist für Dirscherl nicht verwunderlich. „Erst in den vergangenen Jahren ist es stärker gelungen, die Menschen für das Thema Tierschutz zu sensibilisieren“, sagte er. Selbst unter Tierschützern sei der Protest gegen das Kükenschreddern in der Vergangenheit nicht allzu laut gewesen, da es an technischen Alternativen gemangelt habe.
Bei der ethischen Bewertung des Kükentötens darf man laut dem EKD-Beauftragten nicht vergessen, dass auch wirtschaftliches Handeln ein ethischer Aspekt sein. „Wirtschaften ist nicht böse. Zu keiner Zeit haben Menschen Tiere zum Spaß gehalten, immer wurden sie verwertet.“ Bei den getöteten Küken komme hinzu, dass sie nicht auf den Müll geworfen, sondern zu Hundenahrung oder Zoofutter verarbeitet würden. Dirscherl: „Somit haben die Tiere im Schöpfungskreislauf doch noch einen sinnigen Nutzen gefunden.“
Sehr problematisch sei hingegen die Größenordnung, in der sich das Töten abspielt. Nach Angaben Dirscherls sterben jährlich 45 Mio. männliche Küken durch Schreddern oder Vergasen. Wie der Landwirtschaftsminister hofft er deshalb auf ein neues Verfahren, das es ermöglichen soll, das Geschlecht des Kükens noch bis zu 72 Stunden nach Legen des Eis durch Infrarottechnologie zu bestimmen.
Für Wertewettbewerb der großen Discounterketten
Von den Verbrauchern mahnt Dirscherl mehr Bereitschaft an, in Zukunft mehr für Eier und Fleisch zu bezahlen. Neben der Individualethik der Verbraucher seien aber auch systematische Veränderungen nötig. Mit ihrem Preiswettbewerb machten sich Discounterketten wie Aldi und Lidl an unhaltbaren Zuständen in der Lebensmittelproduktion mitschuldig. Die Antwort darauf sei ein „Moralprofil des Essens“ und ein Wertewettbewerb unter den großen Ketten.