Das Markenfleischprogramm „Neuland“ ist nach Ansicht von Dr. Martin Wille „gnadenlos erfolglos“. Das erklärte der frühere SPD-Agrarstaatssekretär bei einer Veranstaltung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in Osnabrück. Laut dem Wochenblatt Westfalen-Lippe sprach Wille, der nun Vorsitzender der „Agrarsozialen Gesellschaft“ ist, dort über die Tierhaltung in Deutschland.
„Tief deprimierend“ sei, dass Neuland bei Verbrauchern kaum Anklang finde, obwohl sich angeblich viele Menschen für den Tierschutz engagierten. Massiver Betrug innerhalb der Neuland-Organisation hätte außerdem zu einem Vertrauensverlust geführt.
Wille, der nach eigenem Bekunden mit den Jahren „immer grüner“ geworden ist, warnte die Landwirte davor, den Trend zu vegetarischer oder veganer Ernährung gerade bei jungen Menschen zu ignorieren. Die Skepsis gegenüber der Nutztierhaltung sei tief und nicht vorübergehend. Gleichzeitig bescheinigte er aber vielen Kämpfern gegen die sogenannte Massentierhaltung mangelnden Realitätsbezug. Es werde kein Zurück zu Strukturen früherer Jahrzehnte geben. Und in Dänemark oder den Niederlanden seien die Tierbestände noch größer – und der Selbstversorgungsgrad bei Fleisch meist deutlich höher als in Deutschland.
Sehr klar sprach Wille auch an, dass mit „gut gemeinten“ strengen Auflagen für Tierhalter auch gesellschaftlich unerwünschte Effekte erzielt werden können. Dabei nannte er als Beispiel das Verbot der Käfighaltung von Legehennen: Jetzt lebten viele Legehennen in sehr großen Bodenhaltungen („Massentierhaltung“), außerdem kämen viele Eier für die Lebensmittelindustrie heute aus anderen Ländern – mit niedrigeren Tierschutzstandards als in Deutschland.
Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Veredelungsbranche wird laut Wille in den kommenden Jahren nachlassen, sowohl wegen der Einführung des Mindestlohns als auch wegen genau solcher verschärfter Auflagen für die Tierhaltung in der Landwirtschaft. (Anselm Richard)
Mehr aus der Rede von Dr. Wille:
Kampagne gegen Massentierhaltung (10.10.2014)