Mit einer öffentlichen Anhörung hat der Bundestag die Beratungen zur Novelle des Düngegesetzes wieder aufgenommen. Die eingeladenen Wissenschaftler plädierten in der Mehrheit eindringlich für die Hoftorbilanz. Auch wurde davon abgeraten, an der generellen Obergrenze von 170 kg Stickstoff pro ha nochmal zu rütteln.
In der öffentlichen Anhörung zur Änderung des Düngerechts Anfang der Woche im Bundestag plädierte die Mehrheit der Sachverständigen für die Einführung der Hoftorbilanz. „Wir sollten die Hoftorbilanz als Modell für alle Betriebe einsetzen“, sagte Professor Franz Wiesler, der wissenschaftlicher Direktor der Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt (LUFA) Speyer ist. Bisher ist im Entwurf des Düngegesetzes die Hoftorbilanz ab 2018 nur für viehstarke Betriebe vorgesehen. Unterstützung bekam Wiesler vom Kieler Professor für Pflanzenbau Friedhelm Taube. Er wies darauf hin, dass die bisherigen Flächenbilanzierungen zur Düngeplanung zusätzlich weiter benötigt würden. Die Hoftorbilanz hält er für „das zentrale Instrument“, um die Daten über die tatsächlichen Nährstoffüberschüsse offen zu legen. Den Landwirten sollten die Berührungsängste mit der Hoftorbilanz genommen werden, denn sie könnten damit gut erkennen, ob sie ihre Nährstoffe wirklich effizient einsetzten, so die Einschätzung der Wissenschaftler. Dabei unterstrichen sie, dass die Hoftorbilanz keine unnötige Bürokratie mit sich bringen würde. Mit ihrer digitalen Ausstattung seien die Landwirte schon lange soweit und die Bilanzierung für sie problemlos möglich, hieß es.
Agrarverwaltung will Datenabgleich
Auch die im Düngegesetz vorgesehene Möglichkeit des Datenabgleichs zwischen den Behörden zur besseren Kontrolle der Einhaltung der Düngevorschriften fand bei der Mehrheit der Sachverständigen Zustimmung. Franz Jansen-Minßen von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen unterstrich, dass die Tier-und Flächendaten sowie ein Zugriff auf Informationen zum eingesetzten Mineraldünger nötig seien, um die bedarfsgerechte Düngung wirkungsvoll zu überwachen. Wenn die Agrarverwaltung sich auf die Einhaltung der bedarfsgerechten Düngung konzentrieren könnte, gäbe es auch keine Probleme mehr mit dem Wasserschutz, so Jansen-Minßen. Der DBV äußerte sich kritisch, was den geplanten Datenabgleich von Invekos und Hit-Tierdaten sowie den Tierseuchenkassendaten anbelangt. Der DBV-Referent für Umweltpolitik Steffen Pingen verwies auf den Datenschutz und warnte vor Fehlinterpretationen zu Lasten der Landwirte.
Keine Ausnahmen für Gärreste bei den N-Obergrenzen
Die Obergrenze von 170 kg Stickstoff pro ha nannte der Professor für Bodenkunde vom Wissenschaftszentrum Weihenstephan für Ernährung, Landwirtschaft und Umwelt, Kurt-Jürgen Hülsbergen, einen „sinnvollen Kompromiss“. Wichtig sei aus seiner Sicht, dass die Gärreste aus der Biogasproduktion wie geplant darin einbezogen werden. Er sprach sich gegen Ausnahmen für Gärreste über die Derogationsregel aus. „Es macht keinen Sinn, Biogas erst mit rein zu nehmen und dann über die Derogation wieder raus zu nehmen“, sagte er. Dem schlossen sich auch Pflanzenbauprofessor Taube und der wissenschaftliche Direktor der LUFA Wiesler an.
Übergangsregeln um den Strukturwandel zu bremsen
Der Deutsche Bauernverband (DBV) befürchtet, dass die neue Düngegesetzgebung den Strukturwandel weiter anheizen könne. Diese Einschätzung teilten die Sachverständigen in der Anhörung nur bedingt. „Die neue Düngegesetzgebung ist eine Herausforderung aber machbar für die verschiedenen Strukturen in der Landwirtschaft“, sagte Jakob Opperer vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. LUFA Direktor Wieseler wies bei den verschiedenen Punkten, wie etwa die Vorgaben zur Ausbringtechnik aber auch bei der Hoftorbilanz darauf hin, dass es Übergangsregelungen und Bagatellgrenzen für kleine oder auslaufende Betriebe, in denen die Betriebsleiter kurz vor der Rente stehen, geben sollte.
Hintergründe:
Düngegesetzgebung: Politik rauft sich zusammen (25.2.2016)