Die vorgesehene Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro je Stunde wird nach Ansicht des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) erhebliche Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Saisonarbeit im Obst-, Gemüse- und Weinbau sowie letztlich auf die gesamte Erzeugungskette der Agrar- und Ernährungswirtschaft haben.
Folge seien signifikanten Arbeitsplatzverluste in diesen Teilen der Landwirtschaft, im Gartenbau und in den nachgelagerten Vermarktungsorganisationen. „Viele bäuerliche Familien, die auf den Einsatz von Saisonarbeitskräften angewiesen sind, sehen ihre Existenz bedroht, falls das Lohnniveau bereits zum 1.1.2015 auf 8,50 Euro/Stunde angehoben wird“, schrieb BBV-Präsident Walter Heidl dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel.
„Lohn- bzw. Lohnnebenkosten machen den größten Anteil an den Produktionskosten dieser Betriebe aus. Es ist unrealistisch davon auszugehen, dass der deutsche Lebensmitteleinzelhandel die gestiegenen Produktionskosten an die Verbraucher weitergeben wird“, so Heidl in seinem Brief weiter.
Die Wettbewerbssituation im deutschen Lebensmitteleinzelhandel werde dazu führen, dass dieser vermehrt auf billigere ausländische Ware ausweichen werde. Darüber hinaus sei zu befürchten, dass es zu einer verstärkten Produktionsverlagerung ins Ausland kommen werde. Angesichts von niedrigen Mindestlöhnen in Wettbewerbsländern werde die Konkurrenzfähigkeit in Deutschland erzeugter arbeitsintensiver Produkte erheblich zurückgehen. Dies habe unmittelbare Konsequenzen auch für bayerische landwirtschaftliche Betriebe, aber letztlich auch den Landhandel, die Warengenossenschaft sowie die gemüse- und obstvermarktende Industrie.
BBV-Präsidentenkonferenz verabschiedet Resolution
„Nach dem derzeitigen Stand des Gesetzentwurfs liegt eine wesentliche Herausforderung für unsere Betriebe darin, dass auch solche bestehenden Tarifverträge außer Kraft gesetzt werden, die eine sukzessive Entwicklung zur Lohnhöhe von 8,50 €/Stunde bereits vorsehen“, heißt es dazu in einer neuen Resolution des Bauernverbandes. Dies entspreche nicht der Intention des Koalitionsvertrages. Stattdessen würden Branchen gezwungen, laufende Tarifverträge praktisch ein zweites Mal abzuschließen, um eine verkürzte Übergangszeit von zwei Jahren noch realisieren zu können. Die Besonderheiten der Saisonarbeit seien im Gesetzgebungsverfahren nicht berücksichtigt worden.
Die Mitglieder der Präsidentenkonferenz im BBV fordern von der Bundesregierung, dass
- die bestehenden Tarifverträge in der Landwirtschaft, die eine stufenweise Steigerung auf ein Lohnniveau von 8,50 €/Stunde bis Ende 2018 vorgeben, Bestandsschutz erhalten,
- sozialversicherungsfreie Beschäftigungsverhältnisse aus der Mindestlohnregelung herausgenommen werden oder zumindest eine Sonderregelung geschaffen wird,
- die für die Folgejahre nach der Einführung geplante Veränderung der Mindestlohnhöhe der Entwicklung in den betroffenen Branchen und nicht der aller Branchen folgt,
- die Aufzeichnungspflichten und deren Ausgestaltung auf die Gegebenheiten von Familienbetrieben ausgerichtet werden.
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