Der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses im Europaparlament, Paolo De Castro, zieht ein positives Fazit der ersten Agrarreform, die unter gleichberechtigter Einbindung des Hohen Hauses verhandelt wurde. Das Ergebnis sei an den Wünschen der europäischen Landwirte orientiert und stelle die angemessenen Instrumente bereit, um den neuen Herausforderungen an den Sektor zu begegnen, erklärte De Castro gegenüber dem Presse- und Informationsdienst AGRA-EUROPE. „Wäre das Parlament, die einzige direkt gewählte EU-Institution, nicht am Gesetzgebungsprozess beteiligt gewesen, hätten wir eine Reform erhalten, die keine ausreichenden Antworten auf die echten Bedürfnisse der Bauern gibt“, so der italienische Sozialdemokrat.
De Castro verwies insbesondere auf die Zunahme von Marktschwankungen, die Zeichen einer neuen „Epoche der Knappheit“ seien - befördert durch den Klimawandel, gestiegene Betriebsmittelkosten, das Bevölkerungswachstum und die Ausfuhrpolitiken großer Exportländer. Hier sei es dem Parlament bei der Reform gelungen, die Gemeinsame Agrarpolitik auf den neuesten Stand zu bringen: Man gebe den Landwirten die Mittel an die Hand, um sich selbst zu organisieren und dadurch stärker und wettbewerbsfähiger zu werden.
Schwieriger Prozess
Der Ausschussvorsitzende räumte ein, dass das Parlament bei den Marktmaßnahmen gerne weiter gegangen wäre. Die Unterhändler hatten unter anderem mehr Einfluss im Interventionsmanagement und ein umstrittenes Bonus-Malus-System für die Zeit nach dem Auslaufen der Milchquoten gefordert. De Castro sieht jedoch auch so die Voraussetzungen geschaffen, um die Landwirte gegen Marktschwankungen besser zu schützen. „Der ganze Verhandlungsprozess war lang und nicht einfach“, so der ehemalige italienische Landwirtschaftsminister. Alle politischen Gruppen hätten hart gearbeitet, um sich zu positionieren und um ihren Beitrag zur Diskussion zu leisten.
Recht auf Mitentscheidung
Mit Blick auf die jüngsten Irritationen mit dem Rat wegen der Forderung nach Nachverhandlungen bekräftigte De Castro das Recht des Parlaments auf Mitentscheidung - auch bei solchen Punkten, bei denen von Seiten der EU-Staats- und Regierungschefs eine Festlegung erfolgte, darunter insbesondere der Verzicht auf eine Pflicht zur Kappung von Direktzahlungen. Man habe mit der litauischen Ratspräsidentschaft bereits vereinbart, dass es im September ein Triloggespräch mit Rat und Kommission gebe, um jene Element zu überprüfen, die beim Juni-Kompromiss außen vor geblieben seien. Dann werde man auch sehen, ob man die Diskussion über die Kappung, die Mittelverteilung zwischen Erster und Zweiter Säule und andere Themen noch einmal aufnehmen müsse oder nicht. AgE