Mitte Juni wollen die Finanzminister der EU strengere Regeln für die Finanzmärkte (MiFID 2) beschließen. Ziel soll eine härtere Regulierung und Begrenzung der Spekulation mit Nahrungsmitteln sein. Wie zu hören ist, haben Lobbyisten aber bereits reichlich Schlupflöcher in die Pläne eingebaut, so dass das Regelwerk ein zahnloser Tiger werden könnte.
Herausgefunden haben das nach Spiegel-Informationen Organisationen wie Oxfam und Foodwatch. Sie hätten drei große Schlupflöcher identifiziert. Alle drei haben den Zweck, die sogenannten Positionslimits zu umgehen. Diese begrenzen die maximale Anzahl von Termingeschäften, die Händler eingehen dürfen. Wenn die Grenzen funktionieren, verhindern sie, dass einzelne Händler ganze Märkte für einzelne Produkte dominieren und die Preisentwicklung beeinflussen können.
In diesem Zusammenhang erinnern die Verbraucherschützer daran, dass die großen Player Deutsche Bank und Allianz an der Spekulation auf Agrarrohstoffe festhalten wollen, während andere Banken wie z.B. Volksbank oder Commerzbank nach der öffentlichem Kritik derartige Rohstoff-Fonds aus dem Programm genommen haben. Mit der Spekulation auf Lebensmittel lässt sich also nach wie vor viel Geld verdienen, weshalb einige offenbar großes Interesse an möglichst geringen Hürden haben.
Schlupfloch 1 - Der Schattenhandel
Als erste Schlupfloch nennt der Spiegel den außerbörslichen Schattenhandel(Over-the-counter-Handel), der nicht im Entwurf berücksichtigt ist. Akteure wie die Deutsche Bank könnten damit noch mehr Geschäfte von den regulierten Märkten abziehen, warnen die Autoren. Bereits heute ist das größte deutsche Geldhaus sowohl an der Börse als auch im Schattenhandel mit Rohstoffderivaten aktiv.
Statt etwa einen Terminkontrakt über Weizen an der Rohstoffbörse in Chicago zu kaufen, könnte die Bank direkt mit einem Getreidegroßhändler wie Cargill einen Vertrag abschließen.
Schlupfloch 2 - Positionslimits
Im Entwurf ist vorgesehen, dass es Positionslimits für einzelne Händler gibt, damit diese nicht mit zu großen spekulativen Einzelpositionen die Preisentwicklung verzerren. Soweit so gut. Doch wenn sich mehrere kleine und mittlere Spekulanten insgeheim zusammentun und die gleiche Strategie verfolgen, hat das denselben Effekt. Die Regelung wird unterwandert.
Schlupfloch 3 - Ausnahmen für Spekulanten
Unternehmen, die auf den realen Rohstoffmärkten agieren, nutzen die Warenterminmärkte für Spekulationen, um aus den Preisschwankungen zusätzliche Gewinne zu erzielen. Das ist aus Sicht der Finanzminister in Ordnung, weil sie sich gegen Preissteigerungen absichern müssen. Es handele sich hierbei ja auch nicht um Banken, Fonds und Finanzspekulanten. Diese nehmen bekanntlich nicht am eigentlichen Handel mit Agrarrohstoffen teil und wetten fast ausschließlich auf Preisentwicklungen.
Aus diesem Grund will man die Unternehmen von den realen Märkten von den Positionslimits befreien.
Oxfam und Foodwatch haben laut dem Spiegel aber nun herausgefunden, dass sich auch Finanzriesen wie die Deutsche Bank am Positionslimit vorbeischummeln könnten, wenn sie ihre Geschäfte als Risikoabsicherung für einen Rohstoffhändler deklarieren. Daher sollte es grundsätzlich keine Ausnahme von den Positionslimits geben, so der Rat.
Die Kritiker kommen nach Durchsicht aller Pläne schließlich zu dem Ergebnis, dass die Finanzlobby gründliche Arbeit geleistet hat. Jedes Schlupfloch für sich sei geeignet, eine wirkungsvolle Regulierung der Agrarrohstoffmärkte zu unterlaufen. (ad)
vgl.:
DZ-Bank trennt sich von Geschäft mit Nahrungsmitteln (27.5.2013)
Prof. Pies: Spekulation ist erwünscht! (20.4.2013)
Commerzbank nimmt Investments in Agrar-Rohstoffe vom Markt (10.8.2013)