Nach Berichten über die Verzögerung beim Netzausbau fordern Kritiker, die Energiewende regionaler auszurichten und weniger auf großdimensionierten Stromtransport zu setzen. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt zum Ausstieg aus dem Trassenprojekt Suedlink, das für die Energiewende sowieso nichts bringt“, sagte Hubert Aiwanger, Vorsitzender der Freien Wähler im Bayerischen Landtag. Die deutschen Kernkraftwerke gingen 2022 vom Netz. Wenn der Ersatzstrom aus Norddeutschland frühestens drei Jahre später im Süden ankomme, brauche ihn dort kein Mensch mehr.
Die Freien Wähler hatten sich nach eigenen Angaben als einzige Landtagspartei von Anfang an gegen die beiden Stromtrassen Suedlink und Südostpassage ausgesprochen und stattdessen für eine stärkere, regionalen Energiewende plädiert. Aiwanger warnt auch vor dem immensen Landverbrauch: „Zwei Trassen quer durch Deutschland mit 70 Meter hohen Strommasten oder unterirdisch mit 30 Meter breiten Korridoren, auf denen kein Baum stehen darf und Landwirtschaft kaum mehr betrieben werden kann - das ist Größenwahn und Landvernichtung sondergleichen.“ Die Politik müsse jetzt schnellstmöglich die Notbremse ziehen. Mit dem unsinnigen Festhalten an den Trassenplänen gehe nur wertvolle Planungszeit verloren, um die Energiewende wirklich zu schaffen.
„Die Bundesregierung verbummelt seit Jahren den Stromleitungsbau und lässt zugleich zu, dass Kohle- und Atomstrom die Netze verstopfen. Damit sabotiert sie die Energiewende“, kritisierte auch Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. Nur ein leistungsfähiges Netz könne den Windstrom vom Norden zu den Verbrauchern im Süden liefern und gleichzeitig Schwankungen ausgleichen. Die Bundesregierung provoziere mit ihrer desaströsen Energiepolitik höhere Strompreise insbesondere in Bayern und Baden-Württemberg.
Der Bundesverband Windenergie (BWE) sieht in den mit dem EEG 2016 vorgesehenen pauschalen Netzengpassgebieten bzw. Netzausbauregionen die Gefahr, dass ganze Regionen dauerhaft und wirtschaftlich massiv benachteiligt werden. Zudem befürchtet der BWE, dass der Netzausbau durch ein solches Instrument weiter verschleppt wird. Deshalb fordert der Verband dazu auf, Netzengpässe effizienter zu bewirtschaften und den Netzausbau zu beschleunigen.
Der BWE regt an, technologieoffen alle Energieträger einzubeziehen und nicht einen falschen Fokus auf Windenergie an Land als die kostengünstigste Erzeugungsform zu setzen. Außerdem sollten Direktkontrakte zwischen EE-Erzeugern und der Industrie bzw. Power-to-Gas-Anlagen geschaffen werden, um den Strom auch bei Netzengpässen zu nutzen, anstatt Anlagen abzuschalten.