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Vergütungskürzungen: Was bedeuten negative Strompreise für Biogasanlagen?

Bei der steigenden Zahl an Stunden mit negativen Börsenstrompreisen sind immer mehr Anlagenbetreiber von Vergütungskürzungen betroffen. Dazu kommen willkürliche Praktiken von Netzbetreibern.

Lesezeit: 4 Minuten

Frage:

Im Artikel vom 31.3.2024 ging es um den Paragraf 51 zur EEG-Kürzung der Einspeisevergütung für PV-Anlagen auf null. Darin steht, dass Anlagen größer 400 kW grundsätzlich davon betroffen sind. Gilt das auch für Biogasanlagen mit einer installierten Leistung über 400 kW, die nach ihrer ersten Laufzeit von 20 Jahren an der Ausschreibung teilgenommen haben, ein Zuschlag erhalten und dadurch im neuen EEG wären?

Und noch eine weitere Frage zum EEG: Bei uns in der Region Norddeutschland akzeptiert der Netzbetreiber das Ausschreibungsergebnis nicht. Er beruft sich auf das EEG §39g Absatz 6 und nutzt für die Berechnung des anzulegenden Wert nur die von ihm ausgezahlte Marktprämie ohne den Erlös, der über die Direktvermarktung erzielt wurde. Dadurch verringert sich die Einspeisevergütung erheblich. In einem konkretem Fall hatte der Anlagenbetreiber ein Zuschlag über die Bundesnetzagentur von 18 ct/kWh erhalten. Der Netzbetreiber hat jetzt eine Korrekturrechnung laut §39g Absatz 6 erstellt und dem Betreiber mitgeteilt, dass seine Einspeisevergütung nur noch 16,4 ct/kWh beträgt und eine entsprechende Rückforderung erstellt.

Nach meiner Information sollen hier schon entsprechende Klageverfahren laufen. Solange dieser Sachverhalt nicht geklärt ist, sind die Ausschreibungen der Bundesnetzagentur aus meiner Sicht sinnlos.

Antwort

Nach § 51 EEG 2023 kann sich der anzulegende Wert und damit die gesamte EEG-Vergütung auf Null reduzieren. Das ist der Fall, wenn


  • im Kalenderjahr 2024 und 2025 für die Dauer von mindestens drei aufeinanderfolgenden
 Stunden,


  • im Jahr 2026 für die Dauer von mindestens zwei aufeinanderfolgenden Stunden und


  • ab dem Jahr 2027 für die Dauer von mindestens einer Stunde die Spotmarktpreise negativ sind.

In diesem Fall wird weder der Direktvermarkter eine Vergütung zahlen (meist ist in den Direktvermarktungsverträgen der Spotmarktpreis oder ein Teil desselben zu entrichten), noch zahlt der Netzbetreiber die Marktprämie, da § 51 letztlich diese auf Null setzt.

§ 51 Abs. 2 Nr. 1 nimmt von dieser Regelung lediglich Anlagen mit einer installierten
Leistung von weniger als 400 kW aus, wobei die Zusammenfassungsregelung (§ 24
EEG 2023) für mehrere Anlagen gilt.

Großer Verlust


Die konkrete Frage war, ob auch Biogasanlagen, die bereits an einer Ausschreibung
teilgenommen haben und sich in der Ausschreibungsvergütung befinden, hierunter fallen. Diese Frage ist eindeutig zu bejahen: Gerade bei Biogasanlagen, die – anders als Sonne und Wind – für die Stromproduktion hohe Einsatzstoffkosten haben, ist es ganz entscheidend, zu solchen Phasen nicht einzuspeisen und die entsprechenden Gasmengen zu speichern.

Vor diesem Hintergrund ist es sehr sinnvoll für Betreiber, auf einen ausreichenden Gasspeicher zu achten. Um das anhand eines konkreten Beispiels zu verdeutlichen: Im Kalenderjahr 2023 gab es insgesamt 301 Stunden mit negativen Strompreisen. Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl in den nächsten Jahren steigen wird. Eine Biogasanlage, die im Durchschnitt (einschließlich Flexzuschlag) beispielsweise 19 ct/kWh an Vergütung erhält und in diesen Zeiten gleichwohl mit 500 kW Leistung einspeist, verliert letztlich über 28.500 € im Kalenderjahr an Vergütung.

Nicht eindeutiger Gesetzeswortlaut

Bei der Biogasausschreibung ist es tatsächlich gesetzlich so verankert, dass – unabhängig von einem eventuellen Zuschlagswert im Rahmen der Ausschreibung – jeder Betreiber einer bestehenden Biogasanlage maximal den Durchschnitt der EEG-Vergütung der drei Kalenderjahre, die der Ausschreibungsteilnahme vorangegangen sind, erhält. Diese Regelung wurde bereits zu Beginn des Ausschreibungsverfahrens für Bestandsanlagen eingeführt vor dem Hintergrund, dass gerade abfallentsorgende Biogasanlagen deutlich weniger Durchschnittsvergütung erhalten haben, als nach den damaligen zulässigen Höchstgeboten für die Zukunft hätte erzielt werden können. Der Gesetzgeber wollte verhindern, dass hier „Mitnahmeeffekte“ entstehen und Bestandsanlagen letztlich ihre Vergütung optimieren.

Leider ist der Gesetzeswortlaut nicht absolut eindeutig, nach dem Sinn und Zweck der Regelung sollte jedoch klar sein, dass es letztlich der Durchschnitt des „anzulegenden Wertes“ der letzten drei Kalenderjahre ist. Manche Netzbetreiber wie in Ihrem Fall legen den Wortlaut jedoch anders aus und meinen, der gesamte Anspruch des Anlagenbetreibers sei insgesamt begrenzt auf den dreijährigen Durchschnitt lediglich der Marktprämie (also des Betrags, der vom Netzbetreiber ausgezahlt wurde, ohne Direktvermarktungsentgelt). Diese Problematik ist seit längerem bekannt, hierzu läuft bereits seit längerem ein Votumsverfahren vor der Clearingstelle EEG. Hier wird abzuwarten bleiben, wie das Verfahren dort ausgeht.

Unser Experte: Dr. Helmut Loibl, Rechtsanwalt, Regensburg

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