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Bodenpreise: Was tun Bund und Länder?

Bund und Länder hätten Möglichkeiten, den Preisanstieg zu dämpfen.

Lesezeit: 8 Minuten

In den vergangenen sechs Jahren sind die Bodenpreise in Deutschland um fast 80 % gestiegen. Bund und Länder hätten Möglichkeiten, den Preisanstieg zu dämpfen.

Der politische Druck wächst: Weil Agrarflächen in vielen Regionen knapp sind und die Nachfrage entsprechend hoch ist, steigen die Pacht- und Kaufpreise rasant. In 2007 kostete 1 ha in Ostdeutschland noch um die 4 000 €, 2013 waren es schon weit über 10 000 € (+ 154 %). Im Westen lag der Durchschnittspreis 2007 bei knapp 16 400 € und 2013 bei über 25 100 € pro ha (+ 54 %). In Bayern und Nordrhein-Westfalen liegen die Werte sogar noch deutlich darüber (Übersicht 1). Tendenz weiter steigend. Bei den ­Pachtpreisen ist der Verlauf ähnlich.

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Für diese Entwicklung gibt es mehrere Ursachen:

  • Die Agrarpreise sind in den vergangenen Jahren tendenziell gestiegen und die deutsche Landwirtschaft ist international wettbewerbsfähiger geworden. Beides macht die Landwirtschaft attraktiv. Die EU-Agrarzahlungen und die nationale EEG-Förderung haben diesen Effekt noch verstärkt.
  • Für Siedlung und Verkehr und den ­dazugehörenden Ausgleich gehen Tag für Tag mehr als 70 ha Agrarfläche ­verloren. Das verknappt das Angebot.
  • Mangels attraktiver Anlagemöglichkeiten und niedriger Kreditzinsen ist der Kauf landwirtschaftlicher Flächen auch für Nicht-Landwirte interessanter geworden.
  • Und im Osten hat die Privatisierungspolitik der BVVG mit bis zum Frühjahr 2013 lukrativen Losgrößen (50 ha) die Nachfrage nach Agrarflächen noch zusätzlich befeuert.

Hinzu kommt, dass insbesondere in den neuen Bundesländern in den vergangenen Jahren Agrarbetriebe von beachtlicher Größe entstanden sind. Die börsennotierte KTG agrar mit 40 000 ha (davon 32 000 ha in Deutschland) und die Lindhorst-Gruppe mit 22 000 ha sind dafür nur zwei ausgeprägte Beispiele. In einigen Regionen hat das zu einer erheblichen Konzentration von Grund und Boden in einer Hand geführt.

Minister werden nervös.

Die Entwicklung hat Bund und Länder auf den Plan gerufen. Eine Arbeitsgruppe hat ein Jahr lang intensiv darüber diskutiert, mit welchen Instrumenten und Maßnahmen der Staat gegensteuern könnte. Herausgekommen ist ein Bündel von Empfehlungen, über die die ­Agrarminister von Bund und Ländern Mitte März beraten haben.

Bei den Zielen war man sich schnell einig:

  • Das Eigentum an Grund und Boden soll weiter breit gestreut bleiben.
  • Einzelne Unternehmen sollen am Bodenmarkt keine marktbeherrschende Stellung einnehmen dürfen.
  • Landwirte sollen beim Flächenerwerb Vorrang haben.
  • Der weitere Anstieg der Kauf- und Pachtpreise soll gebremst werden.

Mit welchen Maßnahmen man diese fast schon hehren Wünsche am besten umsetzt, darüber gehen die Meinungen aber weit auseinander. Grundsätzlich lassen sich die Optionen in zwei große Maßnahmenbündel gruppieren:

  • Maßnahmen, die unmittelbar am Bodenrecht und insbesondere am Grundstückverkehrsgesetz ansetzen und
  • Maßnahmen, die außerhalb dieses Rechtsbereichs umgesetzt werden müssen.

Für das erste Maßnahmenpaket halten die Länder den „Schwarzen Peter“ in der Hand. Sie haben seit 2006 die Gesetzgebungskompetenz für den Grundstücksverkehr. Für den zweiten Bereich ist der Bund zumindest teilweise mit im Boot.

Strengeres Bodenrecht:

Mehrheitlich empfehlen die Länder, das Grundstückverkehrsgesetz vor allem an folgenden Stellen zu ergänzen bzw. zu erweitern:

  • Schaffung einer Versagungsmöglichkeit bei Käufern mit einer marktbeherrschenden Stellung.
  • Einführung einer Genehmigungspflicht für den Verkauf von Gesellschaftsanteilen mit landwirtschaftlichem Grundbesitz.
  • Einführung einer Preismissbrauchsregelung als eigenständigen Versagungsgrund.
  • Ausweitung des Vorkaufsrechts zugunsten der Landgesellschaften, wenn sich kein Landwirt findet, der in den Vertrag eintritt.

Das heißt aber noch lange nicht, dass jetzt auch alle Landesregierungen ihren Landtagen entsprechend geänderte Gesetzentwürfe präsentieren werden. Die Umsetzung der einzelnen Punkte verlangt den zuständigen Ministern nämlich einiges ab.

Wer z. B. einzelnen Unternehmen wegen hoher Eigentumskonzentration und marktbeherrschender Stellung in der Region die Genehmigung eines Grundstückskaufs versagen will, müsste dafür z. B. eine konkrete Höchst-­Hektargrenze oder einen Höchst-Anteil an der LF in einer Region festlegen.

Was geht rechtlich?

Juristisch scheint es durchaus möglich zu sein, den Erwerb von Gesellschaftsanteilen mit landwirtschaftlichen Flächen genehmigungspflichtig zu machen. Das zeigt ein Rechtsgutachten im Auftrag der Landgesellschaften (top agrar 2/2015, S. 44). Bundesländer, die das tun möchten, müssen für ihre Region dann aber ein möglichst konkretes agrarstrukturelles Leitbild entwerfen. Das ist bei der höchst unterschiedlichen Agrarstruktur in vielen Regionen Deutschlands kein ganz einfaches Unterfangen.

Wer ein erweitertes Vorkaufsrecht für Landgesellschaften einführen will, sollte diesen aber auch eine Zeitvorgabe für den Weiterverkauf der erworbenen Flächen an die Landwirte machen, damit es dort nicht zu einer Flächenanhäufung kommt.

Derzeit arbeiten v. a. Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg mit Hochdruck daran, entsprechende Gesetze auf den Weg zu bringen. Der sachsen-anhaltinische Agrarminister Dr. Hermann Onko Aeikens spielt dabei den Vorreiter. Er will schon Ende März einen Entwurf für ein Agrarstruktursicherungsgesetz vorlegen.

Berufsstand ist skeptisch:

Bei den betroffenen Grundbesitzern und im Berufsstand stoßen die Vorschläge keineswegs auf ungeteilte Zustimmung. Fünf große Agrarbetriebe in Sachsen-Anhalt haben Aeikens sogar einen offenen Brief geschrieben und das geplante ­Agrarstruktursicherungsgesetz als „direkte Enteignung der Bauern“ und als „planwirtschaftliche Reglementierung“ gegeißelt, weil „die Eigentümer nicht mehr frei über ihre Anteile verfügen könnten“.

Das ist zwar keine Mehrheitsmeinung im Bauernverband Sachsen-Anhalt, wie sich Anfang März beim Landesbauerntag in Staßfurt zeigte. Dennoch stimmte gut ein Drittel der Deligierten für das Anliegen der Kritiker, auf die Genehmigungspflicht von Anteilskäufen zu verzichten.

Die Anteilseigner der größeren Betriebe befürchten offenbar, dass durch die Begrenzung des Käuferkreises der Wert ihrer Anteile sinkt. Diese Angst dürfte nicht ganz unbegründet sein.

Deshalb fordert DBV-Präsident Joachim Rukwied, dass „bewährte und funktionierende Betriebsstrukturen nicht zerschlagen werden dürfen“, wenn der Gesetzgeber künftig Anteilskäufe von Unternehmen mit landwirtschaftlichen Flächen unter Genehmigungsvorbehalt stellt. Andererseits will Rukwied aber auch „wettbewerbsschädliche Eigentumskonzentrationen“ vermeiden und eine breite Streuung des Eigentums an Grund und Boden erhalten.

Die aktuelle Diskussion zeigt erstens, wie unterschiedlich die Interessenlage ist und zweitens, wie schwierig es für die Länder wird, ein erweitertes Grundstückverkehrsgesetz auf den Weg zu bringen, das juristisch wasserdicht ist.

Enorme Vollzugsdefizite:

Zumindest in einem Punkt scheinen sich die Länder einig zu sein. Sie wollen den Vollzug des Grundstückverkehrsgesetzes verbessern und vereinheitlichen sowie die Transparenz für kaufwillige Landwirte erhöhen. Nur wer mitbekommt, dass ein Grundstück zum Verkauf steht, kann sich auch darum bewerben.

Mehr Transparenz scheint in der Tat bitter notwendig. 2013 wurde nur bei 2,3 % von knapp 40 000 Verkaufsfällen das Vorkaufsrecht von den Landgesellschaften geprüft. 2008 waren es sogar nur 1 % der Fälle. Das ist eine erstaunlich geringe Zahl, wenn es stimmt, dass 25 bis 30 % der Verkaufsfälle an Nicht- Landwirte gehen.

Nur in jedem vierten Fall wird das Vorkaufsrecht dann auch tatsächlich ausgeübt. Tendenz sinkend. Es gibt zwar landwirtschaftliche Interessenten, die meisten winken bei den aufgerufenen Preisen aber schnell ab.

Noch viel größer sind die Vollzugsdefizite beim Landpachtverkehrsgesetz. Während in den neuen Ländern immerhin die Mehrheit der Pachtverträge angezeigt wird, sind es im Westen deutlich weniger als die Hälfte.

Zum Teil können die zuständigen Landesbehörden nicht mal genau abschätzen, wie es in ihrem Land um die Meldemoral bestellt ist. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Verlässlichkeit der Pachtpreisspiegel. Kein Wunder, dass kaum ein Bundesland einen solchen veröffentlicht.

Es wird auch kaum ein Pachtvertrag beanstandet. Bundesweit sollen in den vergangenen Jahren weniger als zehn Verträge pro Jahr nicht genehmigt worden sein, heißt es. Das ist eine verschwindend geringe Zahl, wenn man bedenkt, dass jedes Jahr weit mehr als 100 000 Pachtverträge neu abgeschlossen werden. Ein Gesetz, das so lausig umgesetzt wird, kann man sich eigentlich auch sparen.

Doppelte Grunderwerbsteuer:

Wesentlich eindeutiger fallen die Empfehlungen der Bund-Länder-­Arbeitsgruppe aus, wenn es um Maßnahmen geht, die außerhalb des Grundstückverkehrsgesetzes geregelt werden müssen:

  • Die doppelte Erhebung der Grunderwerbsteuer sollte abgeschafft werden, empfehlen die Experten. In diesem Fall machen die Landgesellschaften nur von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch und veräußern dann an Landwirte weiter. Dennoch kassieren die Finanz­ämter zweimal Grunderwerbsteuer.

Die damit verbundenen Steuerausfälle ließen sich übrigens um ein Vielfaches gegenfinanzieren, wenn im Gegenzug die Gewerbesteuerbefreiung bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen mit Grundstücken gestrichen würde.

Die Befreiung gilt dann, wenn weniger als 95 % der Anteile übergehen. Auch für nicht-landwirtschaftliche Investoren ist das ein höchst interessanter, steuersparender Umgehungstatbestand, der die Nachfrage nach Agrarflächen weiter anheizt.

  • Die BVVG sollte die Privatisierung der restlichen Flächen deutlich verlangsamen und die Losgrößen im Rahmen der Ausschreibungen noch unter die aktuell gültigen 25 ha verringern.
  • Der Verlust landwirtschaftlicher Flächen für Siedlung, Verkehr und Ausgleichsmaßnahmen sollte weiter reduziert werden. Dafür müsste das bestehende Recht allerdings konsequent umgesetzt und darüber hinaus schärfere Schutzklauseln für landwirtschaftliche Flächen erlassen werden.

Das sind alles keine völlig neuen Forderungen. Das Problem ist, dass sich die Agrarminister von Bund und Ländern mit ihren Forderungen bislang nicht gegen den Finanz- und Umweltministern durchsetzen konnten. Bleibt abzuwarten, ob sich das in Zukunft ändern wird.

Unabhängig davon ist es in Deutschland weiterhin strittig, ob wir eine strengere Bodenpolitik brauchen. Politik, Berufsstand, und Grundbesitzer haben dazu jedenfalls ganz unterschiedliche Positionen (siehe Kasten Seite 36).Dr. Ludger Schulze Pals

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