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Wolf Maisernte Gülle und Wirtschaftsdünger

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Glücklich ohne EU?

Lesezeit: 4 Minuten

Geschützt durch hohe Importzölle läuft der Strukturwandel in Norwegen bisher langsamer als in Deutschland. Das könnte sich bald ändern: Weil die Öleinnahmen nicht mehr so sprudeln, will die Regierung Fördergelder kürzen und die Grenzen öffnen.


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Würde man die Norweger heute fragen, ob sich das Land der EU anschließen soll, würden sich die meisten Bürger gegen den Beitritt entscheiden. Denn die Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft machen das Land finanziell unabhängig. Deshalb können es sich die Norweger leisten, ihr Land in einigen Bereichen wie der Landwirtschaft durch Zölle vom Rest der Welt abzuschotten.


Entsprechend hoch sind auch die Lebensmittelpreise. Dennoch stehen die Norweger zu ihrer Landwirtschaft. Sie kaufen überwiegend norwegische Produkte. Über 80 % der Bevölkerung bevorzugt in Umfragen die Produktion im eigenen Land – auch wenn man die ­Lebensmittel günstiger importieren könnte.


Deshalb subventioniert der Staat seine Landwirtschaft. Insgesamt gibt es sechs Förderstufen. Ziel ist es, die Betriebe in möglichst allen Regionen des Landes zu erhalten. Die höchste Stufe gilt für Betriebe z. B. im Norden, die unter extrem widrigen Bedingungen wirtschaften. Diese erhalten dann 70 bis 75 % ihres Einkommens direkt aus staatlichen Zahlungen. Die Landwirte dort haben auf dem Grünland teils nur einen Schnitt, und den erst im August. Und trotzdem macht sich jeden Tag ein Tankwagen zu den einsam gelegenen Gehöften auf, um die Milch abzuholen. Wirtschaftlich wäre es günstiger, die Milch zu entsorgen, sagt uns ein norwegischer Landwirt im Süden. Aber selbst im Raum Oslo, wo es die besten Bedingungen für die Landwirtschaft gibt, stammen noch bis zu 20 % des Betriebseinkommens aus diesen Zahlungen. Die Währung heißt Norwegische Krone (NOK), 1 € entsprechen bei unserem Besuch im Juni 2015 rund 8,77 NOK.


Die Preise für landwirtschaftliche Produkte sind weitgehend fix. Die Regierung handelt sie mit den beiden landwirtschaftlichen Berufsverbänden aus. Die beiden Vertretungen der „großen“ und der „kleinen“ Betriebe sind sich übrigens untereinander alles andere als grün. Die fixen Preise werden veröffentlicht. Besteht an einigen Produkten ein höherer Bedarf, senkt Norwegen die entsprechenden Importzölle.


Spuren des Strukturwandels:

Aber natürlich ging auch an Norwegen der Strukturwandel nicht spurlos vorüber, er verlief nur langsamer. Während es 1969 noch 155 000 Betriebe mit einer durchschnittlichen Fläche von 6,2 ha gab, waren davon 2013 noch ein Drit­-tel aktiv (42 700). Zum Vergleich: In Deutschland (ohne neue Bundesländer) sank die Zahl der Betriebe im gleichen Zeitraum sogar um 78 %.


Die Betriebsfläche der Norweger liegt im Schnitt bei 25 ha. Die landwirtschaftlich genutzte Fläche beträgt rund 985 000 ha, das sind nur knapp 3 % der Gesamtfläche. Bei den Milchviehhaltern Norwegens war der Wandel deutlicher. 1969 standen noch bei 82 000 Betrieben Kühe im Stall, im Jahr 2013 waren davon nur 9 500 Milchviehhalter übrig. Eine Lieferquote reglementiert heute den Milchmarkt. Das Maximum liegt bei einer Liefermenge von 700 000 kg, das heißt 70 bis 100 Kühe sind in Norwegen die Obergrenze. Viele Betriebe halten deutlich weniger Tiere und Insider schätzen, dass deutlich mehr als 50 % der Kühe noch in Anbindehaltung stehen. Damit ist aber per Gesetz ab 2024 Schluss (abgesehen von einigen Übergangsregelungen). Diese Tierschutzauflage wird nach Auffassung vieler norwegischer Landwirte einen starken Schub beim Strukturwandel mit sich bringen. Betriebe mit 25 bis 40 Kühen werden kaum einen Boxenlaufstall finanzieren können.


Überhaupt scheint das landwirtschaftliche Idyll in dem skandinavischen Land bedroht. Die konser­vative Regierung will die Subventionen deutlich kürzen, auch weil die Ein­nahmen aus dem Öl durch die gesunkenen Weltmarktpreise nicht mehr so stark sprudeln. Außerdem ist Norwegen wegen der Zollpolitik international unter Druck. Als Reaktion auf den Protek­tionismus belegen andere Länder nor­we­gische Produkte ihrerseits mit Zöllen.


Wir waren im Juni in der Nähe von Oslo unterwegs. Für ein Stimmungsbild haben wir vier Landwirte in der Region Østland (Ostland), Verwaltungsprovinz Øfold besucht.


Guido Höner

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