Scheinbar als Reaktion auf die monatelangen Bauernproteste will die große Koalition in den nächsten vier Jahren 1 Mrd. € für Agrarumweltprogramme und Investitionen zur Verfügung stellen.
Um zwei Uhr nachts trat Markus Söder nach dem Koalitionsausschuss als Vorsitzender von Union und SPD vor die Presse und sprach zufrieden von der „Bauernmilliarde“. „Es geht um ein klares Signal der Wertschätzung und der Unterstützung in schwierigen Zeiten“, sagte der CSU-Chef. Das Geld könne Härten bei der Düngeverordnung vermeiden und eine Hilfe beispielsweise für die Anschaffung neuer Güllelager sein.
Abgekühlt haben sich die Gemüter deswegen nicht. Im Gegenteil, die Folge waren spontane Schlepperdemos und ein erneuter Aufschrei: „Wir Landwirte wollen diese ‚Bauernmilliarde‘ in der Form ausdrücklich nicht“, teilten die Initiatoren von „Land schafft Verbindung Deutschland“, Sebastian Dickow und Dirk Andresen mit. Sie sprachen sich wie viele andere Landwirte und Verbände gegen die finanzielle Unterstützung aus, bezeichneten sie gar als „Schweigegeld“. Auch gemäß einer top agrar Onlineumfrage lehnen 91% der Teilnehmer die Finanzspritze ab und fordern stattdessen eine zukunftsweisende Agrarpolitik (siehe Grafik).
Lediglich der Deutsche Bauernverband (DBV) deutete die „Bauernmilliarde“ als ein starkes Signal, dass Bauern wertgeschätzt würden und lobte die Entscheidung der Regierung dafür ausdrücklich. „Aber Geld alleine hilft nicht“, fügte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, immerhin hinzu.
Die Förderung wird nicht zu Unrecht als Schweigegeld bezeichnet. Bei allem Respekt: Mit der „Bauernmilliarde“ ist den Landwirten nicht geholfen. Was sie brauchen ist eine sachlich fundierte und berechenbare Politik. Eins hat die Koalition jedoch schon jetzt erreicht: Das Image der Landwirtschaft ist weiter gesunken. In den sozialen Medien werden Landwirte unter dem Hashtag #Bauernmilliarde beschimpft und als Fördergeld-gierig abgestempelt. So viel zur Wertschätzung!
christina.lenfers@topagrar.com