Für die Vertreter des europäischen Biolandbaus bleibt der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Reform der EU-Ökoverordnung untragbar. Wie die EU-Gruppe der Internationalen Vereinigung ökologischer Landbaubewegungen (IFOAM) klarstellte, ist der Entwurf aus ihrer Sicht inadäquat. Zu kurz komme darin die positive Vision einer fortschrittlichen und prinzipientreuen ökologischen Entwicklung.
Die Akteure befürchten, dass eine Umsetzung der Vorschläge den Niedergang des Biolandbaus in Europa zur Folge haben könnte, vor allem zu Lasten kleiner Betriebe und weniger entwickelter Regionen. Auch in Deutschland macht sich Widerstand breit.
Thüringens Landwirtschaftsminister Jürgen Reinholz rief Bundesregierung und Kommission auf, bei der Überarbeitung der Ökoverordnung die Interessen der Biobranche stärker zu berücksichtigen. „Wir brauchen eine Verordnung, die der Ökoproduktion Rückenwind gibt anstatt sie auszubremsen“, erklärte Reinholz.
Die Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ) zeigte sich in einer Stellungnahme „zutiefst entrüstet und massiv verärgert“. Die Kommission erkläre bei ihrem radikalen Vorgehen, sie agiere im Sinne des Verbraucherschutzes. Doch faktisch arbeite sie an der Abschaffung des Biolandbaus, wie er in den vergangenen 25 Jahren in Europa entwickelt und gesetzlich verankert worden sei.
Europa braucht mehr heimisches Bio – und nicht weniger!
Nach Ansicht von Bioland gefährdet der Verordnungsvorschlag der Kommission die Weiterentwicklung des Biolandbaus in Deutschland und Europa. Die Bundesregierung solle daher den Entwurf in Gänze ablehnen und dafür für Mehrheiten in Europa werben.
„Der Vorschlag der EU-Kommission ist praxisfremd, schafft unnötig Rechtsunsicherheit und würde Bio zurück in die Nische befördern. Wir brauchen in Europa mehr heimische Bio - nicht weniger. Deshalb lehnen wir eine Totalrevision ab“, sagt Jan Plagge, Präsident von Bioland.
Einer der wesentlichen Kritikpunkte ist seiner Meinung nach der Paradigmenwechsel, mit dem sich die EU-Kommission von der bisherigen Prozessorientierung des Biolandbaus abwendet. Der ökologische Landbau definiere sich seit Jahrzehnten durch seine Methoden, die dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen dienen. Über die gesamte Prozesskette von Erzeugung, Verarbeitung und Handel hinweg werde ein hoher Umwelt- und Tierschutzstandards erfüllt. "Nun soll sich nach dem Willen der Kommission an Produkteigenschaften entscheiden, ob ein Lebensmittel als Bio-Produkt vermarktet werden darf", so Plagge.
Die EU-Kommission verfehlt laut Bioland mit ihrem Entwurf komplett die selbst gesteckten Ziele, den Bio-Markt zu stärken und sicherer zu gestalten. Würde der Rechtsvorschlag umgesetzt, müssten viele Öko-Betriebe und in der Folge Bio-Verarbeiter und -Händler aufgeben. Investitionen würden zurückgefahren oder gestoppt.