Über die ethischen Standards in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung muss nach Einschätzung des Agrarbeauftragten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Dr. Clemens Dirscherl, dringend ein gesellschaftlicher Dialog geführt werden. Es stelle sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen der Mitgeschöpflichkeit des Tieres und seiner Nutzung durch den Menschen, betonte Dirscherl im Rahmen des diesjährigen Hohebucher Agrargesprächs des Evangelischen Bauernwerks.
Wie Dirscherl im Anschluss berichtete, gab der Vorsitzende der Deutschen Tierschutzkommission, Prof. Jörg Hartung von der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo), die „nachhaltige Tierhaltung“ als Zielmarke für die Landwirtschaft vor. Mit dem Vorurteil, die moderne Nutztierhaltung sei per se tierschutzfeindlich, ging Hartung laut Dirscherl „kritisch“ ins Gericht. Eine innovative Tierhaltung sei durchaus mit dem Tierwohl vereinbar. Notwendig seien wissenschaftlich fundierte Indikatoren zur Erfassung des Tierwohls, um eine ethische Debatte nicht nur emotional-affektuell oder formal-juristisch führen zu können.
Die Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes, Renate Seidel, stufte die intensive Tierhaltung nach Angaben Dirscherls als nicht nachhaltig ein. Unter anderem hohe Besatzdichten und präventive Medikamentenabgaben führten zu Verhaltensstörungen bei den Tieren. Künftig müsse anstatt der technischen Beziehung die Humanbeziehung zum Tier intensiviert werden.
Für den landwirtschaftlichen Berufsstand zeigte der Referatsleiter Vieh und Fleisch vom Deutschen Bauernverband (DBV), Roger Fechler, die Spannungsfelder der modernen Tierhaltung auf und nannte Dirscherl zufolge verstärkte gesellschaftliche Ansprüche gegenüber arbeitswirtschaftlichen Erfordernissen innerhalb eines konkurrenzwirtschaftlichen Umfeldes. Dieses habe zunehmend negative Wirkungen auf die Einkommen. (AgE)