Das neue Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats Agrarpolitik (WBA) "Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung" hat in der Agrarszene eine gewaltiges Medienecho ausgelöst. Nachfolgend veröffentlichen wir die Rede von Prof. Dr. Harald Grethe, Vorsitzender des WBA, die dieser am 25. März bei der Übergabe des Gutachtens an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gehalten hat.
Darin macht Grethe neben der bereits bekannten Forderung nach einem radikalen Umbau der deutschen Nutztierhaltung auch deutlich, dass "nicht jede der teilweise sehr pauschal an die Landwirtschaft herangetragenen gesellschaftlichen Forderungen sinnvoll ist" und eine Versachlichung der Diskussion zu begrüßen wäre. Das soll nach Auffassung des WBA auch von der Politik unterstützt werden.
Die Diskussion um die "Massentierhaltung" und Bestandsgrößen hält der Beirat für irreführend. Kleine Betriebe seien nicht automatisch tier- oder umweltfreundlicher als große. "Es ist demotivierend für Landwirtinnen und Landwirte, wenn sie aufgrund ihrer Betriebsgröße pauschal diffamiert werden", so Grethe wörtlich.
Ebenfalls ist der WBA der Auffassung, dass keine einseitigen Schuldzuweisungen erfolgen sollten. Die unzureichende Berücksichtigung von Tier- und Umweltschutz in der Nutztierhaltung sei das Ergebnis von Fehlentwicklungen in vielen Bereichen. Für die praktische Landwirtschaft ist es sehr schwierig, Tier- und Umweltschutz am Markt entlohnt zu bekommen. "Man sollte den Landwirtinnen und Landwirten nicht vorwerfen, dass sie das tun, was in einer Marktwirtschaft üblich ist: Sie minimieren bei gegebenen gesetzlichen Rahmenbedingungen ihre Produktionskosten", betonte der Hohenheimer Agrarwissenschaftler.
Für eine Neuorientierung der Nutztierhaltung fehle es bisher an vielem, unter anderem
- an den richtigen politischen Rahmenbedingungen,
- an der Zahlungsbereitschaft an der Ladentheke,
- an der Bereitschaft der Branche und der Zivilgesellschaft in einen wirklichen Dialog miteinander zu treten und
- an ausreichender Forschung zum Tierwohl, dem im Vergleich zur Produktivitätserhöhung zu wenig Priorität eingeräumt worden sei
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