In der Nordwest-Zeitung kommentierte Karsten Krogmann die Tierschutz-Initiative von Agrarminister Schmidt wie folgt:
"Tierschutz hört sich simpel an, ist in der modernen Landwirtschaft aber kompliziert.
Wenn ein Landwirt seinen Schweinen die Ringelschwänze kupiert, ist er in der öffentlichen Wahrnehmung ein Tierquäler. Kupiert er die Schwänze nicht, ist er auch ein Tierquäler, weil sich seine Schweine dann die Schwänze gegenseitig abbeißen und dadurch krank werden – jedenfalls bei der derzeitigen Mengenhaltung im Stall. Der Landwirt kann seine Schweine aber auch nicht einfach nach draußen in die Freilandhaltung entlassen. Dann bekäme er es wieder mit den Schweinekrankheiten von früher zu tun und einer Sterblichkeitsrate, die bis zu dreimal höher war als heute.
Vor allem könnte sich der Landwirt diese Haltungsform bei den heutigen Fleischpreisen gar nicht mehr leisten. Und wir Verbraucher wären auch nicht begeistert: Der Landwirt würde nämlich viel zu wenig Fleisch erzeugen, um unseren heutigen Hunger danach zu stillen. Kurz: Der Landwirt befindet sich in einem Dilemma.
Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt hat das erkannt. Er weiß, dass weite Teile der Gesellschaft Tiere (Schmidt: „unsere Mitgeschöpfe“) vor Leid geschützt sehen wollen – er weiß aber auch, dass sich das derzeitige Dilemma nicht einfach per Gesetz auflösen lässt. Mit seinem Prinzip der „verbindlichen Freiwilligkeit“ vergibt er den Auftrag zur Lösungssuche nun zunächst an jene, die die größte Sachkunde haben: an die Landwirte.
In seinem Eckpunktepapier erbringt der Minister aber auch selbst den nötigen Sachkundenachweis: Ausdrücklich nimmt er nämlich die Verbraucher in die Pflicht und fordert sie auf, nur Produkte zu kaufen, die das Tierschutzlabel des Deutschen Tierschutzbundes tragen. Gleichzeitig kündigt er an, sich für ein EU-Tierschutzlabel einzusetzen, um so zu verhindern, dass in den Regalen des Lebensmitteleinzelhandels teurer produziertes deutsches Fleisch künftig durch günstigeres aus dem Ausland ersetzt wird.
Es ist keine schnelle Lösung, die die Bundesregierung da anbietet. Aber mehr Tierwohl wird es in der Landwirtschaft eben nur dann nachhaltig geben, wenn Erzeuger und Verbraucher endlich gemeinsame Sache machen."
Hintergrund:
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