Die deutschen Bauern sind auf dem Weg zu einer gewaltigen Überproduktion von Geflügelfleisch. Das meinen zumindest die Verfasser des "Kritischen Agrarberichts 2012", der heute auf der Grünen Woche vorgestellt wurde, also AbL, BUND, Naturland, Tierschutzbund, pro Vieh u.a.
Laut dem Bericht sind bundesweit Ställe für bis zu 36 Mio. Hähnchen geplant. Allein im Kreis Emsland lägen Anträge für 11 Mio. Mastplätze vor. Um die bundesweite Nachfrage zu stillen, seien jedoch 3,2 Mio. neue Plätze ausreichend.
Der Bericht warnt darüber hinaus vor einem ruinösen Preiskampf der Mäster. Derzeit gebe es schon etwa 80 Mio. Mastplätze, der Verbrauch wachse aber nur noch verhalten. Und beim Export kämen die deutschen Produzenten gegen die Konzerne aus Brasilien und den USA ohnehin nicht an.
"Agrarindustrie versteckt sich hinter bäuerlicher Landwirtschaft"
Empört über das "Greenwashing" der Agrarindustrie äußerte sich Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND auf der Grünen Woche. Seiner Meinung nach versteckt sich die Agrarbranche hinter bäuerlichem Anschein, insbesondere die "von der Agrarlobby durchwanderte FNL". Deutschland sei eine Fleischexportnation geworden, unter Missachtung von Mindeststandards, sowohl bei den Tieren als auch bei den Angestellten auf den Betrieben. Weiger verwies auf osteuropäische Helfer, die in Containern auf den Höfen hausen müssten. "Das ist Ausbeutung von Arbeitskräften." Darüber hinaus zerstören die "Billigstprodukte" laut dem BUND-Chef die Landwirtschaft in ärmeren Ländern.
Kritik übte Weiger auch am Schlachthof Weißenfels. "Dieser Schlachthof ist illegal, weil es bis heute keine Kläranlage für die Abwässer gibt", sagte er heute vor Journalisten. Der BUND habe deshalb Klage eingereicht. Seiner Meinung nach sehen wir heute "Auswüchse eines Systems, dass das genaue Gegenteil von Regionalität" sei.
Ostendorff: "Antibiotika ist Grundvoraussetzung für Agrarindustrie"
Der Vize-Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses, Friedrich Ostendorff von den Grünen unterstützt den Bericht und kritisiert aus aktuellem Anlass den Antibiotikaeinsatz. Dieser ist seiner Meinung nach in Großställen Grundvoraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg der "Agrarindustrie". Mastschweine in intensiven Haltungsformen erhielten durchschnittlich einmal im Monat Antibiotika. Die Halter wollten damit nicht nur vermeiden, dass die Tiere krank werden. Es gehe auch um "Wachstumsdoping", so Ostendorff.
Weiterer Kritikpunkt ist der angebliche Raubbau an den Wäldern, um im Zuge der Energiewende wieder mehr Holz als Brennstoff zu gewinnen. (ad)