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Milchfonds kommt, dafür herber Verzicht auf Prämie

Im Streit um die Neuverteilung der 53 Mrd. Euro schweren Agrarhilfen hat sich die Europäische Union geeinigt. Nach einer nächtlichen Marathonsitzung stimmten die EU-Staaten am Donnerstagmorgen einem Kompromissvorschlag des französischen EU-Vorsitzes zu.

Lesezeit: 6 Minuten

Im Streit um die Neuverteilung der 53 Mrd. Euro schweren Agrarhilfen hat sich die Europäische Union geeinigt. Nach einer nächtlichen Marathonsitzung stimmten die EU-Staaten am Donnerstagmorgen einem Kompromissvorschlag des französischen EU-Vorsitzes zu. Die Landwirtschaftsminister der EU haben sich demnach auf massive Kürzungen der Agrarsubventionen geeinigt. Europas Landwirte müssen laut Pressemeldungen bis 2012 auf weitere 5 % ihrer Direkt-Beihilfen verzichten. Für die deutschen Bauern bedeute der Beschluss Einbußen in Höhe von jährlich 240 Mio. Euro, hieß es aus Verhandlungskreisen in Brüssel. Ab 2013 beträgt die Kürzung also 10 %. Der bisherige Abschlag von 5 % soll dazu ab 2010 schrittweise erhöht werden. Für Großbetriebe, die Direktbeihilfen in Höhe von mehr als 300 000 Euro beziehen, gibt es einen Sonderabschlag von 4 %. Ab diesem Betrag würden den Großbetrieben also insgesamt 14 % abgezogen. EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel hatte ursprünglich eine Spitzenrate von 22 % vorgesehen. Direkt-Beihilfen bis jährlich 5 000 Euro werden auch weiter nicht angetastet. Deutschland schichtet künftig mit der kompletten Modulation etwa 425 Mio. Euro in den Topf für ländliche Entwicklung um.


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Milchfonds und Milchquote


Dem Kompromiss zufolge habe Deutschland allerdings eine zentrale Forderung durchgesetzt: Der von der Bundesregierung geforderte Milchfonds in Höhe von 300 Mio. Euro für deutsche Bauern soll laut Diplomaten gesichert sein. Allerdings müsse der Fonds nach Brüsseler Angaben teilweise über die oben beschriebene Kürzung der Direkthilfen für alle Landwirte bezahlt werden. Das hatte Berlin bisher abgelehnt.


Die Milchquote wird von nächstem Jahr an bis 2013 um jährlich 1 % erhöht. Allerdings soll es 2010 und 2012 eine Überprüfung geben, ob die Lage am Markt weitere Erhöhungen hergibt, heißt es weiter. Aigner ebenso wie der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Gerd Sonnleitner, hatten zuvor heftig gegen einen Vorratsbeschluss protestiert.


Stimmen zur Entscheidung:


"Der heutige Beschluss ist vor dem Hintergrund der extrem schwierig gewordenen Absatzlage auf den Agrarmärkten, insbesondere bei Milch, absolut marktwidrig und den Bauern nur schwer zu vermitteln." Das erklärte der DBV nach der Einigung in Brüssel. Die Quotenaufstockungen zum jetzigen Zeitpunkt seien das völlig falsche Signal. Der Verband lobte jedoch Ilse Aigner, dass sie gegen erheblichen Widerstand eine vorfristige Überprüfung dieser Entscheidung durchsetzen und die Finanzierung eines wirksamen Milchfonds langfristig absichern konnte.


Von Wortbruch sprach auch das Landvolk Niedersachsen. Banken und Wirtschaftsunternehmen würden gerade üppige Rettungspakete erhalten, während den europäischen Landwirten jetzt Direktzahlungen gekürzt würden, so Präsident Werner Hilse. Ebenso wertet Hilse die Ausstattung des Milchfonds als völlig unzureichend. Auch die Anhebung der Quoten sei falsch.


Bayerns Agrarminister Brunner sprach angesichts der abermaligen schrittweise Erhöhung der Milchquote ab 2009 ebenfalls von "absolut falschem Signal". Kleine Lichtblicke seien jedoch das Monitoring zum Milchmarkt in den Jahren 2010 und 2012 sowie die beschlossenen Verschärfungen bei der Superabgabe für drastische Quotenüberlieferungen. Diese Instrumente müssten aber auch konsequent angewandt werden. Außerdem fordert Brunner verstärkte Anstrengungen zur Förderung des Exports und zur Erschließung neuer Märkte im In- und Ausland. Hier seien aber auch die Molkereien und der Handel gefordert. Den Milchfonds begrüßt Brunner. Positiv sei auch der Wegfall des Quotennachweises bei Investitionen in die Milchviehställe.


Romuald Schaber, Präsident des European Milk Board (EMB) erklärte, die Entscheidung gehe komplett an der Marktsituation vorbei; es sei zu viel Milch auf dem Markt und die Erzeugerpreise würden bereits erheblich sinken. Einige Molkereien zahlten 25 Cent pro Liter. Angesichts von Produktionskosten von 40-45 Cents sei eindeutig, dass die betroffenen Betriebe in ihrer Existenz bedroht sind. Für eine nachhaltige Milcherzeugung in Europa brauche es eine flexible Mengensteuerung, die Angebot und Nachfrage ausbalanciert.


Bioland: "Wir sind schockiert, wie wenig Substanz von den ursprünglichen Vorschlägen der EU-Kommission geblieben ist", zieht Thomas Dosch, Präsident von Bioland, ein erstes Fazit. Deutschland habe in dem monatelangen Verhandlungspoker vor, mit seiner Blockadepolitik maßgeblich zu diesem schlechten Verhandlungsergebnis beigetragen. Bioland kritisiert die beschlossene Erhöhung der Milchquote, die zu einer Ausweitung der Milchmenge führen wird. Dies sei weder unter markt-, umwelt- und arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten zu rechtfertigen und gefährde die Existenz von 100 000 Milchbauern.


Die CDU/CSU-Fraktion begrüßte dagegen die Leistung von Bundesagrarministerin Ilse Aigner. Die Modulation werde deutlich weniger steigen als geplant, erklärte Peter Bleser. Positiv sei dabei, dass die Modulationsmittel vollständig im Mitgliedstaat bzw. im jeweiligen Bundesland verbleiben und dass die Kofinanzierungssätze deutlich reduziert würden. In der Vergangenheit sei es oft fraglich gewesen, ob die einzelnen Bundesländer die Mittel für die Kofinanzierung der Modulationsmittel überhaupt aufbringen können. Für das Gesamtergebnis entscheidend ist für die Unionsfraktion allerdings die Einrichtung eines Milchfonds in Höhe von bis zu 350 Mio. Euro im Jahr 2013. Zudem begrüßt die Unionsfraktion, dass Ministerin Aigner eine Überprüfung der Marktlage in den Jahren 2010 und 2012 durchgesetzt hat. Für den Fall extremer Marktstörungen könne dann von einer weiteren Milchquotenerhöhung abgesehen werden. Italien wurde zugestanden, die vereinbarte, schrittweise Quotenerhöhung vorzuziehen. Es sei aber bedauerlich, dass der mangelnden Quotendisziplin damit Rechnung getragen wird. Erfreulich sei schließlich noch, dass sich die EU-Kommission in einer Protokollerklärung verpflichtet hat, die Arbeiten zur Vereinfachung von Cross Compliance für die Landwirte fortzuführen, so Bleser.


Die SPD-Fraktion bedauert, dass die Chancen einer Agrarreform nicht genutzt wurden. Man hätte jetzt in der europäischen Agrarpolitik auf alle "neuen Herausforderungen" reagieren können. Diese lägen nicht nur im Klima- und Umweltschutz, sondern über die Landwirtschaft hinaus gerade auch in der Entwicklung des ländlichen Raums. Vor lauter nationalen Sonderinteressen seien diese Ziele leider auf der Strecke geblieben. Selbst ein "sanfter Ausstieg" aus der Milchquotenregelung mit Perspektiven für die Milchviehhalter werde mit diesen Beschlüssen kaum gewährleistet. Für die Mehrheit der Minister sei relative Planungssicherheit für Agrarsubventionen wichtiger als eine gute Ausgangsposition für die Landwirtschaft und vor allem die ländlichen Räume über das Jahr 2013 hinaus, so Waltraud Wolff. Deutschland habe ihrer Ansicht nach dabei leider mit zu den Bremsern gehört: "Kurzsichtige Erwägungen insbesondere auch mit Blick auf bayrische Bauern haben dazu geführt, dass Deutschland sich bis zuletzt gegen eine Umschichtung von Mitteln gewehrt - und zuletzt nur deshalb zugestimmt hat, weil die Mittel als "Milchfonds" umdefiniert werden können."


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