Die bundesweiten Kennzahlen zum Antibiotika-Einsatz, die das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erstmals vorgelegt hat, werfen bei den Praktikern Fragen auf. Die Landwirte nehmen das Thema aber sehr ernst.
„Man sieht den Zahlen an, dass höchstwahrscheinlich Lücken und Falschmeldungen zu füllen bzw. zu korrigieren sind“, sagte dazu Hubertus Beringmeier aus Hövelhof, Vorsitzender des WLV-Veredelungsausschusses gegenüber dem Wochenblatt Westfalen-Lippe.
Vor allem die Angaben für Mastkälber erscheinen ihm wenig plausibel, während die Zahlen für Ferkel und Mastschweine eine ähnliche Höhe haben wie die Ergebnisse im Rahmen des QS-Antibiotika-Monitorings. Die Zahlen bei Mastgeflügel erscheinen Beringmeier dagegen überhöht, gerade im Vergleich zu den QS-Daten. „Da ist zu prüfen, woran das liegt.“
Beringmeier kommt daher zu einem klaren Urteil: „Die Aussagekraft bei Mastkälbern und Geflügel hält sich meines Erachtens (noch) in Grenzen. Anders bei Ferkeln und Mastschweinen: Hier zeigen die deutlichen Unterschiede zwischen Median und Kennzahl 2 den erheblichen Handlungsspielraum zur Reduktion des Antibiotikaeinsatzes auf unseren Betrieben. An dieser Stelle möchte ich unterstreichen, dass alle Tierhalter gut beraten sind, das Thema Tiergesundheit sehr ernst zu nehmen, ganz unabhängig davon, ob sie nun gegenüber den Veterinärbehörden aktiv werden müssen oder nicht“, so der Vorsitzende.
Seiner Meinung nach haben echten Handlungsspielraum nun die Betriebe, die die Kennzahl 2 überschreiten. Das sind etwa 25 % der Tierhalter in NRW. Diese müssen bis zum 31. Juli 2015 einen Maßnahmenplan erstellen und ihn unaufgefordert dem Kreisveterinäramt übermitteln. Betriebe, die oberhalb des Median und unterhalb der Kennzahl 2 liegen, müssen – gemeinsam mit ihrem Tierarzt – prüfen, ob und wie sie eine Verbesserung erreichen können. Im Übrigen werden die heimischen Tierhalter in den kommenden Tagen von der Kreisveterinärbehörde über ihr „Betriebsergebnis“ im Vergleich zum Bundesschnitt informiert.
Wie sieht so ein Maßnahmenplan aus?
Wie so ein Maßnahmenplan konkret aussehen soll, wird laut Beringmeier derzeit je nach Bundesland noch beraten. Daran beteiligt sind die Tierärztekammer, die Beratungsorganisationen und die Landwirtschaftsverbände. Grundlage für den Maßnahmenplan liefert eine Bundesverordnung, die aber noch nicht verabschiedet ist.
„Der derzeitige Entwurf des Maßnahmenplans sieht neben allgemeinen Angaben des Tierhalters zu seinem Betrieb und zur Haltung, insbesondere die Angabe von Gründen für die Überschreitung der Kennzahl 2 vor“, so Beringmeier weiter. Gemeinsam mit dem Hoftierarzt sollten die möglichen Ursachen, die den Einsatz von Antibiotika notwendig gemacht haben, aufgeführt werden. Das können Erkrankungen der Atemwege, des Verdauungs- oder Bewegungsapparates oder sonstige Erkrankungen sein.
„Darauf aufbauend soll das Ergebnis der tierärztlichen Beratungen dargelegt werden – inkl. der geplanten Maßnahmen, um den Medikamenten-Einsatz zu verringern. Dazu zählen insbesondere Impfungen, aber auch Überprüfung von Fütterung, Tränkewasser, Stallklima und Hygiene“, so der Ausschussvorsitzende.
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