„Das Mindestlohngesetz hat einen nicht vertretbaren bürokratischen Aufwand ausgelöst. Unsere Mitgliedsunternehmen sind mit überzogenen Aufzeichnungspflichten und auslegungsbedürftigen Regelungen konfrontiert. Das Gesetz ist ein Bürokratiemonster“, kritisierte am Dienstag Raiffeisen-Präsident Manfred Nüssel auf der Frühjahrspressekonferenz.
Dabei würden doch Arbeitsverträge alles Wichtige zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern regeln. Selbst bei der Beauftragung Dritter würden die Mitglieder in die Haftung genommen und quälten sich mit Freistellungserklärungen, so Nüssel weiter. „Es besteht dringender gesetzlicher Nachbesserungsbedarf. Unsere Mitglieder benötigen klare Regelungen und weniger Aufzeichnungspflichten. Ich befürchte nachteilige Auswirkungen auf Strukturen, Verkaufspreise und die Wettbewerbslage genossenschaftlicher Unternehmen im Binnenmarkt“, sagte er.
Initiative Tierwohl wird Erfolg
Großes Lob gab es von Nüssel anschließend für die Initiative Tierwohl als branchenübergreifendes Bündnis von Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel. Das sei bislang einmalig in Deutschland. „Ich bin davon überzeugt: Die Initiative wird das Tierwohl in der Schweine- und Geflügelhaltung maßgeblich voranbringen. Denn dieser Vorstoß der Wirtschaft beruht auf Machbarkeit, Breitenwirkung und Freiwilligkeit“, unterstrich Nüssel.
Die Initiative verfügt seinen Ausführungen nach über eine breite Abdeckung: Der teilnehmende Lebensmitteleinzelhandel repräsentiert ca. 85 % des deutschen Marktes. Pro Jahr stehen ca. 85 Mio. Euro bzw. 255 Mio. Euro in den ersten 3 Jahren bereit.
Gegen branchenweiten Verzicht auf Gentechnik in Futtermitteln
Ein Thema, das die Genossenschaften umtreibt, sind immer wieder aufkommende Forderungen aus dem Lebensmitteleinzelhandel nach einem branchenweiten Verzicht auf Gentechnik in Futtermitteln. „Eine branchenweite Verpflichtung ist nicht mit dem Grundsatz der Wahlfreiheit land- und agrarwirtschaftlicher Unternehmen vereinbar. Der DRV unterstützt deshalb freiwillige Vereinbarungen, vorausgesetzt sie sind praktikabel und rechtssicher umzusetzen“, so der Präsident. Seiner Meinung nach ist die deutsche und europäische Futtermittelwirtschaft auch künftig auf Rohstoffimporte angewiesen. Fehlende oder verzögerte Zulassungen von GVO würden uns vom globalen Warenhandel abkoppeln, befürchtet Nüssel.
Drittlandsmärkte erschließen
Für die landwirtschaftlichen Genossenschaften nehmen Globalisierung, wachsender internationaler Agrarhandel und deren Einflüsse auf die Rohstoffmärkte eine Schlüsselrolle ein. Bereits heute erzielt die deutsche Agrarwirtschaft jeden vierten Euro im Export. „Deshalb setzen wir auf den erfolgreichen Abschluss der TTIP-Verhandlungen. Im Ausbau der Handelsbeziehungen liegen Potenziale, die unsere Mitgliedsunternehmen nutzen wollen“, so Nüssel.
Nach wie vor belastet der russische Importstopp die Agrarmärkte in Deutschland und der EU. Zahlreiche Produkte, insbesondere Fleisch- und Milcherzeugnisse bis hin zu Obst und Gemüse, sind betroffen. Dadurch, dass alle EU-Staaten dem Einfuhrverbot unterliegen, ist der Mengendruck im Binnenmarkt und auf dem deutschen Markt erheblich.
„Auch nach den offenkundig sehr fragilen Waffenstillstandsvereinbarungen in der Ukraine, sind keine Signale zu erkennen, dass der Importstopp aufgehoben wird. Deshalb hat die Erschließung neuer Drittlandsmärkte mit tatkräftiger Unterstützung des Bundeslandwirtschaftsministeriums höchste Priorität“, erklärte Nüssel. Auf zahlreichen Märkten – besonders in Asien – unterliegen die Einfuhren immer noch zahlreichen nichttarifären Handelshemmnissen.