Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) wehrt sich gegen branchenweite Verpflichtungen zu einer „gentechnikfreien“ Fütterung. DRV-Generalsekretär Dr. Henning Ehlers erteilte entsprechenden Vorstellungen des Lebensmitteleinzelhandels eine klare Absage.
„Der Grundsatz der Wahlfreiheit muss sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite gelten“, erklärte Ehlers am vergangenen Donnerstag in Berlin. Dies umfasse auch das Recht der landwirtschaftlichen Erzeuger auf freie Wahl der Produktionsmittel. Ehlers: „Zeitgleich die Butterpreise zu senken und die Landwirtschaft zu teureren Futtermitteln zu zwingen, das passt nicht zusammen.“
Er stellte aber klar, dass der DRV freiwillige Initiativen zur Verwendung „gentechnikfreier“ Futtermittel im Rahmen von Einzelvereinbarungen unterstütze. Allerdings müssten diese praktikabel und im geltenden Rechtsrahmen umsetzbar sein. Derzeit behinderten die geltenden Kennzeichnungsvorschriften, insbesondere aber die kontinuierliche Zunahme des weltweiten Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen, eine „gentechnikfreie“ Fütterung von Geflügel, Schweinen und Rindern, erklärte der DRV-Generalsekretär.
Bei Ernte, Transport, Lagerung und in der Verarbeitung könnten die Produktströme nicht zu 100 % getrennt werden. Verschleppungen von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) seien daher unvermeidbar, so Ehlers. Futtermittelhersteller und Landwirte müssten und wollten zuverlässige, korrekte und ehrliche Angaben über den Gentechnik-Status der Futtermittel erhalten und weitergeben. Trotz strenger Verträge werde es aber aufgrund der zunehmenden Verschleppung immer schwieriger, „gentechnikfreie Ware zu importieren“.
Unternehmenserfolge würden gefährdet
Der DRV-Generalsekretär wies darauf hin, dass der Raiffeisenverband das Bundeslandwirtschaftsministerium Anfang September erneut um eine rechtsverbindliche Klärung offener Rechtsfragen zu Kennzeichnung und Haftung in Sachen Gentechnik gebeten habe. Es sei für die Futterwirtschaft unzumutbar, das alleinige Haftungsrisiko für GVO-Verschleppungen zu tragen, da die betreffenden Fälle durch keinen Versicherungsschutz abdeckbar seien. Ehlers stellte fest, dass die „Ohne-Gentechnik“-Kennzeichnung von Lebensmitteln durch umfangreiche Zertifizierungen geregelt sei und von allen Marktbeteiligten angewendet werden könne. Sie bedürfe jedoch einer strengen Absicherung der Herkunft und Verwendung von Rohstoffen im Herstellungsprozess, die ausschließlich in spezialisierten Betrieben mit hohem organisatorischem und finanziellem Aufwand möglich sei. Die notwendige Honorierung durch den Lebensmitteleinzelhandel und die Konsumenten könne nur in sehr eingeschränkten Produktsegmenten realisiert werden, erklärte der DRV-Generalsekretär. Bei Ausweitung der „gentechnikfreien“ Fütterung innerhalb deutscher Futter- und Lebensmittelketten müsse eine höhere Vergütung sichergestellt werden, um zu erwartende Wettbewerbsnachteile auszugleichen. „Es gibt zahlreiche Unternehmen, die ihre Produkte ‚ohne Gentechnik‘ erfolgreich vermarkten. Dieser Erfolg wird gefährdet, wenn daraus ‚Standardware‘ wird“, gab Ehlers zu bedenken.