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Glücksspiel Biogetreide?

Lesezeit: 6 Minuten

Bei der Vermarktung von Biogetreide ist eine frühzeitige Preisabsicherung eher die Ausnahme. Das ärgert viele Ökobauern. Was sind die Ursachen, und welche Alternativen gibt es?


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Ich würde ja gerne für meine Ernte frühzeitig sowohl Absatz als auch Preis absichern“, so ein süddeutscher Bio-roggenanbauer. Die Verarbeiter gäben ihm zwar Abnahmegarantien, hielten sich mit Preiszusagen aber meist bis zur Ernte oder noch später zurück.


Konkret sind viele Biolandwirte mit den Absatzchancen und Handelsmodalitäten für ihr ökologisch erzeugtes Getreide unzufrieden. Grund für uns, die Vermarktungswege für Biogetreide genauer unter die Lupe zu nehmen.


Sind „stabile Preise“ genug?

Tatsächlich haben die Biogetreidepreise vor allem 2012 den Anstieg von konventioneller Ware nicht mitgemacht (siehe Grafik). Die Zeiten scheinen vorbei, als Biogetreide pauschal doppelt so viel pro Tonne erlöste wie konventionelles Getreide, wie der Vergleich zeigt.


Natürlich kann ein einziger Durchschnittspreis für Deutschland nicht den gesamten Markt widerspiegeln. Das gilt besonders für die vielschichtige Biobranche. Grundsätzliches Problem ist dabei fehlende Transparenz: Detaillierte Übersichten über die Erzeugerpreise für die verschiedenen Biogetreidearten gibt es kaum. Kein Wunder, unterscheiden sich Transport- und Lageraufwand, Qualität und Zertifizierung je nach Verband und Vermarktungsweg teils deutlich.


Allein die Preisveränderungen verdeutlichen aber: Während die Notierung für konventionell erzeugten Weizen kräftig schwankt (2012 von 175 bis 260 €/t), pendelt der Preis für Ökoware weniger stark. Andererseits fielen die Einbußen durch Preisrückgänge wie 2011 oder seit Beginn dieses Jahres auch nicht so groß aus. Daher begrüßen viele Vertreter der Anbauverbände die vergleichsweise stabilen Preise, zum Teil auch aus ideologischen Gründen. An der Spekulation mit Nahrungsmitteln wolle man sich schließlich nicht beteiligen, erklären sie.


Es ist aber auch eine Frage der Möglichkeiten. Biogetreide wird bislang an den Börsen nicht gehandelt, Anleger haben also überhaupt keine Möglichkeit, mit Bioware zu spekulieren. Dazu kommt: Die deutsche Biogetreideernte war im vergangenen Jahr nur knapp 700 000 t groß. Diese Menge teilt sich nicht nur in Weizen, Roggen, Dinkel, Hafer, Gerste und Tritikale auf. Die einzelnen Partien werden zusätzlich durch die vielen Qualitätsparameter und Zertifizierungen verkleinert.


Kurze Handelswege:

Gerade der Ter- minhandel gilt im konventionellen Getreidehandel als Basis für Preisabsicherungen und Vorkontrakte. So kann sich der Zwischenhandel absichern und frühzeitig abschätzen, welche Preise er an die nächste Handelsstufe weitergeben kann.


Im Ökobereich kommt noch hinzu, dass es deutschlandweit keinen nennenswerten Erfassungshandel für Biogetreide gibt. Dafür gibt es zwei Ursachen:


  • Es wird viel Getreide direkt unter den Landwirten gehandelt. Das gilt vor allem für Futtergetreide, das von Bioviehhaltern nachgefragt wird. Etabliert haben sich dabei Koppelgeschäfte von Getreide gegen Mist zur Düngung der Flächen. Dieser Absatzweg kommt aber meist nur für vergleichsweise kleine Getreidemengen und nicht für Brotgetreide infrage.
  • Alternativ geht das Getreide direkt an die Verarbeiter. Vor allem kleinere Mühlen und Bäcker kaufen Biogetreide direkt bei den Erzeugern ein. Die Handels- und Abrechnungsmodalitäten werden individuell festgelegt. Von langfristigen Lieferverträgen mit Preismodellen bis zu Abnahmegarantien findet man alles.


„Oftmals sind die direkten Lieferbeziehungen zwischen Erzeuger und Verarbeiter über einen längeren Zeitraum gewachsen“, erklärt eine Marktbeobachterin. Dabei würden die Landwirte oftmals Zusagen machen, bei denen der Preis erst nach der Lieferung festgelegt wird.


Offenbar ist es für Verarbeiter aber zunehmend schwierig, neue Lieferanten mit diesen Handelskonditionen zu gewinnen. So suchte eine bayerische Bio-bäckerei im vergangenen Herbst sogar über Werbeanzeigen Roggen im Direkteinkauf. Bei Nachfrage sei aber immer nur von Abnahmezusagen zur Ernte 2013 und nie vom Preis die Rede gewesen. Das ärgert viele Biolandwirte: „Ich würde jetzt einen Teil meiner Ernte 2013 an eine Mühle verkaufen. Aber außer der Zusage, dass ich liefern darf, bekomme ich keine weiteren Informationen“, schimpft ein Biolandwirt.


Die Sicht der Müller und Bäcker ist eine andere: Gerade beim Direkteinkauf kleinerer Mengen seien viele kaum zu vorzeitigen Preisaussagen bereit, weiß ein Berater aus dem Rheinland. „Das Risiko, Minderqualitäten geliefert zu bekommen oder zum „falschen Preis“ einzukaufen, ist ihnen zu groß“, erklärt der Branchenkenner.


Gemeinsam besser?

Fehlender Zwischenhandel, Landwirte, die Futtergetreide untereinander handeln und Verarbeiter, die nicht langfristig absichern wollen: Bleiben die Erzeugergemeinschaften (EZG), die etwas mehr Vermarktungssicherheit bieten.


Wie im konventionellen Bereich, gibt es im Biogetreideanbau Erzeugergemeinschaften, die das Angebot ihrer Mitglieder bündeln und vermarkten, allerdings offenbar zu wenige: Klassische Vorverträge mit einem festgelegten Preis haben auch bei den EZGn Seltenheitswert.


Der Einkaufsleiter einer größeren Gemeinschaft in Süddeutschland erklärt, warum das nicht geht, obwohl er jährlich rund 10 000 t Biogetreide durchhandelt: „Einerseits erfassen wir Getreide bundesweit, so dass wir hohe Schwankungen bei den Transportkosten haben. Andererseits sind die Partien kaum miteinander vergleichbar.“ So handele er Getreide aus verschiedenen Biostandards, wie dem EU-Biosiegel oder Verbandsware (z.B. Bioland oder Demeter). Weiter gebe es vor allem in Ostdeutschland größere Biobetriebe, die kein Lager hätten und ex Ernte abliefern müssten. Dafür müsse er zertifizierte Biolager vorhalten, was wiederum Geld koste.


Immerhin: Die Abnehmer zahlten höhere Preise, die er an die Landwirte weitergeben könne. Aber er könne keine Preisabsicherung anbieten. Stattdessen laufe vieles über langjährige Lieferbeziehungen und persönliche Kontakte.


Diesen Gemeinschaftsgedanken hält auch der Einkäufer einer Bio-EZG aus dem Südwesten hoch: „Unsere Poolvermarktung funktioniert seit 15 Jahren, die gut 70 Landwirte sind mit den Erlösen für ihre Ernten zufrieden“, glaubt er.


Vorverträge für einzelne Landwirte bietet er zwar auch nicht an. Für gut ein Drittel der voraussichtlichen Weizenernte und ein Viertel des Roggens habe er aber mit den Verarbeitern nicht nur die Abnahme, sondern auch schon einen Preis vereinbart. Für den Rest sei immerhin die Lieferung festgezurrt, der Preis werde nach der Ernte ausgehandelt. „Für unsere Mitglieder bedeutet das, dass jeder von ihnen seine Ernte schon zu einem Drittel bzw. Viertel auch preislich abgesichert hat“, erklärt er.


Noch mehr Transparenz nötig!

Damit wird klar: Im Biogetreidemarkt ist für Landwirte eine klassische Preisabsicherung frühzeitig vor der Ernte nur selten und am ehesten über die Erzeugergemeinschaften möglich. Dazu kommt: Der zersplitterte und insgesamt überschaubare deutsche Biogetreidemarkt leidet unter mangelnder Transparenz, weil viele – oftmals notgedrungen – ihr eigenes „Süppchen kochen“.


Das Problem: Dieses Marktumfeld dürfte nur wenige Betriebsleiter motivieren, dauerhaft Biogetreide anzubauen und zu vermarkten. Mehr Transparenz und besserer Zugang zu aussagekräftigen Erzeugerpreisen könnten dagegen durchaus Anreize für den Biogetreideanbau schaffen. Christian Brüggemann

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