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Wie der MPA-Skandal zum Flächenbrand werden konnte

Lesezeit: 4 Minuten

Vor kurzem erst Nitrofen, jetzt wurde das verbotene Hormon Medroxy-Progesteron- Acetat (MPA) im Futter gefunden. Skandale im Monatstakt die Folgen für die Landwirte: Betriebssperrungen, hohe finanzielle Verluste und die Frage, wer für den Schaden aufkommt. Begonnen hat alles damit, dass auf einem niederländischen Sauenbetrieb Fruchtbarkeitsstörungen auftraten. Im Futtermittel wurde MPA als Ursache festgestellt. Die Spur führte zu einer in Belgien ansässigen Firma, Bioland Liquid Sugars. Den mit MPA-belasteten Sirup hatte Bioland zur Entsorgung von dem irischen Pharmaunternehmen Wyeth bekommen, das Hormonpräparate herstellt. Offenbar wurde der hormonhaltige Zuckersirup als harmlos deklariert, so dass die Lieferungen nicht an die zuständigen Behörden gemeldet wurden. Unklar ist nun, ob der MPA-Zuckersirup von Wyeth vorsätzlich falsch deklariert wurde oder die zwischengeschaltete Entsorgungsfirma Cara dahinter steckt. Und, ob die Firma Bioland schließlich wissentlich den belasteten Zuckersirup weiterverwendet hat. Wyeth und Bioland machen anscheinend schon seit Ende 1999 miteinander Geschäfte. Die Bundesregierung rechnet damit, dass mit MPA belastete Produkte mindestens seit eineinhalb Jahren nach Deutschland gelangt sind. Diese sind nicht nur in Futtermittel gelangt, sondern auch in Getränke, wie die Rückverfolgung der Lieferlisten von Bioland zeigen. Zeitweise 2000 deutsche Bauernhöfe gesperrt Nach den ersten MPA-Funden in den Niederlanden entstand ein Flächenbrand: Anfang Juli wurden deutsche Behörden alarmierte, dass hiesige Schweinehalter möglicherweise MPA-verunreinigtes Futter aus Holland erhalten hatten. Die ersten Betriebssperrungen folgten. Auf dem Höhepunkt der Krise waren in Holland über 7 000 Betriebe gesperrt. Insgesamt sollen rund 15 500 t Futter in elf EU-Mitgliedstaaten exportiert worden sein, davon 8 500 t nach Deutschland. Der belastete Zuckersirup war nicht nur direkt in Misch- und Flüssigfutter gelangt, sondern auch zu einem geringen Prozentsatz in Melasse verwendet worden. Insgesamt waren bei uns zeitweise über 2 000 Bauernhöfe in 11 Bundesländern von der Sperrung betroffen. Eine Sperrung der Betriebe erfolgte anhand der Lieferlisten betroffener Futtermittelhersteller. Die möglicherweise kontaminierten Futtermittel oder die Melasse wurden sichergestellt und entsorgt. Da das Hormon innerhalb weniger Tage im Körper abgebaut wird, einigten sich die Landwirtschaftsminister von Bund und Ländern auf folgende Vorgehensweise: Auf den gesperrten Bauernhöfen wurden Stichproben von schlachtreifen Schweinen und Rindern auf MPA untersucht. Das Ergebnis: Alle 140 Proben waren negativ. Demnach konnten die Sperrungen der Betriebe aufgehoben werden, vorausgesetzt sie hatten sieben Tage nachweislich MPA-freies Futter gefüttert. Untersuchungen von Milchproben hatten bereits nach einem Tag ergeben, dass die Milch als unbedenklich angesehen werden konnte. Den Landwirten ist durch die Sperrung teilweise ein erheblicher Verlust entstanden. Das gilt z. B. für einige Milchviehbetriebe, die eine volle Tagesmilchmenge wegschütten mussten. In der Schweinemast waren Betriebe mit schlachtreifen Tieren am stärksten betroffen. Durch die Sperre wuchsen diese aus der Abrechnungsmaske heraus, verursachten zusätzliche Futterkosten, der nachfolgende Mastdurchgang verzörgerte sich. Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Nord- Westdeutschland (ISN) kalkuliert den Verlust auf 0,60 E je Tier und zusätzlichem Masttag und mindestens 5 E/Tier durch die schlechtere Klassifizierung. Doch unterstützen will Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast die betroffenen Landwirte nicht. Im Gegenteil: Sie verunsicherte die Verbraucher sogar, indem sie vom Fleischverzehr abriet. Obwohl das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) aufgrund niedriger Rückstandsmengen im Fleisch, und weil das Hormon schnell ausgeschieden wird, eine Gesundheitsgefährdung der Verbraucher ausgeschlossen hatte. Dubiose Entsorgungskanäle dicht machen! Dennoch: Der MPA-Skandal zeigt einmal mehr, wie schnell Landwirte unschuldig unter Druck geraten können. Die dubiosen Entsorgungskanäle, wie sie bei MPA sichtbar geworden sind, müssen rigoros verstopft werden. Experten fordern lückenlose Nachweise vom Anfall schädlicher Rückstände bis zu ihrer Entsorgung und das europaweit. Die Entsorgung solcher Abfälle dürfe lediglich über zertifizierte Unternehmen erfolgen, die staatlichen Kontrollen unterliegen. Auch die Futtermittelwirtschaft muss sich fragen lassen, wie sie ihre eigenen Kontroll- und Warnsysteme noch dichter machen kann. Denn sonst werden alle QS-Bemühungen der Landwirtschaft zunichte gemacht.

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