Das Kartellamt leistet dabei keinen substanziellen Beitrag, die Zukunftsfähigkeit der Milchwirtschaft in Deutschland zu verbessern. Darauf weist der Genossenschaftsverband hin. Ganz im Gegenteil, die Empfehlungen des Sachstandsberichtes stellen bewährte genossenschaftliche Grundprinzipien in Frage, die es in der Vergangenheit für viele Landwirte erst möglich gemacht haben, am Markt teilzuhaben. Dies gilt nicht nur für Milchbauern, sondern auch für Obst- und Gemüseproduzenten, Winzer und Fischer, die ihre Produkte gemeinsam in Genossenschaften vermarkten und so zu einem funktionierenden Wettbewerb beitragen oder diesen erst möglich machen.
Dabei seien die Genossenschaften bereit, flexible Lösungen zu entwickeln, die auch verschiedenen Interessen ihrer unterschiedlichen Mitglieder Rechnung tragen. Hierzu seien keine Änderungen an den bestehenden Rahmenbedingungen erforderlich. Der Selbstbestimmung der Genossenschaften durch demokratische Entscheidungsfindung als deren Markenkern trägt das Kartellamt in keiner Weise Rechnung, kritisiert der Genossenschaftsverband in einer Mitteilung.
„Auch gegenüber kritischen Vorschlägen haben wir uns als Genossenschaftsverband stets gesprächsbereit gezeigt. Für uns als Verband hat die Zukunftsfähigkeit der Genossenschaften und ihrer Mitglieder oberste Priorität. Daher werden wir uns auch in Zukunft keinen konstruktiven Vorschlägen verschließen, die nicht die genossenschaftliche Idee und Praxis prinzipiell in Frage stellen. An den Grundfesten der genossenschaftlichen Struktur darf im Sinne der wirtschaftlichen Stabilität unserer Mitglieder aber nicht gerüttelt werden“, sagt Vorstand René Rothe vom Genossenschaftsverband.
Für den Verband zählen hierzu demokratische Selbstbestimmung und die Selbstverantwortung der Genossenschaften und ihrer Mitglieder. Letztlich sei das Mitglied nicht nur Lieferant, sondern auch Mitunternehmer in seiner Genossenschaft. Lieferrechte und Lieferverpflichtungen bei genossenschaftlichen Molkereien seien hier zwei Seiten derselben Medaille. Viele Milcherzeuger hätten das Genossenschaftsmodell für sich gewählt, da für sie die Vorteile überwiegen. Diese Vorteile – von der vor allem die kleinen Erzeuger profitieren – würden vom Bundeskartellamt zur Disposition gestellt.
„Anstatt den selbstbestimmten Weg unserer Molkereien als Erzeugerzusammenschlüsse weiter zu fördern und zu unterstützen, könnten starre Regeln, wie sie das Kartellamt vorschlägt, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Mitglieder nicht verbessern, sondern einschränken“, ergänzt Rothe. Die genossenschaftlichen Lieferbedingungen stehen aus Sicht des Genossenschaftsverbands nicht im Widerspruch zum Wettbewerbsrecht.
Der Genossenschaftsverband will sich detailliert mit dem Sachstandsbericht des Bundeskartellamts auseinandersetzen und sich im Sinne seiner Mitglieder mit einer Stellungnahme an dem Konsultationsverfahren des Bundeskartellamts beteiligen.
Hintergrund: Der Genossenschaftsverband e.V. vertritt die Interessen von rund 2.200 Mitgliedsunternehmen in 13 Bundesländern, die zusammen rund 4,5 Millionen Mitglieder haben. Zudem ist er für seine Mitgliedsgenossenschaften Prüfungs- und Beratungsverband sowie Bildungsträger. Als Dienstleister betreut der Verband Unternehmen aus den Bereichen Kreditwirtschaft, Landwirtschaft, Handel, Gewerbe und Dienstleistungen sowie Energie, Versorgung und Immobilien. Die Mitgliedsunternehmen stehen für rund 93.000 Arbeitsplätze. Der Genossenschaftsverband blickt auf eine mehr als 150-jährige Geschichte zurück und hat Verwaltungssitze in Neu-Isenburg und Hannover. Dazu kommen die Geschäftsstellen in Baunatal (Nordhessen), Berlin, Leipzig, Rendsburg (Schleswig-Holstein) und Schwerin. Der Genossenschaftsverband wird vertreten durch den Verbandspräsidenten Michael Bockelmann sowie die Vorstandsmitglieder Klaus Bellmann, Horst Kessel, René Rothe und Marco Schulz.