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topplus Gastkommentar

Der Bauern bittere Ernten

Die Bauerneinkommen sinken, die Auflagen steigen. Bergbauernsohn Josef Kaltenegger, heute Unternehmer in der Lebensmittelbranche, sucht im Gastkommentar nach Auswegen für die gefährdete Bauernkultur.

Lesezeit: 5 Minuten

Ich war nie mutlos. Allerdings habe ich als Bergbauernbub gelernt, dass es anders kommen kann, als man es plant. Trotzdem bleiben Freude und Liebe ungebrochen. Aufgegeben wird nicht, mögen die Hürden am Weg noch so hoch sein. Warum ich trotzdem das Ende der Kultur der Bauern herannahen sehe? Nun, wenn man für sich allein einen Weg gehen kann, gibt es vielleicht noch eher Auswege. Anders ist es, wenn man aber, wie der Bauernstand, derart durch die EU-Agrarpolitik gefesselt wird.

Drei Erlebnisse sollen meiner Befürchtung Nachdruck verleihen. Das erste Erlebnis war am Berg in der Glockner-Region. Dort mähte ein Jungbauer erstmals die Almwiese. Der junge Mann mähte voll Freude und Stolz die Bergwiese auf 2.200 m Seehöhe. Am Gipfel oben beim Runterschauen dachte ich mir: Die Bauern haben seit der Bauernbefreiung 1848 mit ihrer Bewirtschaftung diese wunderbare Kulturlandschaft geschaffen. Ohne Kontrollen, Auflagen, Drohungen, Satellitenüberwachungen und Schikanen aus Brüssel oder Wien. Heute müssen die Bauern diesen ganzen Schmarrn schlucken, der ihnen seit dem EU-Beitritt nur bittere Ernten beschert. 

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Das zweite Erlebnis war in Graz. Eine junge Dame von Greenpeace erklärte mir, dass man die Welt retten müsse, u. a. vor der industriellen Landwirtschaft. Als ich nachfragte, was sie darunter versteht, meinte sie, die Bauern sollten wieder nur mit der Hand arbeiten und z. B. nicht so viele Kühe haben. Es ist schon beklemmend, wenn grundsätzlich positiv motivierte Menschen keine Ahnung von der Realität haben. Die Dame war sympathisch, gebildet, hat ein Studium fertig, aber keine Ahnung vom Bauernstand. Greenpeace gehört aber zu den einflussreichsten Stimmungsmachern, auch bei Medien. 

Als drittes Beispiel nenne ich drei Maßnahmen, die für mich eine Generalstrategie aus Brüssel und Wien sind. Das Renaturierungsgesetz ist für Bauern in der aktuellen Form tödlich. Es entzieht rund 50 % der aktuellen Nutzflächen. Für mich kommt es einer Enteignung der Bauern gleich. Dies gilt auch für die EU-Entwaldungsverordnung. Zum Drüberstreuen wird den Bauern zur Erreichung der Ziele der Nitratrichtlinie ein Paket mit Gülleseparierung und teurer Ausbringtechnik serviert. Wer nicht mittut, bekommt keine ÖPUL-Mittel mehr. Bestehende, günstigere Alternativen, wie die Gülleverflüssigung, werden den Bauern nicht empfohlen. Diese Beispiele festigen den Eindruck in mir, dass dies der Anfang vom Ende einer Kultur – der Bauernkultur − ist.

Fakt ist, dass sich die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe in Österreich in den letzten 40 Jahren von rund 300.000 auf knapp 1/3, sprich rund 110.000 Betriebe, reduziert hat. Auf der Basis der aktuellen Pläne der EU-Agrarpolitik sind in 10 Jahren nur noch rund 30.000 Betriebe als aktive Bauern tätig. Zu verhindern wäre dies aus meiner Sicht nur, wenn sich daher sofort die Agrarpolitik, ihre Akteure und damit die Spielregeln für uns Bauern ändern.

Angesichts der bevorstehenden Wahlen braucht es von der Politik keine Zukunftsbilder oder Visionen, sondern Fakten. Konkret:

  1. Nein zur aktuellen Form der Renaturierung und zur EU-Entwaldungsverordnung. Beides ist eine Entmündigung wie Enteignung der Bauern.

  2. Nein zur Verpflichtung für die bodennahe Gülleausbringung mit Separierung. Ein alternativer Vorschlag (mit wissenschaftlicher Belegung) ist die Gülleverflüssigung mit Wasser. Sie bringt eine bessere Bilanz die Nitrat-Richtlinie betreffend. Bisher wird sie ohne Fakten verhindert.

  3. Die Verwaltung – Auflagen und Überwachung inklusive – sind mindestens um 50% zu kürzen. Trotz Digitalisierung gibt es immer mehr Beamte und Hürden!

  4. Was ist 1ha Kulturland wert? Die Bauern arbeiten viel, verdienen aber nichts. Wir haben schon vor Jahren ein konkretes Modell auf den Tisch gelegt, welches eine klare Abgeltung unserer Leistungen fordert – verbunden mit konkreten, umsetzbaren Vorschlägen. Gestaffelt und fair.

  5. Die Bauern sind die einzige Berufsgruppe, die CO2 speichert und Sauerstoff erzeugt – mit der aktiven Landbewirtschaftung. Der CO2 Zertifikatshandel wird aber derzeit von anderen gemacht. Wir wollen daher eine konkrete Leistungsabgeltung dafür von 250 €/ha (indexgebunden). Für die Tonne CO2 werden heute rund 45 € verrechnet. Da Bauern pro ha mindestens 10 t CO2/Jahr speichern, werden bei 250 €/ha somit nur 5 t verrechnet!

  6. Der Import von Lebensmitteln, die nicht mit den gleichen Auflagen wie bei uns erzeugt werden, muss sofort gestoppt werden. Dazu braucht es eine klare Kontrolle von AMA, AK, LK.

  7. Nachdem Bauern derzeit keine Abgeltung der Inflation bekommen, sollte die UST bei landwirtschaftlichen Produkten auf 20 % erhöht werden. Damit kann man kurzfristig die Einkommen rasch steigern.

  8. Und es sollte ein nicht rückzahlbares Investitionspaket je Betrieb von 60.000 € geben. Das Geld sollte jeder Betrieberhalten, der in Österreich mit österreichischen Firmen arbeitet. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Investitionen (bei etwa 100.000 Betrieben rd. 6 Mrd. €) verdoppeln bis verdreifachen. Bei 12 bis 18 Mrd. € sind dies dann mindestens 2,4 bis 4,8 Mrd. € an Steuerrücklauf. Damit würde das Investitionspaket aus Steuererlösen fast von selbst finanziert. Das wäre ein Wirtschaftsmotor für den Ländlichen Raum.

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