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Leckeres Rindfleisch aus dem Internet

Lesezeit: 10 Minuten

Galloway-Halter Wilhelm Braack verkauft Rindfleisch über seinen Online-Shop. Die Nachfrage steigt.


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Samstag, zehn Uhr. Wilhelm Braack schließt die Tür des kleinen Hofladens auf. Draußen warten bereits die ersten Kunden mit Kisten und Körben. „Die meisten holen heute größere Mengen an vorbestelltem Fleisch ab, einige kaufen aber auch nur ein paar Stücke fürs Wochenende“, weiß Braack, der zusammen mit seiner Frau Ilona Steinberg einen Betrieb mit 250 Galloway-Rindern in Jork bei Buxtehude (Niedersachsen) führt.


Das Fleisch von 60 Rindern pro Jahr vermarkten sie direkt an die Kunden, den Hofladen haben sie seit dem Jahr 2010. Er liegt strategisch günstig an einer Hauptverkehrsstraße, die die Obstbauregion „Altes Land“ bei Stade mit Hamburg verbindet. „Früher hatten wir nur samstags für drei Stunden geöffnet. Aber einige Kunden, die berufsbedingt werktags an uns vorbeifahren, hatten sich beschwert. Jetzt verkaufen wir zusätzlich auch am Donnerstag Nachmittag“, erläutert der Landwirt. Die meisten der Hofladen-Kunden kommen aus der näheren Umgebung, ein Teil auch aus dem ca. 45 Minuten Fahrzeit entfernten Hamburg.


Online-Vermarktung:

Seit etwa fünf Jahren vermarktet die Familie mit zwei Mitarbeitern Fleisch auch über einen Internetshop. Ilona Steinberg hatte Erfahrung aus dem Handel im Modebereich auf das Fleisch übertragen.


Unter www.galloway-biohof.de können sich Kunden einzelne Fleisch- und Bratenstücke, aber auch Misch­pakete bestellen – angefangen vom 5,5 kg-Probierpaket für 99 € bis zum 25 kg-Paket für 400 €. Das Fleisch ist bei Versand etwa 10 % teurer als wenn es sich die Kunden im Hofladen abholen. Zudem berechnen sie eine Versandpauschale von 7,50 € pro Sendung.


Hack und Innereien werden tiefgekühlt verschickt. Der Rest kommt als frisches Fleisch zum Kunden. Die Ware laden Braack und seine Mitarbeiter mit Einweg-Kühlelementen in Styroporkisten. Ein Paketdienst holt sie zwischen 17.30 Uhr bis 18 Uhr ab. Am nächsten Tag kommt es beim Kunden an.


Die Kühlelemente halten das Fleisch in den Kisten ca. 24 bis 36 Stunden kalt. Wichtig ist, dass die Kühlkette nicht unterbrochen wird. Hierbei muss der Betrieb Vorschriften zum Fernabsatz wie z. B. zum Widerruf oder zum Rückgaberecht, das Hygienerecht (Kühlung und Verpackung) sowie die Lebens-mittel-Informationsverordnung beachten (siehe Kasten auf Seite R 39).


Braack und seine Mitarbeiter versenden immer nur am Dienstag oder Mittwoch. „Wenn es mal zu Verzögerungen bei der Auslieferung kommt, vermeiden wir damit, dass das Fleisch übers Wochenende in einer Packstation liegt und verdirbt“, begründet er das.


Feste Größe im Verkauf:

Mittlerweile ist dieser Absatzweg zu einer festen Größe im Betrieb geworden: Rund ein Drittel des Fleisches geht per Paket zum Kunden. Der Versand klappt zuverlässig, es gab noch nie Probleme. Etwa alle drei Monate schickt sich Braack zur Kontrolle selbst ein Paket. „Wichtig ist ein professioneller und zuverlässiger Dienstleister“, betont der Landwirt. Anfangs haben sie mit DHL gearbeitet, aber die Pakete haben weite Wege gemacht und waren zu lange unterwegs. Heute versenden sie über UPS.


Viele Abnehmer kommen aus Süddeutschland aus den Postleitzahlen-Gebieten 7 und 8. „Es gibt zwar auch im Süden Direktvermarkter, aber die meisten können nicht das ganze Jahr über verkaufen, weil die Herdengröße dafür nicht ausreicht“, deutet Braack dieses.


Gefragte Stücke:

Mit der Internetvermarktung ist Familie Braack dem Käuferverhalten der mittlerweile 600 festen Kunden gefolgt. Dieses hat sich im Laufe der Jahre deutlich verändert.


Während früher die meisten Abnehmer nur achtel oder viertel Tiere gekauft haben, wird heute das meiste in Paketen von 10, 15 und 25 kg verkauft. Hackfleisch gehört dabei zu den beliebtesten Produkten. Für das Kilogramm bezahlen die Kunden zwar 11 € und damit deutlich mehr als im Supermarkt. Aber Braacks legen viel Wert darauf, nur gutes Fleisch wie z. B. Bratenabschnitte zu Hack zu verarbeiten „Die Kunden wissen das und zahlen mehr“, erklärt Braack.


Mittlerweile bieten sie auch einzelne Fleischstücke wie Rouladen oder Steaks an. „Wir merken heute immer, wenn es im Fernsehen wieder eine neue Koch-show gegeben hat“, sagt der Direktvermarkter. Dann verlangen die Kunden im Laden plötzlich ausgefallene Produkte wie ein „Bürgermeisterstück“. Oder es gibt Wochen, da sind Ochsenschwänze oder Beinscheiben wegen der Nachfrage nahezu ausverkauft: „Dann hat diese Produkte wahrscheinlich ein Fernsehkoch vorgestellt“, ist sich Braack sicher.


Da einer seiner Mitarbeiter in den USA den amerikanischen Fleischzuschnitt gelernt hat, kann er ausgefallene Kundenwünsche z. B. nach einem „Flank Steak“ (Steak von der Flanke) erfüllen. Bei anderen Metzgern wäre dieses Fleisch dagegen im Hack gelandet.


Als Spezialität handelt Braack auch „Premium dry aged beef“. Dieses Roastbeef reift am Knochen in einem speziellen Trocken-Kühlschrank 60 Tage lang. Es ist sehr zart. 1 kg dieser Spezialität kostet 81 €. „Aber die Leute kaufen es regelmäßig“, berichtet der Landwirt. Und gehen einzelne Sortimente mal nicht so gut, stellt seine Frau ein „Rezept des Monats“ als Anregung dazu auf die Homepage.


Kunden fragen viel:

„Uns kommt zugute, dass wir die Tiere regional halten, das ist vielen Kunden wichtig, sie fragen nach der Haltungsform und sogar nach der Transportentfernung von der Weide bis zum Schlachthof“, hat er festgestellt. In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage nach Biofleisch stark gestiegen. Braack ist seit dem Jahr 1996 anerkannter Bio-Betrieb. Er war bis zum letzten Jahr dem Verband „Biopark“ angeschlossen, hat im Jahr 2014 aber zu Bioland gewechselt, da der Verband eine höhere Kundenakzeptanz hat und zudem für den niedersächsischen Betrieb mehr bietet.


Braack beliefert fast ausschließlich private Kunden. Gastronomen haben sich dagegen als Käufer mit einer schlechteren Zahlungsmoral erwiesen. Es fragen zwar immer mal wieder welche an, aber sie schrecken zurück, wenn Braack bei der Lieferung bezahlt werden möchte. Sie haben hauptsächlich Interesse an Edelteilen wie Filet und Roastbeef, das sich aber auch im Hof­laden und im Online-Shop gut vermarkten lässt. Das Interesse an größeren Einheiten ist bei den Gastronomen nur sehr gering, weil die jungen Köche heutzutage immer seltener lernen, richtig zu zerlegen.


Möglichst wenig Stress:

Die Rinderhaltung hat Braack auf die Fleisch­vermarktung abgestimmt. Er legt viel Wert darauf, dass die Tiere die richtige Fleischqualität bekommen und sich bis zur Schlachtung möglichst wenig aufregen. „Denn dann ist das Fleisch viel zarter als wenn sie sich beim Transport zum Schlachthof aufregen“, hat er festgestellt.


Braack bewirtschaftet heute 230 ha zwischen Buxtehude und Stade, von denen das meiste Naturschutzflächen sind, die er von der öffentlichen Hand gepachtet hat. Die Galloways sind das ganze Jahr auf der Weide. Er hat 75 Muttertiere plus Nachzucht sowie fünf Deckbullen, die er mit zwei Teilzeit-Mitarbeitern betreut. Die Mutterkühe bleiben im Schnitt bis zu einem Alter von 13 Jahren in der Herde, dann werden auch sie geschlachtet.


Die Kälber werden zwischen Februar und April geboren. Die trächtigen Kühe laufen auf einer Weide im Ort, wo er sie besser unter Kontrolle hat. Mit zehn Monaten kommt der Nachwuchs in eine große Herde, wo die gesamte weibliche Nachzucht läuft. Im Alter von drei Jahren werden sie gedeckt oder geschlachtet. „Es gibt Kollegen, die belegen die Färsen schon mit zwei Jahren, aber das ist mir zu früh, da ist das Muttertier noch nicht voll ausgewachsen und hat entweder für sich oder das Kalb zu wenig Energie“, begründet er das. Die Entscheidung fällt Braack im Frühjahr. Denn sollte das Tier geschlachtet werden, hat es noch nicht so viel Fett angefressen wie im Herbst. Da seine Tiere komplett einen Herdbuchbestand bilden, vermarktet er aber auch Zuchttiere.


Im Winter füttert er fast ausschließlich Heu, das er auf den Naturschutzflächen erntet. Mit zwei Schnitten erzeugt er im Jahr 1 200 bis 1 500 Rundballen. Je nach Naturschutzauflagen wird es im Juni oder Juli gemäht. „Das passt mir auch ganz gut, da ich strukturreiches Futter haben will“, erklärt er. Die Tiere fressen im Winter ausschließlich Heu sowie Gras von den Winterweiden. Dadurch wachsen sie langsam und lagern wenig Wasser, aber viel intramuskuläres Fett ein, was die Fleischqualität und den Geschmack verbessert.


Vier Futterplätze:

Die Tiere sind im Winter auf vier Futterplätze aufgeteilt. Das sind gepflasterte Ausläufe, von denen aus die Tiere eigenständig auf die Winterweiden gehen können. Die Futterraufen sind zudem überdacht. Die Futterraufen sind so gestaltet, dass er mehrere Rundballen hintereinander mit dem Traktor einfüllen kann. Die Menge reicht für ca. eine Woche. Jedes Tier hat einen Fressplatz, damit es keine Rangeleien gibt.


Darum ist auch Silage ungünstig für ihn: Die Ballen lassen sich nicht so lange geöffnet lagern, weil sie warm werden. Daher kann er höchstens zwei Stück auf einmal in die Raufe stellen. Dann hat jedoch nicht mehr jedes Tier einen Fressplatz und es gibt Rangkämpfe, bei denen die Tiere wieder Fett verbrennen. Die ganzjährige Außenhaltung macht die Tiere sehr gesund, er braucht höchstens bei Zwillingsgeburten hin und wieder einen Tierarzt.


Die Auslaufflächen rund um die Futterraufen hat er großzügig mit Stroh und Futterresten eingestreut. „Das mache ich, um Mist als Dünger zu gewinnen“, erklärt er. Den Mist fährt er im Frühjahr zusammen und lagert ihn auf einem Misthaufen oder bringt ihn auf den Wiesen aus. Denn als Biobetrieb darf er keinen Mineraldünger verwenden.


Im Frühjahr kommen die Tiere auf die Sommerweiden, die Besatzdichte ist je nach Fläche 0,7 bis 1,5 GV/ha. Im Jahresschnitt kommt er aber nicht auf mehr als 1 GV/ha. Jeder der fünf Deckbullen bekommt dabei eine eigene Herde. Zudem hat er vier bis fünf reine Bullenherden mit jeweils maximal 18 Tieren.


Bis Ende 2009 hat Braack die Tiere selbst geschlachtet, sein Vater hat in Jork eine eigene Schlachterei betrieben. Aber ab Anfang 2010 hätte er nach der neuen EU-Hygieneverordnung eine Reihe von Auflagen erfüllen müssen, die ihn einen fünfstelligen Betrag gekostet hätten. Seit der Zeit kooperiert er mit einem ortsansässigen Schlachter, der die EU-Zulassung besitzt und für ihn im Lohn schlachtet.


Etwa alle zwei Wochen bringt Braack ihm zwei bis drei Rinder und holt vier Stunden später die Rinder-Hälften im Edelstahlanhänger ab. Sie kommen in den Kühlraum, wo sie drei bis fünf Wochen abhängen. Anschließend zerlegen zwei Mitarbeiter, die gelernte Fleischermeister sind, das Fleisch portionsgerecht. Es wird sofort vakuumverpackt, eingeschweißt und tiefgefroren.


Ältere Tiere für die Wurst:

Ältere Kühe verwendet er hauptsächlich für Grillwurst, die entweder aus 20 % Schweinefleisch und 80 % Rindfleisch oder zu 100 % aus Rindfleisch besteht. „Die Wurst verkaufen wir auch bei Veranstaltungen, wodurch wir die Teilnahme bei Ausstellungen finanzieren und auf unser Angebot aufmerksam machen“, erklärt Braack.


Mit der Kombination „Landschaftspflege“ und „Direktvermarktung“ sieht sich Braack gut für die Zukunft gerüstet. Denn wegen neuer Autobahnbaupläne wird es in der Region immer wieder neue Flächen geben, für dessen Pflege seine Tiere gut geeignet sind. Gleichzeitig ist er überzeugt, dass die Nachfrage nach Biofleisch aus regionaler Herkunft weiter steigen wird.

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