Den Abschlussbericht des ife-Instituts für Ernährungswirtschaft mit dem Titel „Übersicht, Ableitung und Bewertung von in der Praxis umsetzbaren Mengenplanungs- und Mengensteuerungsmodellen auf Molkereiebene“ hatte die Branche mit Spannung erwartet. Denn er dürfte eine wichtige Diskussionsgrundlage für die Agrarministerkonferenz im Frühjahr sein. Dort werden voraussichtlich die Beratungen über die Modernisierung der Milchlieferbeziehungen sowie möglichen Änderungen des Artikels 148 der Gemeinsamen Marktordnung weiterlaufen. Die Zusammenfassung des Abschlussberichts lesen Sie hier.
top agrar hat verschiedene Verbände nach einer ersten Einschätzung zu den Inhalten des Abschlussberichts gebeten.
MIV studiert Schlussfolgerungen
"Mit großem Interesse nehmen wir das Gutachten zur Kenntnis und studieren dessen Schlussfolgerungen. Dies tun wir auch im Angesicht der Erstellung einer Sektorstrategie sowie den sich täglich ändernden Vorschlägen im Brüsseler Parlament zum gleichen Sachverhalt (Artikel 148 der GMO)", sagt Eckhard Heuser, Hauptgeschäftsführer vom Milchindustrie-Verband (MIV).
BDM: Plädoyer für Milchmarkt-Krisenmanagement-Konzept
Hans Foldenauer vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) erklärt: "Der ife-Bericht ist eine Zusammenfassung dessen, was dem intensiven Beobachter des Milchmarktes und der Molkereiszene längst bekannt ist, zumindest bekannt sein sollte: Es wird bestätigt, dass mit Branchenlösungen ein regelrechter Flickenteppich an ganz unterschiedlichen, einzig auf die Interessen des jeweiligen Molkereiunternehmens abgestellten Ansätzen, entstehen wird. Dabei wird ein dringend notwendiger verstärkter Wettbewerb um Rohmilch noch deutlicher ausgehebelt werden, daran ändern auch die vereinzelt schon verkürzten Kündigungsfristen nichts. Unabhängig von dieser Bewertung ist es erforderlich, die Molkereiunternehmen zu verbindlichen Vertragsabschlüssen mit konkreten Preis-, Mengen- und Laufzeitvereinbarungen mit ihren Milchlieferanten zu verpflichten.
Der ife-Bericht ist geradezu ein Plädoyer dafür, das auf EU-Ebene bestehende Sicherheitsnetz für den EU-Milchmarkt mit wirkungsvollen Kriseninstrumenten wie dem vorliegenden BDM-Milchmarkt-Krisenmanagement-Konzept zu erweitern. Die grundsätzliche Möglichkeit für Instrumente, im Krisenfall zeitlich befristet auf die EU-Milchmenge einzuwirken, ist in der Gemeinsamen Marktordnung längst geschaffen. Mit Branchenlösungen alleine wird es nicht gelingen, Milchmarktkrisen zu verhindern geschweige ihnen wirkungsvoll zu begegnen."
DRV: Veränderungen betriebsindividuell prüfen
Heinrich Schmidt vom Deutschen Raiffeisenverband (DRV) sieht das anders: „Mit dem Gutachten des ife-Instituts liegt auf Basis einer fundierten wissenschaftlichen Analyse sowie einer umfangreichen empirischen Erhebung eine breite und gute Grundlage für die Bewertung von Mengenplanungs- und -steuerungsmodellen vor. Es bestätigt zum einen, dass sich die Molkereien gemeinsam mit ihren Erzeugern in den letzten Jahren intensiver mit der Thematik befasst haben und in der Folge vielfältige Maßnahmen und Veränderungen der Mitglieder- und Lieferbeziehungen in Vorbereitung bzw. bereits in der Umsetzung sind. Zum anderen bestätigt der Abschlussbericht auch, dass entsprechende Veränderungen jeweils betriebsindividuell zu prüfen und zu entscheiden sind. Mit den individuellen Produktsortimenten der Molkereien und den unterschiedlichen Strukturen der Milcherzeugung ist die Realität differenziert, was keine pauschalen Empfehlungen zulässt.“