Der Deutsche Tierschutzbund hat die Initiative Tierwohl bislang scharf kritisiert. Jetzt arbeiten Sie mit. Warum?
Schröder: Wir wollen helfen, das aktuelle Konzept zu verbessern. Dabei bringen wir gerne die Erfahrungen aus unserem eigenen Tierschutzlabel mit ein. Unser Ziel ist, die Methodik so zu verändern, dass Tierschutz im Stall messbar wird und nachhaltig ist.
Welche positiven Ansätze sehen Sie?
Schröder: Dass Landwirte, wenn sie wirtschaftlich dazu in die Lage versetzt werden, mehr Tierschutz im Stall umsetzen. Die große Beteiligung an der Initiative Tierwohl belegt das. In jedem Fall ist der Weg richtig, den Landwirt für seinen Mehraufwand zu honorieren und in der Breite zu agieren.
Wo muss das Konzept besser werden?
Schröder: Mit dem bunten Strauß an Wahl-Kriterien kann das Konzept nicht funktionieren. Es fehlen klare Zielsetzungen und verpflichtende Basiskriterien mit einem deutlichen Mehrwert fürs Tier.
Wir kritisieren zudem, dass der Verbraucher nicht erkennt, unter welchen Bedingungen das Fleisch, das er kauft, erzeugt wurde. Der Verbraucher kann dadurch keine bewusste Kaufentscheidung treffen.
Sie kritisieren, dass der LEH kein Geld nachschießt und stattdessen immer wieder auf Billigangebote setzt. Mit 800 000 Mitgliedern im Rücken könnten Sie den Handel mächtig unter Druck setzen. Warum tun Sie das nicht?
Schröder: Wir haben bereits eine breite Kampagne gegen Ramschpreise für Fleisch im Lebensmittelhandel gestartet und entsprechend Druck gemacht. In der Presse ist unsere Aktion auf sehr große Resonanz gestoßen. Ich frage mich allerdings, warum der Bauernverband bei Billigpreiskampagnen bisher immer sehr zurückhaltend war. Wo bleibt der Einsatz für die Landwirte?
Sind gemeinsame Tierwohl-Aktionen bzw. Kampagnen mit den Bauern für Sie vorstellbar?
Schröder: Unser zweistufiges Tierschutzlabel „Für mehr Tierschutz“ ist eine gemeinsame Aktion mit Landwirten. Auch beim Thema Billigfleisch könnten wir gemeinsam viel bewegen.
Könnten Sie sich vorstellen, die Initiative Tierwohl und Ihr Tierschutzlabel mit-einander zu verknüpfen, quasi als Basis- und Premiumstufe?
Schröder: Wir sehen die Initiative Tierwohl nicht als eigene Label-Stufe, sondern eher als einen Ansatz, aus der in Zukunft ein Label entwickelt werden kann. Die Empfehlungen im Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung gehen in die gleiche Richtung: Intelligente Lösungen erarbeiten und dann sinnvoll miteinander verknüpfen.
Im Deutschen Tierschutzbund sind wir schon ein wenig stolz darauf, dass die Wissenschaft unsere Linie und unser Tierschutzlabel als richtigen Weg bestätigt. Was fehlt, ist derzeit noch die Akzeptanz bei den Landwirten – oder besser bei den Funktionären. Der Deutsche Tierschutzbund kann und will ein ernsthafter Partner der Landwirte sein.
Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes