In Deutschland gilt ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,60 € pro Stunde. Soweit die Theorie. Denn der Mindestlohn kommt nicht bei jedem Arbeitnehmer an! Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 256 Strafverfahren gegen Unternehmen der deutschen Fleischindustrie eingeleitet; davon in 83 Fällen wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Löhnen. Die angeklagten Arbeitgeber haben die Verstöße gegen das Mindestlohn- und Leiharbeitsgesetz sowie das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen bereits gestanden.
Zudem kam es seit Inkrafttreten der Selbstverpflichtungserklärung der Fleischindustrie für „attraktivere Arbeitsbedingungen“ im September 2015 auch zu Verstößen gegen die Arbeitszeitregelungen.
Einer Umfrage unter den Bundesländern zufolge handelte es sich dabei aber eher um Einzelfälle, und die Verstöße waren meist nicht gravierend. Dabei ging es beispielsweise um Überschreitungen der werktäglichen Arbeitszeit, verkürzte Ruhezeiten oder unzureichende Arbeitsschutzbedingungen. Erst kürzlich hatte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel bei der Vorlage des ersten Fortschrittsberichtes zur Selbstverpflichtung gelobt, dass es zu einer „Verbesserung der konkreten Lebenssituation tausender Werksvertragsarbeitnehmer“ gekommen sei.
Dem Bericht zufolge haben durch die Änderungen der Arbeitsbedingungen 8.148 ausländische Mitarbeiter einen deutschen Arbeitsvertrag erhalten. Gabriel hatte betont, das Erreichte sei ein wichtiger Zwischenschritt, aber die Unternehmen müssten ihre Bemühungen, unter anderem beim zugesagten Aufbau der eigenen Stammbelegschaft, noch verstärken. Zum Stichtag 30. Juni 2015 gab es rund 153 000 sozialversicherungspflichtige sowie 27 000 geringfügig entlohnte Beschäftigte (< 450 € pro Monat) in der Fleischverarbeitung.