Ein Tierschutzlabel kann dazu beitragen, den Markt für Erzeugnisse aus besonders tiergerechter Haltung zu entwickeln. Das geht aus einer vom Bundeslandwirtschaftsministerium geförderten Studie der Göttinger Agrarökonomen Prof. Achim Spiller und Prof. Ludwig Theuvsen hervor, die auf einer Fachtagung des NEULAND-Vereins für tiergerechte und umweltschonende Nutztierhaltung im Rahmen der Grünen Woche präsentiert wurde.
Die Wissenschaftler veranschlagen den Anteil der Verbraucher, die Produkte aus besonders tiergerechter Haltung bei entsprechender Vermarktung nachfragen würden, auf derzeit rund 20 %. Dem stehe aber nur ein Angebot von nicht einmal 1 % der Nahrungsmittel entgegen. Aus ökonomischer Sicht handle es sich dabei um einen Fall von Marktversagen, der durch vielfältige Faktoren wie Informationsdefizite, Zielkonflikte, Herdenverhalten und blockierte Märkte zu erklären sei.
Nach Ansicht der Projektgruppe, der neben den beiden Ökonomen Vertreter des Deutschen Tierschutzbundes, von NEULAND, dem Department für Nutztierwissenschaften der Universität Göttingen sowie des Instituts für Tierschutz und Tierhaltung des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) angehören, sollte ein Tierschutzlabel eine Reihe von Kriterien erfüllen. Insbesondere müssten die festzulegenden Tierschutzstandards oberhalb der gesetzlichen Anforderungen liegen, um die Glaubwürdigkeit des Labels zu sichern.
Plädoyer für europäische Lösung
Darüber hinaus schlägt die Projektgruppe die Festlegung eindeutiger Bewertungskriterien entsprechend dem Stand der Forschung aus den Bereichen Haltung, Management, Tiergesundheit und insbesondere Tierverhalten vor. Die Bewertung tierschutzrelevanter Aspekte sollte sich auf praktikable transparente und kommunizierbare Kriterien konzentrieren. Zur Verdeutlichung des Mehrwerts für den Konsumenten müsse ein Label mit hohem Wiedererkennungswert gefunden werden.
Wichtig sei die freiwillige Teilnahme am Labeling-System. Eigenmotivation verspreche eine höhere Dynamik und stärke die Position im Wettbewerb. Ein obligatorisches Label verlange hingegen eine flächendeckende und vergleichbare Bewertung aller Tierhaltungsformen und Tierarten und sei derzeit nicht realistisch. Einmütig plädiert die Projektgruppe für eine europäische Lösung. Allerdings sei offen, ob die EU in der näheren Zukunft einen Vorschlag entwickeln werde. Geschehe dies nicht, sollte aus Sicht der Experten eine nationale Pionierlösung angestrebt werden.