Was vor fast 40 Jahren als Selbstversorger-Projekt eines Elektronikers und einer Zahntechnikerin aus Böblingen und Sindelfingen begann, ist heute der größte Milchschafbetrieb Deutschlands. Im Schwäbischen Wald am Rand von Geifertshofen liegt der Reutebachhof der Familie Maisch, auf dem diese aktuell rund 900 Milchschafe hält. Der Betrieb mit eigener Molkerei beschäftigt neun Arbeitskräfte. Zudem ist der Hof Arbeitsplatz für fast alle Familienmitglieder.
„Wir wollten damals auf dem Land leben und konnten hier einen sanierungsbedürftigen Gasthof mit zwei Wiesen kaufen. Da haben wir dann fast jede Tierart ausprobiert“, erzählt Jürgen Maisch (60). „Irgendwann haben meine Frau Daniela und ich drei Milchschafe geschenkt bekommen und damit ging das Ganze los.“
Wenig eigene Flächen
Als die Herde auf 150 Schafe angewachsen war, siedelte die Familie 1994 an den Ortsrand aus. Mit dem Bau des Wohnhauses und der Molkerei 1997 und schließlich dem Bau des großen Stalls für 1000 Tiere 2010 erhielt der Hof sein heutiges Gesicht.
Als zugezogene „Nicht-Landwirte“ ohne eigene Flächen war und ist das Pachtland für den Betrieb ein Thema. Zwar bewirtschaften sie mittlerweile 70 ha Grünland und 20 ha Ackerland mit Kleegrasbau nach Bioland-Richtlinien. Aber das Land, das sie pachten konnten, besteht überwiegend aus kleinparzellierten Hang- oder Streu-obstflächen, die niemand mehr bewirtschaften will.
In Einheiten, die zu den Parzellengrößen passen, grasen die Schafe die Flächen in wenigen Tagen ab, danach werden sie auf neue umgetrieben. „Wichtig dabei ist ein gutes Weidemanagement“, erklärt Junior-Chef Lorenz Maisch (31). „Dann sehen die Wiesen auch sauber und gepflegt aus.“
Mit diesem Weidemanagement erreicht die Schafherde eine durchschnittliche jährliche Milchleistung von 380 Liter hauptsächlich aus dem Grundfutter. Gemolken wird in einem eigens dafür gebauten Melkhaus mit 2 x 32-Swingover-Melkstand inklusive automatischer Fütterung und Treiber. Kosten: rund 200000 €.
Auch beim Futterbau wurde aus der Not eine Tugend gemacht: Wegen der Flächenknappheit gründete der Betrieb Kooperationen mit anderen Biohöfen aus der Umgebung, sodass er auf insgesamt etwa 150 ha zurückgreifen kann.
Für das hochwertige Grundfutter (Heu, Gras, Grassilage) erhalten die Partner neben der Entlohnung wertvollen Schafmist. „Das hat nicht nur wirtschaftliche Vorteile“, meint Lorenz Maisch. „Durch diese Kooperationen entsteht ein soziales und berufliches Netzwerk, von dem wir alle profitieren.“
Mit mittlerweile etwa 50 Handels- und Vertriebspartnern unterschiedlichster Größenordnung steht der Vertrieb der eigenen Molkereiprodukte – hauptsächlich Trinkmilch, Weich- und Frischkäse sowie Joghurt und Quark – im Fokus des Unternehmens. „Da ist die Vermarktung sehr aufwendig geworden“, sagt Lorenz Maisch.
Wettbewerb durch Importe
„Auf den Markt für Bioschafmilch drängen jetzt immer mehr Anbieter aus dem europäischen Ausland, und den Preiskampf, der sich da entwickelt, bekommen auch wir zu spüren.“
Um profitabel wirtschaften zu können, braucht der Reutebachhof einen Milchpreis von über 1,50 € pro Liter, womit er mit seinen Produkten im oberen Preissegment liegt. Trotzdem blickt Familie Maisch positiv in die Zukunft: Wenn sie ihre Lämmer zur Aufzucht abgeben könnte, würden sie die Milchproduktion gerne noch weiter steigern.
„Die Milchschafhaltung in Deutschland wird eine Nische bleiben“, glaubt Lorenz Maisch. Die Abneigung gegen den kleinen Wiederkäuer sei beim klassischen Landwirt immer noch groß.“ Das fange schon in der Ausbildung an. „Im Gegensatz zu Frankreich oder Holland finden Schafe und Ziegen in unserem Lehrplan gar nicht statt.“
Seine Empfehlung an Neueinsteiger lautet: Ohne ein gutes Vermarktungs-konzept funktioniert die Milchschafhaltung nicht.
Und Daniela Maisch (58) rät: „Wer vorher mit Rindern gearbeitet hat, der tut sich vielleicht mit Milchziegen leichter. Schafe brauchen einen ganz bestimmten Umgang, eine passende Atmosphäre. Ein beleidigtes Schaf gibt keine Milch.“Christiane Kretzer