Die Biomolkereien scheinen zu den Gewinnern der Coronakrise gehören, weil viele Verbraucher für den Konsum zu Hause Bioprodukte bevorzugen. Wie stark stieg die Nachfrage?
Rüdiger Brügmann: Molkereien, die das Frischesortiment anbieten und den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) sowie Discounter beliefern, haben mengenmäßig die größten Zuwächse. Laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) stieg die Produktion von Biotrinkmilch beim Vergleich von März 2019 mit März 2020 um 19 % an. Biokäse und Biobutter legten um 12 % zu. Insgesamt stieg die Trinkmilchmenge inklusive konventionell erzeugter Milch in diesem Monatsvergleich aber nur um 11 %.
Fiel der Wegfall des Exports und der Außer-Haus-Verpflegung für die Biomolkereien nicht ins Gewicht?
Brügmann: Der Export spielt für die Biounternehmen keine so große Rolle wie bei der konventionellen Milch. Sie sind auf regionale und inländische Absatzwege ausgerichtet. Die Biomolkereien und Biokäsereien sind in ihren Absatzkanälen breit aufgestellt. Rückgänge im Export oder im Außer-Haus-Verzehr konnten sie vielfach umleiten.
Erste Molkereien, wie zum Beispiel die Andechser Molkerei Scheitz, suchen bereits wieder neue Lieferanten. Rechnen Sie auch nach der Coronazeit mit einem nachhaltigen Anstieg der Nachfrage nach Biomilchprodukten?
Brügmann: Aktuell hat sich die Nachfrage wieder normalisiert, sie steigt aber kontinuierlich weiter an. Es stimmt, erste Molkereien in Oberbayern, Schwaben/Allgäu und in der Oberpfalz haben angefangen, ihre Wartelisten aufzumachen und neuen Interessenten eine Zusage zu geben. Lieferbeginn ist dann 2021 oder 2022. Betriebe, die an eine Umstellung denken, sollten aber – wie immer – unbedingt vorher mit der fraglichen Molkerei die Aufnahme verbindlich vereinbaren. Hier hilft auch Bioland als erste Anlaufstelle.
Einzelne Molkereien ziehen auch mit den Milchpreisen an. Ist da noch Luft nach oben?
Brügmann: Im April sind die Preise zwar bei einigen Biomolkereien durch saisonale Abschläge etwas zurückgegangen, doch vereinzelt gab es auch Erhöhungen bei den Grundpreisen, allerdings auf niedrigem Niveau. Es ist keine Frage: Die Biomilchpreise müssen steigen, die Kosten für die Produktion sind hoch und aktuell deutet sich vielerorts eine weitere Dürreperiode an.
Dieser Artikel erschien in der Südplus 06/2020. Jetzt testen.