Ex-Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich hält sein Handeln in der Edathy-Affäre für vollkommen richtig und notwendig. „Mir war von Anfang an klar, es gibt nur einen, der das wissen muss: Das ist der SPD-Vorsitzende“, sagte Friedrich am Dienstag dem ZDF-Morgenmagazin. Wenn es ein Gesetz gebe, das jemanden zwinge, Schaden nicht vom Deutschen Volk abzuwenden, dann gehöre es abgeschafft.
Der Rücktritt nagt erkennbar an dem CSU-Politiker. Er müsse jetzt mit der Frage klarkommen, warum er für eine Pflichterfüllung habe zurücktreten müssen. Dazu habe es aber keine Alternative gegeben: „Wenn ich ein Ministerium führe, das für die Zukunft unseres Landes wichtig ist und immer wichtiger wird, brauche ich das Vertrauen der Kanzlerin und das Vertrauen meines Parteivorsitzenden. Wenn ich das nicht mehr habe, bleibt mir doch gar nichts anderes übrig“, beschreibt der Franke die Entwicklung am vergangenen Freitag. In Berlin wird das auch als deutliche Kritik an Angela Merkel und Horst Seehofer gewertet.
Ihn ärgere vor allem, dass „Winkeladvokaten und Rechtsverdreher“ kalte Füße bekommen hätten. Friedrich meint damit die Bewertung, dass seine Information an SPD-Chef Gabriel als damaliger Innenmister als Weitergabe eines Dienstgeheimnisses zu werten ist. Ob das rechtlich so sehen kann und ob die Staatsanwaltschaft ermitteln muss, wird derzeit noch geprüft.
Die letzten 24 Stunden vor dem Rücktritt
Der Rücktritt von Friedrich war sicher einer der schnellsten in der Geschichte der Bundesrepublik. Hier die Chronik im Überblick:
- Am 13. Februar macht der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann – telefonisch abgestimmt mit Friedrich - öffentlich, dass der damalige Bundesinnenminister Friedrich im Oktober den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel darüber informiert habe, dass bei Ermittlungen im Ausland der Name von Sebastian Edathy aufgetaucht sei.
- Am Morgen des 14. Februar gibt es aus den Reihen der FDP und der schleswig-holsteinischen SPD erste Rücktrittsforderungen an Minister Friedrich.
- Um 9 Uhr berät sich Friedrich mit CSU-Chef Horst Seehofer und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Ergebnis: Friedrich soll im Amt bleiben.
- Telefonisch holt sich Friedrich die Rückendeckung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und erklärt gegen Mittag der Presse, dass er im Amt bleiben werde, solange es keine Ermittlungen gegen ihn gebe.
- Kurz nach Mittag macht sich Friedrich auf den Weg in seinen Wahlkreis. Unterwegs erreicht ihn der Anruf der Kanzlerin, die ihm mitteilt, dass der öffentliche Druck zu groß geworden sei und sie keine Perspektive mehr sehe, Friedrich im Amt zu halten. Der Noch-Minister kehrt nach Berlin zurück.
- Um 17 Uhr erklärt der CSU-Politiker seinen Rücktritt vom Amt des Landwirtschaftsministers.
Kurz vor seinem Rücktritt sprach Hans-Peter Friedrich noch mit top agrar über die Ziele und Schwerpunkte seiner Arbeit in der kommenden Legislaturperiode. Er wollte sein Ressort zu einem Wirtschaftsministerium für den Ländlichen Raum machen, den Schutz des Eigentums wieder stärker in den Fokus rücken, aber auch den Dialog mit den Verbrauchern und der Gesellschaft neu beleben, um die Akzeptanz der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit zu verbessern.
top agrar kann und will Ihnen die zentralen Botschaften des Ex-Ministers nicht vorenthalten. Als das neue Heft am Freitagmorgen (14. Februar um 10 Uhr) in Druck ging, war nicht absehbar, ob und wann Friedrich zurücktreten würde. Außerdem sind Friedrichs Inhalte wichtige Leitplanken für die Arbeit des neuen Landwirtschaftsministers Christian Schmidt.
top agrar-Interview mit Friedrich
Lesen Sie das Vermächtnis von Hans-Peter Friedrich und den Kommentar von Chefredakteur Dr. Ludger Schulze Pals in der heute erscheinenden März-Ausgabe von top agrar.
Kommentar: Bauernminister ist Bauernopfer
Die einen halten es für eine riesige Eselei, die anderen für einen Akt des Vertrauens. Tatsache ist, dass Hans-Peter Friedrich ziemlich lax mit einem Amtsgeheimnis umgegangen ist. Weil er die SPD davor bewahren wollte, den Abgeordneten Edathy zum Staatssekretär oder Minister zu berufen, gab er „nach besten Wissen und Gewissen“ interne Informationen weiter. Das nehmen ihm auch alle ab. Und dennoch musste Friedrich gehen. Die Kanzlerin will keine angezählten Minister.
Der Abgang des Franken ist schade. Friedrich hat schnell ins Amt gefunden und sich dort „sehr wohl gefühlt“, wie es enge Mitarbeiter formulieren. Für ihn standen Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit ganz vorne. Er wusste aber auch: Tier- und Umweltschutz sind für die Akzeptanz der heutigen Landwirtschaft wichtig. Man darf die Landwirte dabei aber nicht überfordern. Deshalb wollte er den Dialog zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft neu beleben. Alles richtige Ansätze. Das
, das Friedrich top agrar kurz vor seinem Rücktritt gab und das am Tag des Rückzugs (14.2.) schon gedruckt war, ist jetzt fast ein Vermächtnis für den Nachfolger Christian Schmidt (56).
Der Jurist ist stellvertretender CSU-Vorsitzender und war zuletzt Parlamentarischer Staatssekretär im Entwicklungshilfeministerium. In der CSU hat er sich vor allem mit Außen- und Sicherheitspolitik befasst. Der Franke muss schnell in die Spur finden. Die Landwirte brauchen einen starken Minister.