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Wildtierforscher erklären

Stiller Abschied vom Iltis

Denkt man an selten gewordene Wildarten, kommt man meist nicht gleich auf den Iltis. Dabei ist der „verkehrt gefärbte Marder“ (helle Oberseite, dunkler Bauch) in der Natur immer seltener anzutreffen.

Lesezeit: 5 Minuten

Unsere Autoren: Johann Lanz, Wildbiologische Forschungsstelle Landesbetrieb Hessen-Forst und Dr. Luisa Fischer, Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung NRW. Dieser Text ist zuerst erschienen im Rheinisch-Westfälischen Jäger 2/2025.

Seinen Verbreitungsschwerpunkt hat der Iltis im Nordwesten Deutschlands mit einem Schwerpunkt im nordwestlichen Nordrhein-Westfalen. Vor allem in den östlichen Bundesländern ist er selten anzutreffen.

Die Jahresstrecke 2022-23 mit knapp 8.000 liegt deutschlandweit etwa auf der des Baummarders. Schaut man jedoch in die rote Liste der Säugetiere Deutschlands, wird deutlich, warum man den Ratz nicht mehr allzu häufig antrifft. Abgesehen vom als ausgestorben geltenden europäischen Nerz, ist er der einzige Marder, der in seiner Häufigkeit nur als selten geführt wird. Noch bedenklicher ist die in der roten Liste festgestellte negative Besatzentwicklung unbekannten Ausmaßes. Auch in den meisten westeuropäischen Ländern ist ein Rückgang festgestellt.

Vielfältiger Speiseplan mit gewissen Vorlieben

Eine rückläufige Entwicklung würde man beim Nahrungsgeneralisten Iltis erstmal nicht vermuten. Schließlich ist er sehr anpassungsfähig. Oft spiegelt sein Beutespektrum die Nahrungsverfügbarkeit wieder.

Schaut man etwas genauer hin, zeigen sich bevorzugte Nahrungsquellen. Vor allem Wildkaninchen scheinen in vielen Lebensräumen eine besonders wichtige Beute zu sein. In Großbritannien ernährte sich der Marder hauptsächlich von Wildkaninchen, bis die Besätze wie auf dem europäischen Festland wegen RHD und Myxomatose zusammenbrachen.

Beide Viruserkrankungen wurden erst in jüngerer Vergangenheit durch Menschen nach Europa gebracht. In einigen Regionen Deutschlands haben sie die Wildkaninchenbesätze vollständig ausgelöscht.

In gewässernahen Lebensräumen sind Kaninchen als Beute für Iltisse dagegen nahezu unbedeutend. Dort sind Amphibien mit Abstand die wichtigste Beute (über 94% der aufgenommenen Biomasse). Allerdings ist es auch um sie nicht besonders gut bestellt. Amphibien zählen in Deutschland zu den am stärksten gefährdeten Wirbeltieren, hauptsächlich zurückzuführen auf die massive Veränderung der Landschaft durch den Menschen, besonders durch die Trockenlegung vieler Feuchtlebensräume.

Auch neuartige eingeschleppte Pilzinfektionen setzen Amphibien in heimischen Wäldern zu. Der Wegfall dieser bedeutenden Beutekategorien kann selbst für Generalisten wie Iltisse zum Problem werden.

Gelege-Prädation durch Iltisse?

Dazu bringt man den Iltis oft in Verbindung mit der Prädation von Bodengelegen und für viele Jäger ist die Hege von Rebhuhn und Fasan ein wichtiges Argument zur Bejagung. Im Gegensatz dazu besteht kein Zweifel daran, dass besonders von Wanderratten eine erhebliche Prädation der Bodenbrüte ausgeht. Vor diesem Hintergrund sollte man vielleicht auch einmal darüber nachdenken, einen der effektivsten Prädatoren der Ratte, eben den Ratz, ganz bewusst zu schonen.

In einer finnischen Studie mit künstlich ausgebrachten Nestern spielten Iltisse allerdings kaum eine Rolle. Selbst wenn sie die Gelege fanden, wurden die Eier nicht aufgenommen. Allerdings wurden insgesamt nur wenige Iltisse beobachtet. Eine ähnlich aufgebaute Studie aus Polen kommt für manche Lebensraumtypen zu anderen Ergebnissen. Entlang strukturreicher Randlinien und in Kieferwäldern war der Iltis der bedeutendste Nesträuber.

Während der zwölfjährigen Untersuchung zeigten sich aber starke Schwankungen für verschiedene Prädatoren. In manchen Jahren spielten Iltisse eine wesentlich geringere Rolle. Diese deutlich unterschiedlichen Ergebnisse zeigen, dass die Prädation von Bodengelegen ein komplexes Beziehungsgefüge ist und sich örtlich stark unterscheiden kann.

Doppeltes Verkehrsopfer und schleichende Vergiftung

In strukturarmen Gegenden nutzen Iltisse gern Straßenböschungen und Gräben, selbst entlang von Autobahnen zur Nahrungssuche. Das erhöht einerseits die Gefahr direkter Verkehrsopfer durch Kollisionen mit Fahrzeugen und führt zudem zu erhöhten Belastungen durch giftige Chemikalien entlang von Straßen, etwa durch Reifenabrieb. Nehmen Iltisse dort bereits schadstoffbelastete Beute auf, reichern sich solche Giftstoffe im Verlauf ihres Lebens in den Kleinbeutegreifern an.

In diesem Zusammenhang könnte die Abnahme der Wildkaninchen dem Iltis doppelt zu schaffen machen - durch deren Wegfall muss er auf andere Beute ausweichen. So belegen aktuelle Studien aus Großbritannien Mausegiftbelastungen in der Leber von Iltissen. Dies könnte auf den höheren Anteil bereits giftbelasteter Ratten und anderer Nagetiere in der Nahrung zurückzuführen sein. Damit besteht ein klarer Zusammenhang zwischen dem Alter der Iltisse und der entdeckten Giftbelastung - je älter ein Tier, desto höher die Belastung.

Jagd heißt Verantwortung

Neben klassischer Jagd bringt vor allem der Naturschutz viele Jägerinnen und Jäger dazu, ihre Freizeit und oft nicht nur unerhebliche finanzielle Mittel in die Jagd und das eigene Revier zu investieren. Durch das Jagdrecht sind dort vorkommende Arten nicht nur jagdbar, sondern auch der Verantwortung der Jäger übertragen.

Durch die menschlich überprägte Landschaft stehen viele Arten vor teils großen Herausforderungen - vor allem Offenland-Arten sind davon betroffen.

Mehr Wissen nötig

Was heute noch häufig ist, kann morgen selten sein - aber es geht auch umgekehrt. Daher sollten wir Jäger unsere Verantwortung wahrnehmen und im eigenen Interesse die Entwicklung von Arten genau beobachten, um entgegenzusteuern, wo es nötig ist.

Der Ratz ist in der FFH-Richtlinie gelistet, woraus sich naturschutzfachlich eine besondere Verantwortung ergibt. Trotz dieser Verantwortung weiß man derzeit überraschend wenig über seine aktuelle Verbreitung oder den Zustand der Besätze. Es gibt Hinweise darauf, dass der ehemals häufige kleine Räuber in der modernen Kulturlandschaft zu den Verlierern zählt. Seine bevorzugten Jagdreviere entlang von Straßen, der Rückgang wichtiger Nahrungsquellen und eine erhöhte Giftbelastung von Beutetieren scheinen ihm zuzusetzen.

LANUV und Hessenforst bitten um Hilfe der Jäger

Daher wird derzeit in NRW und Hessen ein Todfundmonitoring aufgebaut. Verändete Iltisse werden auf mögliche Krankheiten und Schadstoffbelastung untersucht. Dazu sind Nahrungsanalysen geplant. Außerdem lässt sich über den Fundort auf die aktuelle Verbreitung schließen.

  • Dazu sollte man Wildkamerafotos oder Motive von Fallenfängen einsenden.

  • Zur Auswertung und Erstellung von Verbreitungskarten sind unbedingt GPS-Koordinaten der Kamera- und Fallenstandorte nötig.

  • Für das Todfundmonitoring werden Jäger aus NRW gebeten, in Revieren tot aufgefundene oder erlegte Iltisse einzuschicken.

Die Abgabe der Tierkörper erfolgt unter Berücksichtigung des Aneignungsrechts der zuständigen Jagdausübungsberechtigten bei den NRW-Veterinäruntersuchungsämtern. Zur Datenauswertung ist eine möglichst genaue Fundortbeschreibung nötig, samt Name und Telefonnummer des Finders.

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