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Ackerbau in England: Der Zahlenfuchs

Ackerbauer Philip Chamberlain setzt auf schanke Organisation, preiswerte Düngung und zusätzliche Standbeine. Ich liebe Zahlen“, erklärt Philip Chamberlain (62) geradzu stolz. Er bewirtschaftet seit 38 Jahren die Battle Farm in Preston Crowmarsh, südlich von Oxford. Als 24-Jähriger übernahm er frisch von der College-Bank den Betrieb nach dem frühen Tod seines Vaters.

Lesezeit: 6 Minuten

England war einmal das Mekka des Ackerbaus: Getreideerträge auf höchstem Niveau, der legendäre 10 t-Club, Pfluglos Pioniere - all das machte die Insulaner interessant und lockte deutsche Ackerbauern auf die Insel. Und heute? Vorbei die glorreichen Zeiten..., heißt es im Vorspann des top agrar-Beitrags "England: Den Ackerbau völlig ausgereizt" (10/2012).Hier eine weitere Reportage...




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Ich liebe Zahlen“, erklärt Philip Chamberlain (62) geradzu stolz. Er bewirtschaftet seit 38 Jahren die Battle Farm in Preston Crowmarsh, südlich von Oxford. Als 24-Jähriger übernahm er frisch von der College-Bank den Betrieb nach dem frühen Tod seines Vaters. Seit 100 Jahren leben Chamberlains nun in 3. Generation auf der Battle Farm. Heute besitzen sie 495 ha, 130 ha sind kurzfristige Pachtverträge im Rahmen der relativ neuen Pachtgesetzgebung FBT (Farm Business Tenancy). Weitere 860 ha (4 Farmen) bewirtschaftet der zahlenverliebte Ackerbauer im Rahmen von Bewirtschaftungsverträgen.

 

Als er die Farm, die damals deutlich kleiner war, als junger Mann übernahm, arbeiteten dort 13 Angestellte. Heute sind es neben ihm nur noch 2 Voll-AK, 1 Student (Ein-Jahres-Vertrag) und 2 Aushilfskräfte im Sommer.

 

Durch komplettes Umstellen auf pfluglose Bodenbearbeitung im Jahr 1997 hat er die Arbeitserledigungskosten deutlich gesenkt. Zudem hat er die Technik des Betriebes auf die wichtigsten Schlüsselmaschinen reduziert (siehe Liste Maschinenbesatz).


Pflügen bei Bedarf


Auf den ersten Blick sieht die Bodenbearbeitung auf der Battle Farm verblüffend einfach aus: Zu Winterweizen wird der flexible Grubber (Väderstad Topdown, 7 m Arbeitsbreite) nur einmal und bei Bedarf zweimal eingesetzt. Zu Raps bearbeitet Chamberlain den Boden tiefer (25 bis 30 cm). Dazu verwendet er eine spezielle Rapsdrille, die mit einem Tiefenlockerungsschar ausgerüstet ist (4,5 m Arbeitsbreite).

 

Mit der reduzierten Bodenbearbeitung, die er seit 1997 konsequent auf seinem Betrieb umsetzt, kapituliert er auch vor dem Ackerfuchsschwanz-Problem. Flächen, die mit resistentem Ackerfuchsschwanz oder mit Trespen verseucht sind, pflügt er und baut dort mittlerweile Sommerackerbohnen an. Diese werden mit einem Schleudersteuer ausgebracht. Anschließend wird gedüngt und gepflügt.


Wichtiger Weizen


Chamberlain baut nur Mähdruschfrüchte an wie Winterweizen (752), Winterraps (300 ha), Sommergerste (146 ha), Sommerackerbohnen (45 ha). Der Rest ist Grünland, Brache und Umweltflächen. „Damit ich eine Kultur anbaue, muss sie drei Voraussetzungen erfüllen“, erklärt der Farmer. „Sie muss die vorhandenen Maschinen auslasten, eine Mähdruschfrucht und lagerfähig sein.“

 

Die wichtigste Kultur ist Winterweizen. 55 % sind davon Qualitätsweizen (Stufe 1 und 2), vor allem für die Brot- und Keksherstellung. 25 % sind Stufe 3 und der Rest Stufe 4 (Futterweizen). Insgesamt baut er 8 Weizensorten an. Bei der Sortenwahl richtet er sich nach dem, was der Markt verlangt und welche Sorten in der Sortenliste gut abschneiden.  Das Ertragsniveau liegt im langjährigen Schnitt bei 8,5 t/ha Winterweizen, 6,5 t/ha Wintergerste, 3 t/ha Winterraps, 3,7 t/ha Sommerbohnen, 5 t/ha Sommergerste.


Der Mähdrusch ist „Chefsache“ auf der Battle Farm. „Das hat auch den Vorteil, dass ich einmal im Jahr jede Fläche von oben sehe“, so Kontroll-Freak Chamberlain. In 20 Tagen erntet er bei einer Tagesleistung von im Schnitt 60 ha seine Flächen. Wenn es eng wird, greift er auf Lohnunternehmer zurück.

 

Der Betrieb verfügt über einen Durchlauftrockner (32 t/Std.) mit Vorreiniger und Reiniger. Die Lagerkapazität beträgt insgesamt 8 500 t.


Dumping-Düngung


Kostenbewusst hat der Engländer auch die Düngung organisiert. Das Stroh geht komplett direkt in der Ernte ab Feld weg. Er tauscht es gegen Schweinemist. Außerdem düngt er 17 bis 20 t/ha/Jahr Kompost. Diesen bekommt er zum Teil kostenlos von einer Kompostieranlage, die auf einer seiner Flächen steht. Die Kompostieranlage verwertet Abfälle aus der Lebensmittelindustrie und den Inhalt der grünen Tonne aus Privathaushalten. Der Kompost  enthält viel Phosphor und Kali, das spart Grunddünger, aber nur wenig Stickstoff. Diesen düngt der englische Ackerbauer hauptsächlich in flüssiger Form als AHL.  „Feste N-Dünger sind bei uns nur schwr einzusetzen“, so Chamberlain. „Wegen der Angst vor terroristischen Anschlägen, mit N-Düngern lassen sich Bomben bauen, gelten sehr hohe Sicherheitsauflagen für die Lagerung.“

 

Eine weitere Option, preiswert an Nährstoffe zu kommen, wird sich für den findigen Farmer ab Anfang nächsten Jahres ergeben. Dann geht eine Biogasanlage, die auf ebenfalls seinen Flächen derzeit gebaut wird. Er selbst beteiligt sich nicht am Bau der Anlage. „Ich will den Nutzen und kaufe aber von meinen Gewinnen lieber Land. Das ist mir sicherer“, stellt er fest.

 

Und noch eine, wenn auch kleine Quelle für organischen Dünger nutzt er, um die Fruchtbarkeit seiner kalkhaltigen, zum Teil steinigen Lehmböden zu erhalten und zu fördern: Auf 60 ha rotiert ein Vertragslandwirt mit Outdoor-Sauenhaltung.


Precision farming


Diese Technik nutzt der Betrieb seit einigen Jahren. Damit versucht Chamberlain die Arbeitseffizienz weiter zu verbessern und Arbeiten wie, z. B. den Pflanzenschutz, umweltfreundlicher zu gestalten. Der Betrieb setzt seit Jahren – er war einer der Pioneere – die Ertrags- und Bodenkartierung, automatische Lenksysteme, Teilbreitenschaltung bei der Pflanzenschutzspritze und einen N-Sensor bei der N-Düngung ein. An der GPS-Technik schätzt Chamberlain auch, dass diese seine Mitarbeiter entlastet und ihnen ermöglicht, sich auf ihre durchzuführenden Arbeiten besser zu konzentrieren.


Gebäude umgenutzt


Die dichte Besiedlung Englands bereitet den Landwirten einerseits Probleme, weil die Bevölkerung der Landwirtschaft zum Teil sehr kritisch gegenübersteht. Sie bietet ihnen aber auch Chancen. So hat Philip Chamberlain im Laufe der letzten Jahre nahezu alle älteren Farmgebäude denkmalgerecht mithilfe von Architekten umgenutzt. So hat er vor 10 Jahren allein in den Umbau ehemaliger Ställe in zehn Büros über 618 000 € investiert. Mittlerweile vermietet Battle Farm auf knapp 13 500 m2 Bürofläche. Eine alte Wagenremise ist zudem umgenutzt zu einem Tagungsraum.

 

Weitere Einnahmequellen hat er sich erschlossen durch das Aufstellen von Telefonmasten auf seinen Flächen, einen Schießplatz, ein Tiergehege mit Alpakas und Schweinen sowie einen Bio-Marktgarten.

 

Nicht ohne Hintergedanken öffnet Chamberlain seit 1996 die Tore seiner Farm. Um einer breiten Öffentlichkeit zu zeigen, wie integrierter Pflanzenbau funktioniert, lädt er Landwirte, Medien, Politiker, Firmengruppen, Lehrer und andere Meinungsbildner regelmäßig auf seinen Betrieb ein. Er ist Mitglied des nationalen Netzwerkes LEAF (Verbindung Umwelt und Landwirtschaft), dem englischen Pendant zur deutschen FNL (Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft).


Nachfolger in Sicht!


Und wer tritt die Nachfolge in dem Agrarimperium an, das Philip Chamberlain in den letzten 38 Jahren aufgebaut hat? Zunächst sah es so aus, dass seine beiden Söhne kein Interesse an der Landwirtschaft haben. Der eine Sohn hat Landschaftsarchitektur studiert und der andere ist Ingenieur. Doch beide wollen auf den Betrieb zurückkehren und sich künftig die Arbeit teilen: Der Landschaftsgärtner will den Ackerbau managen, und der Ingenieur will sich um das mittlerweile umfangreiche Vertragswesen des Unternehmens kümmern. Dass ihr Vater schon bald die Füße hochlegen wird, damit können sie allerdings nicht so bald rechnen.


Maschinenbesatz der Battle Farm


Für die Bewirtschaftung der rund 1 500 ha Ackerland hat sich Philip Chamberlain auf folgende Schlüsseltechnik beschränkt:

  • 1 Mähdrescher (MF Delta 9280 AL)
  • 3 Schlepper (Challenger 875, Fendt 716, JCB 3200-65)
  • 2 Radlader (Manitou 741-120, JCB 541-70)
  • 1 Selbstfahrerspritze (Rogator 716, ausgerüstet mit Chafer-Spritze 5 000 l, 32 m)
  • 1Drille (Väderstad Rapid 800S, 8 m)
  • 1 Rapsdrille mit Tiefenlockerer (4,5 m)
  • 1 8-t-Düngerstreuer (Bredal)
  • 1 flexibler Grubber (Väderstad Topdown, 7 m)
  • 2 Walzen (12 m)
  • weitere Bodenbearbeitungsgeräte und Anhänger
 

 

 

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