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Ackerfuchsschwanz: Schonen Sie ihn nicht!

Lesezeit: 9 Minuten

Wie gut lässt sich Fuchsschwanz bei uns vor allem mit Bodenherbiziden noch bekämpfen? Verschiedene Herkünfte getestet hat Günter Klingenhagen, LWK Nordrhein-Westfalen.


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Bei der Strategie gegen Ackerfuchsschwanz sind Bodenherbizide auf Basis von Flufenacet besonders wichtig. Flufenacet-haltige Produkte sind beispielsweise Herold, Cadou SC, Cadou Forte oder Malibu. Bei stark zu­nehmenden Resistenzen müssen wir uns mittlerweile allerdings die Frage stellen: Sind verschiedene Fuchsschwanz-­Herkünfte bei gleichen Umweltbedingungen unterschiedlich empfindlich gegenüber Bodenherbiziden?


Herkünfte geprüft:

Zu dieser Frage haben wir in den Jahren 2009/10 und 2010/11 Versuche im Freiland durchgeführt. Dazu wurden Ackerfuchsschwanz-Proben aus verschiedenen Regionen Deutschlands auf einem Acker der LWK Nordrhein-Westfalen gesät. Der Sand- boden (1,9 % Humus, pH-Wert 5,8) enthielt bis dahin keine Ackerfuchsschwanz-Samen.


Das Fuchsschwanz-Saatgut kam von 2 Problemstandorten an der Ost- und Westküste Schleswig-Holsteins. Aus Nordrhein-Westfalen kamen 3 Proben. In zwei Fällen (Warendorf, Coesfeld) handelte es sich um Flächen mit schwer bekämpfbarem Fuchsschwanz. Auf dem dritten Standort (Bonn) gab es dagegen noch keine Bekämpfungsprobleme. Die Herkünfte Warendorf und Coesfeld stammen von Tonböden im Münsterland, die rheinische Herkunft von einem sandigen Lehmboden. Als Kontrollvariante diente ein sen­sitiver Stamm, bezeichnet als Appel (siehe Übersicht 1).


Zusammen mit 100 Körnern/m2 Winterweizen wurden Ende September 2009 gut 1 000 keimfähige Fuchsschwanz-­Samen je m² und Probe in 40 m lange, parallel zueinander verlaufende Streifen gedrillt. Die Aussaat erfolgte in doppelter Überfahrt mit Ablagetiefen von 0,5 und 2,5 cm. Quer zu den Sästreifen haben wir am 14.10.2009 in EC 00 bis 10 die Bodenherbizide Cadou SC, Herold SC, Stomp Aqua, Boxer und IPU eingesetzt. Zu dieser Zeit war der Boden feucht, feinkrümelig und abgesetzt.


Der Einsatz von Kerb Flo erfolgte am 18.11.2009 in EC 12 bis 13. Die Frühjahrsprodukte Atlantis OD, Roundup Ultra Max, Targa Super, Focus Ultra, Select 240 EC und Motivell wurden am 27.04.2010 in EC 29 appliziert. Die Spritzbreite lag bei jeweils 2 m.


Schwächelt Flufenacet?

Die Wirkungsgrade der einzelnen Herbstvarianten entnehmen Sie Übersicht 2 auf Seite 90. Hier die wichtigsten Ergebnisse:


  • Mit Cadou SC ließen sich die Herkünfte Appel und Bonn zu 100 % bekämpfen. Dies gelang bei den übrigen Herkünften nicht. So erreichte das Bodenherbizid gegen den Fuchsschwanz von der Ostküste nur einen Wirkungsgrad von 80 %. Die Zugabe von 120 g/ha Diflufenikan über Herold steigerte die Wirkung um gut 5 %.
  • Extrem unterschiedlich war die Empfindlichkeit der Proben gegenüber Stomp Aqua und Boxer. Während diese Herbizide die Herkünfte Appel und Bonn um 75 % dezimierten, reagierten die übrigen kaum noch. Zumindest in Bezug auf Boxer kam das Ergebnis unerwartet, da der Wirkstoff nach dem „Herbicide Resistance Action Committee“ (HRAC) einer anderen Wirkklasse angehört und bislang als Resistenzbrecher gilt.
  • Ein anderes Muster zeigte die IPU-­Variante mit Arelon Top. Diese erreichte z. B. gegen die Westküsten-Herkunft eine Wirkung von 70 % und lag damit auf dem Niveau der sensitiven Kontrolle. Die Herkunft aus Warendorf, die an regelmäßigem IPU-Einsatz gewöhnt ist, reagierte dagegen nicht.
  • Das Rapsherbizid Kerb Flo bekämpfte alle Fuchsschwanz-Herkünfte zu 100 %!


Bei den Frühjahrsvarianten lag die Wirkung von Atlantis gegen Appel und Bonn bei 98 % (siehe Übersicht 3, Seite 91). In den übrigen Parzellen schwankte der Erfolg dagegen von 40 bis 85 %. Die 40 %ige Wirkung gegen die Warendorf-Herkunft passte zu einer am Standort festgestellten Resistenz gegenüber Atlantis. Bemerkenswert war das Ergebnis von der schleswig-holsteinischen Ostküste. Zwar lag der Wirkungsgrad von Atlantis OD hier bei 85 %. Allerdings wurde das Herbizid auf diesem Standort noch nie angewendet.


Der Einsatz der „Fops“ und „Dims“ zeigte Folgendes: Mit Targa Super (Fop) ließen sich neben „Appel „und „Bonn“ auch die Herkünfte aus Warendorf und Coesfeld gut bekämpfen, wo Getreide und Mais die Fruchtfolge bestimmt. An der Ostküste wirkte Targa Super dagegen kaum noch. Hier steht vor allem Getreide und Raps in der Fruchtfolge. Auch Focus Ultra (Dim) konnte gegen die Ostküsten-Herkunft fast nichts ausrichten.


Das Maisherbizid Motivell bekämpfte die Herkünfte aus Warendorf und von der Ostküste zu 95 %. Nur das Glyphosat Roundup Ultra Max schaltete alle Herkünfte zu 100 % aus.


Neue Qualität der Resistenz!

Im Herbst 2010 wurde der Versuch um Fuchsschwanz-Populationen aus Ostfriesland, der Schwäbischen Alb, aus dem Märkischen Kreis und aus Hannover ergänzt. Die Probe von der schleswig-holsteinischen Westküste wurde in 2010 von einem anderen Standort gewonnen als in 2009. Die Ostküsten-Herkunft war mit Samen der Ernte 2009 und 2010 vertreten.


Die Aussaat fand am 6.10.2010 statt. Zwei Tage später erfolgte der Boden-her­bizid-Einsatz. Zum Kerb-Termin am 22.11. hatten die Ungräser 2 bis 3 Blätter gebildet. Die Frühjahrsbehandlung folgte am 8. März in EC 25 und damit deutlich früher als im Jahr zuvor. Die Varianten entsprachen denen des Vorjahres. Lediglich Cadou SC ersetzten wir durch das Rapsherbizid Fuego. Zudem wurde die Kombi 3,0 l/ha Gardo Gold + 2,0 l/ha Laudis + 0,3 l/ha B 235 geprüft. Hier die Ergebnisse (Übersicht 4):


  • Trotz optimaler Bedingungen ließen sich auch im 2. Versuchsjahr die schwer bekämpfbaren Herkünfte mit Flufenacet (Herold) nicht vollständig ausschalten. Gegen die eher leicht bekämpfbaren war die Wirkung wiederum 100 %ig.
  • Das Rapsherbizid Fuego schwächelte gegen die schwer bekämpfbaren Kandidaten und vor allem gegen die Proben von der Ostküste mit langjährigem Rapsanbau.
  • Die Ergebnisse nach Einsatz von Stomp Aqua, Boxer und IPU stimmen mit den Beobachtungen des Vorjahres überein.
  • Unabhängig von der Herkunft gelang mit Kerb Flo auch im 2. Versuchsjahr eine 100 % ige Bekämpfung!


Extrem waren wieder die Wirkunterschiede im Frühjahr. Atlantis OD wirkte zwar etwas besser, letztlich bestätigte sich aber das Vorjahresergebnis. Eine neue Qualität der Resistenz gab es beim Neuzugang Hannover. Dieser überstand nicht nur den Atlantis-Einsatz völlig unbeschadet, sondern auch Motivell. Der Grund ist, dass bei allen untersuchten Pflanzen eine Wirkort-Resistenz (Leu574) vorlag. Dies ist die stärkste Resistenzausprägung gegen nahezu alle ALS-Inhibitoren. Die Herkunft Hannover stammt von einem Standort auf dem nur in einem der letzten 5 Jahre eine ausreichende Bekämpfung gelang und nicht gepflügt wurde.


Mit dem Vorjahr übereinstimmende Ergebnisse ergaben sich in den Varianten, die mit Targa Super, Focus Ultra und Selekt 240 EC + Parasommer behandelt wurden. Mit Ausnahme von der Herkunft aus der Schwäbischen Alb, die offensichtlich über eine breit angelegte Resistenz verfügt, ließen sich die Herkünfte aus dem Binnenland gut bis sehr gut bekämpfen.


Bei den Fuchsschwanz-Proben aus den Küsten- und Marschgebieten ist dies nicht mehr der Fall. Hier gelang eine vollständige Bekämpfung nur noch mit dem Maisherbizid Motivell. Das in 2010 Select 240 EC, in 2011 dagegen Focus Ultra besser abschnitt, ist nach unserer Auffassung auf die Witterung zurückzuführen. Bei hohen Temperaturen hat Select Vorteile, kältere Bedingungen kommen Focus Ultra entgegen.


Sonderfall Laudis: Ausschlaggebend für den Einsatz der Laudis-Kombi im Frühjahr 2011 waren die guten Ergebnisse gegen Fuchsschwanz aus dem Süden. Laudis gehört als Triketon einer anderen, bisher nicht zur Fuchsschwanz-Bekämpfung genutzten Wirkklasse an. Auch wurde der Wirkstoff bislang nicht auf Feldern eingesetzt, von denen unsere Proben stammen.


Das Ergebnis: Die Herkünfte reagierten sehr unterschiedlich auf den Wirkstoff. Am besten ließen sich Appel und Bonn bekämpfen. Die geringste Wirkung beobachteten wir bei den Warendorf- und Pewsum-Herkünften. Hier liegt jeweils eine metabolische Resistenz gegenüber Atlantis vor. Die Wirkung auf Hannover war mit 80 % noch ordentlich.


Diese Resultate stimmen mit englischen, 3-jährigen Ergebnissen überein. So erreichten Cadou SC und Herold SC gegen eine sensitive Population aus Rot­hamsted durchschnittlich fast 100 % Wirkung, gegen die resistenten aus Peldon dagegen 84 bzw. 88 %. Stomp SC und Boxer bekämpften die sensitiven Kandidaten mit 76 und 95 % noch recht gut, gegen die resisten konnten sie mit 15 bzw. 29 % Wirkung jedoch nicht punkten. Atlantis schaltete die Rothamsted-Herkunft vollständig aus, in Peldon lag die Wirkung bei 53 %.


Wirkstoffwechsel effektiv?

Die Versuche zeigen, dass sich in den letzten Jahren Fuchsschwanz-Populationen entwickelt haben, die kampfkräftig und gegenüber Bodenherbiziden weniger empfindlich sind. Resistenzen haben sich bereits über die verschiedenen Wirkstoffgruppen hinweg gebildet. Fuchsschwanz, der unzureichend z. B. auf Atlantis reagiert, lässt sich auch mit Flufenacet-­haltigen Bodenherbiziden schlechter kontrollieren. Der Wechsel von Wirkstoffgruppen ist demnach nicht so effektiv wie vielleicht angenommen wird!


Doch was bedeutet das? Weniger Wirkstoffwechsel, weniger Flufenaceteinsatz? Nein! Denn alles, was wirkt, selektiert. Eine Resistenzbildung ist also letztlich nicht zu verhindern. Die Frage ist, wie schnell dies passiert.


Ein Beispiel: Die Chance, beim Herbizideinsatz auf eine resistente Pflanze zu treffen, ist bei 10-maligem Einsatz eines Herbizides auf jeweils 10 Pflanzen/m² nicht größer, als wenn dieses 1 mal auf 100 Pflanzen ausgebracht wird. Ziel muss es sein, möglichst viele Fuchsschwanzpflanzen zu bekämpfen, um das Samenpotenzial gering zu halten. Dabei ist der Wirkstoff Flufenacet nach wie vor ein wichtiger Baustein. Immerhin ließen sich damit gegen die Problemherkünfte noch Wirkungsgrade um 80 % erreichen.


Aussamen verhindern!

Zudem stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, in Jahren mit wenig Fuchsschwanzdruck im Frühjahr ganz auf den Einsatz z. B. von Atlantis zu verzichten. Könnte man damit das Mittel schonen und besteht die Hoffnung, dass die Population bei Verzicht auf einen Herbizideinsatz wieder sensibler wird? Dazu zwei Fallbeispiele unter der Annahme, dass im Frühjahr noch 10 Pflanzen je m² verblieben sind und davon eine homozygot resistent ist (Übersicht 5):


  • Fall 1: Mit Atlantis-Behandlung werden von den 10 Pflanzen 9 bekämpft. Die resistente Fuchsschwanz-Pflanze bleibt stehen und bildet bei Bestäubung aus der Umgebung resistente Samen.
  • Fall 2: Ohne Atlantis-Behandlung bleiben alle Pflanzen stehen und befruchten sich vor allem gegenseitig. Der Anteil resistenter Samen bleibt im besten Fall gleich. Bei homozygoter Resistenz nimmt die Anzahl resistenter Samen aber zu. Die Samenmenge verzehnfacht sich.


Fazit: Ein unterlassener Einsatz schont nicht das Mittel, sondern den Ackerfuchsschwanz. Das Resistenzproblem schaukelt sich auf und nimmt Fahrt auf.


Weil sich im Versuch unter günstigen Bedingungen alle Fuchsschwanz-Herkünfte zu 100 % mit Kerb Flo bekämpfen ließen, empfiehlt sich der Einsatz in Fruchtfolgen mit Raps. Glyphosat ist ein weiterer wichtiger Baustein zur Ungraskontrolle.


Zusätzlich gilt weiterhin: Herbizide allein sind machtlos. Fruchtfolge, Bodenbearbeitung, Saattermin, Saatstärke, Sorte und Bestandesführung sind die entscheidenden Faktoren in der Ungras- und Unkrautbekämpfung.

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