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Ackerfuchsschwanz – von den Engländern lernen?

Lesezeit: 6 Minuten

Die Engländer kämpfen bereits länger mit schweren Resistenzproblemen. Im Extremfall ziehen sie die Notbremse und legen betroffene Flächen brach. Drei deutsche Berater haben sich auf der Insel umgesehen. Hier ihre Erkenntnisse.


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Ackerbauern in England schlagen sich schon länger als wir mit resistentem Ackerfuchsschwanz herum. Auch sind die Probleme dort bereits viel größer. Denn die milden Winter verschärfen das Problem auf der Insel zusätzlich. Landwirte, Berater, Wissenschaftler und Industrie kämpfen seit Jahren gemeinsam an der „Ackerfuchsschwanz-Front“. Was können wir von den Engländern lernen?


Um Antwort darauf zu bekommen, haben wir im Juni eine Reise nach England in das Herz der Weizenanbaugebiete, in die Region rund um London und Cambridge gemacht. Schon nach wenigen Kilometern auf der M1 (wichtigste Autobahn in England) stellten wir fest, dass wir einen sehr guten Zeitpunkt für die Reise gewählt hatten. Links und rechts der M1 lag vielerorts ein bräunlicher Schimmer über den Weizenfeldern: Die Flächen waren massiv mit Ackerfuchsschwanz verseucht. Was war passiert?


Wichtigstes englisches Ungras:

Ackerfuchsschwanz ist in den klassischen englischen Weizenanbaugebieten das wichtigste Ungras. Die Resistenzen des Ackerfuchsschwanzes gegenüber diversen blattaktiven Wirkstoffen (besonders den ACCase-Hemmern) sind hier weiter vorangeschritten als bei uns. Kaum oder gar nicht resistent ist der englische Ackerfuchsschwanz – wie auch in Deutschland – gegenüber Bodenherbiziden mit den Wirkstoffen Flufenacet (im Wintergetreide) oder Propyzamid (im Winterraps).


Aber Bodenherbizide brauchen ausreichend Bodenfeuchtigkeit. Diese ist bei häufig vorkommender Trockenheit im Herbst nicht immer gegeben. So kam es auch in England zu dem hohen Ackerfuchsschwanzbesatz in diesem Jahr. Es war im Herbst 2011 sehr trocken. Der Fuchsschwanz keimte länger als zwei Monate und lief sehr verzettelt auf. Die Bodenherbizide im Getreide wirkten schlecht.


Viele Fuchsschwanzpflanzen blieben stehen, die mit blattaktiven Herbiziden bekämpft werden mussten. Die Atlantis-Wirkung im Frühjahr 2012 war nicht überall immer ausreichend. Vor allem größere, weiter entwickelte Pflanzen wurden nicht mehr erfasst.


Die englischen Notfall-Maßnahmen


Die Resistenzsituation bei Atlantis ist in England derzeit von Schlag zu Schlag sehr unterschiedlich. Wie gehen englische Landwirte mit einem eventuellen Wegbrechen von Atlantis um? Wie reagieren sie ackerbaulich darauf? Hier die Schrauben, an denen die Briten drehen:


1. Fruchtfolge:

Hier gibt es unterschiedliche Meinungen. Winterraps wird aufgrund seiner Ackerfuchsschwanz unterdrückenden Wirkung durchaus positiv gesehen. Praktikabel ist dieses Fruchtfolgeglied aber nicht mehr überall. Das hat folgende Gründe:


  • Der Fuchsschwanz ist zum Kerb-Termin oft schon zu weit entwickelt und
  • milde Winter erschweren die optimalen Einsatzbedingungen von Kerb.


Daher ist der Winterraps schon lange keine fuchsschwanzfreie Kultur mehr.


Sommerkulturen wie Mais, Kartoffeln und Rüben kommen auch nur bedingt in Frage. Aufgrund der Frühjahrstrockenheit wirken die zugelassenen Bodenherbizide häufig nicht ausreichend – die zugelassenen FOPs und DIMs aus Resistenzgründen schon gar nicht mehr. Leguminosen, z. B. Ackerbohnen (auch Winterbohnen) und Futtererbsen, zeigen stark schwankende Konkurrenzkraft und Erträge.


Sommerweizen ist ebenfalls keine Option, da bei dem milden Inselklima auch Winterweizen bis weit in den Winter hinein gesät werden kann. Hafer wäre eine Option, da sich hier aber Flughafer nicht bekämpfen lässt, können stärkere Flughaferprobleme auftreten. Sommergerste wird häufig angebaut, da sie konkurrenzstark ist.


Entscheidend ist für den Anbau von Sommerungen nicht nur die Konkurrenzkraft. Wichtig ist, dass man genügend Zeit hat, vorher aufgelaufenen Ackerfuchsschwanz mechanisch oder mit Glyphosat zu bekämpfen. Im Extremfall ziehen die Farmer die Notbremse: Sie schalten eine 6- bis 12-monatige Brache in Kombination mit Glyphosat ein, um den Ackerfuchsschwanzbesatz zu reduzieren.


2. Jährlich pflügen?

Auch hier gab es unterschiedliche Meinungen. Nach mehreren Jahren Mulchsaat schafft der Pflug zwar wieder „reinen Tisch“. Er vergräbt aber die ausgefallenen Fuchsschwanzsamen und konserviert damit auch den Resistenzstatus. Pflügt man Jahr auf Jahr, holt man in den nächsten Jahren die vergrabenen Samen wieder hoch. Alle 3 bis 4 Jahre pflügen führt zu einem teilweisen Abbau der im Boden verbleibenden Samen.


Hat man nach der Ernte, z. B. wegen guter Herbizidwirkungen, wenig Samenausfall, könnte es klüger sein, eine flache Mulchsaat bzw. eine Direktsaat durchzuführen, damit die Ausfallsamen nicht vergraben werden. Ziel ist, die Samenbank im Boden nicht weiter mit Fuchsschwanzsamen aufzufüllen und den Abbau der vorhandenen Samen im Boden zu fördern. Theoretisch sollten die ausgefallenen Samen nach 3 Jahren im Boden weitgehend abgebaut sein. Gilt das aber auch auf schweren, sehr tonigen Standorten?


Bei trockenem Wetter wird in Ostengland eher pfluglos bearbeitet (min till), um die Restbodenfeuchte zu halten, da die Tonböden bei mehreren Arbeitsgängen stärker austrocknen. In jedem Fall wird aber das frühzeitige Schaffen eines guten, sauberen Saatbettes (false seedbed) für den Fuchsschwanz und Winterweizen empfohlen, um dann den aufgelaufenen Fuchsschwanz später mit Glyphosat zu beseitigen, kurz bevor der Winterweizen gedrillt wird.


3. Saatzeit:

Die spätere Saatzeit, eher Mitte Oktober, wird immer wieder als wirksame Maßnahme zur Fuchsschwanz-Reduzierung genannt. Auch in England – wie bei uns – setzt die Praxis diese Empfehlung kaum um. Allerdings denken einige Betriebe um. Sie haben ihre Drillkapazitäten aufgestockt und sind in der Lage, in nur wenigen Tagen nach Herstellung eines sauberen Saatbettes mehrere 100 ha zu bestellen.


4. Sortenwahl und Saatstärken:

Der Einsatz kompakter, konkurrenzstarker Sorten wird als „ kleinere Schraube“ der Ackerfuchsschwanz-Bekämpfung ebenfalls empfohlen. Der Effekt dieser Maßnahme liegt nach Auskunft der beiden britischen Ackerfuchsschwanz-Experten Steve Moss und Peter Lutman bei 27 % (+ 9 % bis 36 %). Durch optimale Bestandesführung soll die Konkurrenzkraft der Sorten voll ausgeschöpft werden. Höhere Saatstärken haben im Mittel 30 % Effekt auf den Ackerfuchsschwanz (+8 % bis 53 %).


Die Engländer streben bei normalem Saattermin 250 bis 300 Winterweizenpflanzen/m² bei Einsatz einer mittleren Herbizidintensität. Die Saatstärken werden je nach Standort, Bodenzustand/Witterung und in Anpassung an die Herbizidintensität – je extensiver, desto höhere Saatstärke – angepasst.


5. Herbizide:

Der Einsatz von Bodenherbiziden im Vor-auflauf bis zum Spitzen des Winterweizens wird in England mittlerweile als Standard empfohlen. Wenn erforderlich, erfolgt vorher ein Walzen (1x), um den Bodenschluss herzustellen. Wichtig dabei: Genügend Bodenfeuchte, Niederschlag im Anschluss an die Applikation. Dafür sind nur enge Zeitfenster in England gegeben.


Auch dort sind 240 g/ha Flufenacet die Basis der Fuchsschwanzbekämpfung. Die wichtigsten Mittel sind im Prinzip dieselben wie bei uns, nur unter anderen Namen. Atlantis wird dort im Herbst oder im Frühjahr (dann früh) eingesetzt. 1x Atlantis in der Kultur ist nur noch erlaubt.


Wichtig ist, alle ackerbaulichen Maßnahmen nicht starr durchzuführen, sondern flexibel je nach Situation, Bodenbeschaffenheit, Witterung usw. zu handeln. Dazu gehört als erste Grundlage auch, den Boden in Ordnung zu halten (Verdichtungen vermeiden, gut funktionierende Dränagen sicherstellen, optimaler Nährstoff- und Kalkzustand, Förderung der Bodengare).

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