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Auf Draht sein gegen Drahtwürmer!

Lesezeit: 8 Minuten

Immer häufiger fressen Drahtwürmer im Kartoffel­Bau die Erlöse auf. Lässt sich der Befall dauerhaft reduzieren? Über ­Lösungsansätze berichtet Ute Schepl, LWK ­Nordrhein-Westfalen.


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Schäden durch Drahtwürmer sorgen seit ein paar Jahren in Kartoffeln im konventionellen und ökologischen Anbau zunehmend für Ärger. Übeltäter ist der Schnellkäfer und seine Larven (Drahtwürmer).


Der gesamte Lebenszyklus der beiden häufigen Schnellkäferarten Humus- und Saatschnellkäfer vom Ei über verschiedene Larvenstadien bis hin zum vollentwickelten Käfer dauert mindestens drei bis höchs­tens fünf Jahre.


Anfang April ist die Winterpause vorbei


Nach der Winterruhe im Boden erscheinen die ersten


Käfermännchen An-


fang bis Mitte


April. 10 bis 14 Tage später verlassen auch die Weibchen ihr Winterquartier. Sie locken mit Pheromonen die Männchen an, um sich dann zu paaren. Das Weibchen legt die Eier innerhalb der nächsten sechs bis acht Wochen nach der Paarung einzeln oder in Gelegen von bis zu zehn Eiern dicht unter der Boden-oberfläche oder in kleine Boden­spalten ab. Die Eier haben einen Durchmes­ser von nur 0,5 mm und sind durchscheinend weißlich gefärbt. Je nach Schnellkäferart legt ein Weibchen bis zu 160 Eier.


Die besten Voraussetzungen für die Eiablage bieten dichte, feuchte und un-gestörte Bestän­de, z. B. auf Wiesen, Weiden und stillgelegten Flächen. Aber auch Acker­flächen mit hohem Beikraut­besatz (vor allem mit Dauerunkräu­tern) bieten idealen Unterschlupf.


Drei Fresswellen pro Jahr


Die Weibchen und Männchen können zwar fliegen, sind aber meist zu Fuß unterwegs. So besiedeln sie nur langsam in einem engen Radius neue Flächen


Vier bis sechs Wochen nach der Eiablage schlüpfen die zunächst nur 1,5 mm langen und noch unpigmentierten Käferlarven. Sie sind dünn, lang gestreckt, hart gepanzert, teilweise behaart und färben sich nach und nach durch­scheinend gelb bis hellbraun. Während ihrer 3- bis 5-jährigen Entwicklungszeit im Boden wachsen die Draht­würmer auf eine Länge von 2,5 bis 3 cm heran und durchlaufen mindestens 8, aber höchstens 14 Larvenstadien.


Während die Schnellkäfer keine Kulturschäden verursachen und sich an Blüten mit Nektar ver­sorgen, fressen Drahtwürmer überwiegend an jungen Pflanzenwurzeln. Sie haben jährlich bis zu drei fraß­aktive Phasen:


Die 1. Phase dauert von Anfang April bis Mitte Mai,


die 2. von Ende Juni bis Mitte Juli und


die 3. von Mitte August bis Anfang Oktober.


Werden Flächen im zeitigen Frühjahr für eine spätere Gemüsekultur intensiv bearbeitet und über Wochen unkrautfrei gehalten, können sich die fraßaktiven Phasen zeitlich verschie­ben. Drahtwürmer sind unter Umständen Hungerkünstler: Sie können bei un­günstigen Lebensbedingungen bis zu ein Jahr ohne Nahrung überstehen. Sie ziehen sich dann in tiefere Bodenschichten (bis über 1 m) zurück.


Zwischen Ende Juni und Anfang August ver­puppen sich die Larven. Etwa drei bis vier Wochen später schlüpfen die Käfer. Sie überwintern im Boden in einer Tiefe von 20 bis 30 cm. Im darauffolgenden Frühjahr stehen wieder Paarung und Eiablage an. So schließt sich der Kreis.


Eine langsame, aber stete Besiedlung neuer Flächen durch Schnellkäfer hat zur Folge, dass mehrere Generationen von Käfern und Larven nebeneinander im Boden vorkommen. Das führt wiederum dazu, dass auf diesen Flä­chen regelmäßig Kulturschäden durch Loch- und/oder Wurzelfraß erfolgen können. Die Schäden treten dann jährlich auf.


Gibt es Prognosen für den Drahtwurm-Befall und Entscheidungshilfen für Landwirte? Wie lässt sich Drahtwurmbesatz regulieren? Mit diesen Fragen haben sich drei Projekte seit 2002 befasst, die das Bundesprogramm Ökologischer Landbau gefördert hat. Hier die wichtigsten Ergebnisse zu Bekämpfungs-Möglichkeiten für die Praxis:


? Mit Pheromonen ­verwirren?


Eine Bekämpfung der Schnellkäfer mit Pheromonen ist derzeit nicht möglich. Jahrelang haben wir auf denselben Flächen Schnellkäfer-Männchen mit Pheromonfallen abgefangen. Die Fallen standen in Abständen von jeweils 40 m. Wir konnten jedoch nie ausschließen, dass vor dem Fang bereits eine erfolgreiche Paarung stattgefunden hat. Diese Maßnahme diente somit einem Monitoring: Wann beginnt der Käferflug? Wann ist sein Höhepunkt und wann endet er?


Eine Verwirrungsmethode mit Pheromonen wäre sicherlich aussichtsreicher. Allerdings ist diese Methode nur bei Schmetterlingen zugelassen. Zudem sind Pheromone für einen solchen Einsatz derzeit noch viel zu teuer.


? Erst anlocken, dann bearbeiten


Durch Bodenbewegungen, wie sie im Rahmen von Bodenbearbeitungs­maß­nah­men erfolgen, werden Käferweibchen an der Eiablage gehindert und verschiedene Entwicklungsstadien der Schnellkäfer gestört oder getötet. Diese Maßnahmen sind aber nur dann wirksam, wenn sich die Larven in den oberen 20 cm des Bodens aufhalten. Verschiedene Geräte, wie z. B Scheibenegge, Hacke, Striegel, Mulcher oder Fräse, können Larven unterschiedlichen Alters und Puppen schädigen.


Um Drahtwürmer im Oberboden gehäuft anzutreffen, müssen Sie diese jedoch gezielt anlocken. Hilfreich ist, wenn Sie auf dem Acker streifenweise Getreide einsäen. Dies kann in Vorkulturen vor Kartoffeln oder nach der Getreideernte erfolgen. Die wachsenden Pflanzenwurzeln scheiden CO2 aus, das Drahtwürmer von verschiedenen Stellen des Ackers zur Futterquelle lockt. Sobald das Getreide dicht in der Reihe steht, sollten die Getreidewurzeln täglich auf Drahtwurmbefall kontrolliert werden, um den günstigsten Zeitpunkt für die Bodenbearbeitung zu bestimmen. Fressen Larven an den Wurzeln, müssen die Einsaatstreifen umgehend bearbeitet werden. Vorteilhaft ist es, dieses Verfahren mehrfach zu wiederholen.


Gute Wirkung zeigte auch die selbst gebaute Mulchfräse eines Landwirts in einem Versuch der Landwirtschaftskammer. Dieses Gerät hat eine Bearbeitungstiefe von etwa 7 cm und eine hohe Schlagkraft von 3 000 U/min. Der Bekämpfungserfolg war sehr gut: Eingesätes Getreide und Drahtwürmer wurden gleichermaßen gemulcht und zerschreddert.


? Vorfrüchte mit Nachwirkungen


Der Handel verweigert in Zeiten des Überangebotes Kartoffelpartien, die über 5 % Lochschäden aufweisen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Draht-wurmfraß oder Dry Core, verursacht durch Rhizoctonia solani, handelt.


Verschiedenen Gräsern, Schmetterlings-, Korb- und Kreuzblütlern werden folgende Wirkungen auf Drahtwürmer zu­geschrieben: Anlockend wirken z. B Ge­trei­de oder Mais durch ihre erhöhte Wurzelatmung. Abschreckend oder reduzierend wirken die toxischen Inhaltsstoffe von Ringel- und Studentenblume oder Gelbsenf. In unseren Versuchen stellten wir Folgendes fest:


Mit Weißkohl als Vorfrucht vor Kartoffeln wurden im Versuch unter 5 % Fraßschäden an Kartoffeln festgestellt, unabhängig davon, ob der Kohl gehackt wurde oder nicht.


Standen Ackerbohnen vor Kartoffeln, lag nur dann der Drahtwurmfraß an Kartof­feln unter 5 %, wenn sie gehackt wurden.


Nach der Vorfrucht „Mehrjähriges Kleegras“, das nur gemulcht wurde, lagen die Fraßschäden an Kartoffeln bei 15 %.


Auf stark drahtwurmbelasteten Flächen lohnt es sich sogar, Ringelblume (Calendu­la officinalis) in Reinsaat oder Ringelblume in Kombination mit Studentenblume (Tagetes patula) als Vorfrucht anzubauen.


Bei einem zweijährigen Kartoffelanbau auf derselben Fläche wurde im zweiten Anbaujahr der Drahtwurmfraß von 51 % auf 8 % reduziert. Nach dem zweiten Anbaujahr sollte auf jeden Fall eine vier- bis fünfjährige Kartoffel-Anbaupause folgen.


? Fruchtfolge erst nach Jahren erfolgreich


Die Wahl der Kulturen und ihre Stellung in der Fruchtfolge fördern oder hemmen Vermehrung und Entwicklung der Schnellkäfer. Hierzu liefert ein Dauerversuch, der vor 12 Jahren bei der Landwirtschaftskammer zum viehlosen Ackerbau nach Dauergrünland angelegt wurde, aussagekräftige Ergebnisse. So sahen die beiden 5-gliedrigen Fruchtfolgen aus:


Fruchtfolge 1: Ackerbohnen/W.wicken und Weißkohl/Kartoffeln/S.wei­zen mit Untersaat/Möhren und Zwischenfrucht


Fruchtfolge 2: Kleegras/Sellerie/Sommerweizen mit Untersaat/Kartoffeln/Winterroggen mit Kleegras


Erst ab dem 6. Anbaujahr nahm der Drahtwurmfraß an Kartoffeln spürbar ab. In Fruchtfolge 2 fielen die Drahtwurmschäden vor allem in den ersten Jahren deutlich höher aus als in Fruchtfolge 1. Mögliche Vorteile der Fruchtfolge 1 im Vergleich zu 2 liegen in einem höheren Anteil an Sommerkulturen, in mehr und intensiveren Bodenbearbeitungsgängen im Frühjahr in der fraßaktiven Zeit der Draht­würmer, der Unkrautregulierung oder der Grundbodenbearbeitung vor Gemüse.


? Vorsicht mit Kleegras!


Die Hoffnung, mit Zwischenfrüchten und Untersaaten gegen Drahtwürmer punkten zu können, bestätigte sich nicht. Weder der Anbau von Zwischenfrüchten vor Kartoffeln noch von Untersaaten, die beim letzten Häufelgang zwischen die Kartoffeldämme gesät wurden, konnten den Lochfraß reduzieren.


Aufgepasst auch bei mehrjährigem Kleegras-Anbau! Es besteht die Gefahr, dass sich einige Generationen von Schnellkäferlarven im Boden bereits angesiedelt haben, die sich in ihren Fraßaktivitäten überlappen. Auf belasteten Flächen sollte daher nur einjähriges Kleegras angebaut werden. Auch der Anbau von Kartoffeln ist auf solchen Flächen nicht ratsam.


? Biofumigation gegen Drahtwürmer


Bei der Biofumigation werden Pflanzen mit einem hohen Gehalt von Senfölen (Glukosinolaten) als Hauptkultur angebaut: Schwarzer Senf, Weißer Senf, Indischer Senf und Ölrettich. Werden die Pflanzenzellen durch Insektenfraß oder Häckseln zerstört, spaltet das im Zellplasma enthaltene Enzym Myrosinase Glukosinolate in Zucker und Isothio- und Thiocyanat. Diese Substanzen sind gasförmig und für viele Bodenorganismen giftig.


Senf blüht etwa 70 Tage nach der Aussaat. Wird er dann klein gehäckselt und sofort in den Boden eingearbeitet, lässt sich die gewünschte Wirkung erzielen. Der Boden sollte dann nicht zu trocken sein und die Bodentemperatur um 20 °C liegen, damit die Umsetzungen rasch erfolgen können. Möglicherweise erzielt die Vorkultur Weißkohl eine ähnliche Wirkung.


? Abreife der Knollen verfrühen


Abhängig davon, wie lange die schalenfesten Knollen im Boden bleiben, nimmt der Drahtwurmfraß ab Mitte August stetig zu. Daher müssen Sie Kartoffeln roden, sobald diese schalenfest sind.


Fraßaktive Phasen der Drahtwürmer lassen sich durch verschiedene Maßnahmen umgehen, die Abreife beschleunigen: Vorkeimen, Krautabschlagen und/oder Unterschneiden der Wurzeln.

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