Durch die Einschränkungen bei Pflanzenschutz und Düngung erleben Biostimulanzien gerade einen Hype. Doch damit die Hoffnung nicht im Keim erstickt, empfiehlt Prof. Verreet, genau hinzusehen.
Biostimulanzien werden als die neuen Wundermittel gehandelt. Wie bewerten Sie das Potenzial?
Verreet: Wir sehen aktuell einen regelrechten Hype zu diesen Produkten. Allerdings möchte ich zunächst klarstellen, dass Pflanzen-Biostimulanzien weder ein Düngemittel noch ein Pflanzenschutzmittel sind. Gemäß Düngeprodukteverordnung 2019/1009 dienen sie dazu, „…pflanzliche Ernährungsprozesse unabhängig vom Nährstoffgehalt des Produkts zu [stimulieren]…“. Leider habe ich aktuell das Gefühl, dass einige Marktteilnehmer die verworrene Situation und die unklare Sprachwahl nutzen, um Produkte den „Pflanzen-Biostimulans“ zuzuordnen, obwohl diese dort nicht hingehören.
Grundsätzlich sehe ich künftig ein sehr hohes Potenzial dieser Produkte, wenn wir realistische Ansprüche an sie stellen. In unseren eigenen langjährigen Versuchen in Schleswig-Holstein konnten wir beachtliche Erfolge bei Nährstoffeffizienz, Wurzelwachstum und abiotischer Stressresistenz erzielen. Aus meiner Sicht sind Pflanzen-Biostimulanzien ein geeignetes Werkzeug, um Erträge und Qualitäten zu optimieren. In normalen Jahren spiegelt sich dies in Form von Mehrerträgen wider, bei schwierigen Bedingungen (z.B. Trockenheit oder reduzierte Nährstoffversorgung) können Sie das Ertragsniveau absichern.
Wo sind Grenzen bei der Wirkung anzuerkennen?
Verreet: Produkte, die lebende Organismen enthalten, beruhen zumeist auf Bakterien und/oder Pilzen. Diese haben im Laufe der Evolution genetisch fixierte Ansprüche insbesondere an die Witterung entwickelt. Nur wenn diese Ansprüche zum Zeitpunkt der Anwendung und im Folgenden erfüllt werden (wir sprechen hier von der Koinzidenz), kommt es zur Wirkungsentfaltung. Ist dies nicht der Fall, dann ist auch kein Effekt zu erwarten.
Müssen Firmen die Wirksamkeit eines Produktes eindeutig nachweisen?
Verreet: Ja, auch dies ist in der Düngeprodukteverordnung geregelt. Alle Angaben, die Firmen zu Eigenschaften und Wirkung machen, „…müssen sich auf überprüfbare Faktoren beziehen“. Zukünftig soll es Konformitätsbewertungsstellen geben, bei denen Produkte zur Überprüfung eingereicht werden müssen. Wenn diese erfolgreich abgeschlossen sind, können sie mit dem CE-Zeichen gekennzeichnet werden.
Worauf müssen Landwirte achten, die Pflanzen-Biostimulanzien einsetzen wollen?
Verreet: Ich rate Landwirten, auf mindestens zwei, besser dreijährige Ergebnisse desselben Standorts zu achten. Nur weil in zwei Produkten vermeintlich dasselbe enthalten ist, heißt das noch nicht, dass beide gleich gut funktionieren. Wie auch bei Dünge- und Pflanzenschutzmitteln gibt es große Qualitätsunterschiede.
Vielen Dank für das Gespräch!
Anne Katrin Rohlmann
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Durch die Einschränkungen bei Pflanzenschutz und Düngung erleben Biostimulanzien gerade einen Hype. Doch damit die Hoffnung nicht im Keim erstickt, empfiehlt Prof. Verreet, genau hinzusehen.
Biostimulanzien werden als die neuen Wundermittel gehandelt. Wie bewerten Sie das Potenzial?
Verreet: Wir sehen aktuell einen regelrechten Hype zu diesen Produkten. Allerdings möchte ich zunächst klarstellen, dass Pflanzen-Biostimulanzien weder ein Düngemittel noch ein Pflanzenschutzmittel sind. Gemäß Düngeprodukteverordnung 2019/1009 dienen sie dazu, „…pflanzliche Ernährungsprozesse unabhängig vom Nährstoffgehalt des Produkts zu [stimulieren]…“. Leider habe ich aktuell das Gefühl, dass einige Marktteilnehmer die verworrene Situation und die unklare Sprachwahl nutzen, um Produkte den „Pflanzen-Biostimulans“ zuzuordnen, obwohl diese dort nicht hingehören.
Grundsätzlich sehe ich künftig ein sehr hohes Potenzial dieser Produkte, wenn wir realistische Ansprüche an sie stellen. In unseren eigenen langjährigen Versuchen in Schleswig-Holstein konnten wir beachtliche Erfolge bei Nährstoffeffizienz, Wurzelwachstum und abiotischer Stressresistenz erzielen. Aus meiner Sicht sind Pflanzen-Biostimulanzien ein geeignetes Werkzeug, um Erträge und Qualitäten zu optimieren. In normalen Jahren spiegelt sich dies in Form von Mehrerträgen wider, bei schwierigen Bedingungen (z.B. Trockenheit oder reduzierte Nährstoffversorgung) können Sie das Ertragsniveau absichern.
Wo sind Grenzen bei der Wirkung anzuerkennen?
Verreet: Produkte, die lebende Organismen enthalten, beruhen zumeist auf Bakterien und/oder Pilzen. Diese haben im Laufe der Evolution genetisch fixierte Ansprüche insbesondere an die Witterung entwickelt. Nur wenn diese Ansprüche zum Zeitpunkt der Anwendung und im Folgenden erfüllt werden (wir sprechen hier von der Koinzidenz), kommt es zur Wirkungsentfaltung. Ist dies nicht der Fall, dann ist auch kein Effekt zu erwarten.
Müssen Firmen die Wirksamkeit eines Produktes eindeutig nachweisen?
Verreet: Ja, auch dies ist in der Düngeprodukteverordnung geregelt. Alle Angaben, die Firmen zu Eigenschaften und Wirkung machen, „…müssen sich auf überprüfbare Faktoren beziehen“. Zukünftig soll es Konformitätsbewertungsstellen geben, bei denen Produkte zur Überprüfung eingereicht werden müssen. Wenn diese erfolgreich abgeschlossen sind, können sie mit dem CE-Zeichen gekennzeichnet werden.
Worauf müssen Landwirte achten, die Pflanzen-Biostimulanzien einsetzen wollen?
Verreet: Ich rate Landwirten, auf mindestens zwei, besser dreijährige Ergebnisse desselben Standorts zu achten. Nur weil in zwei Produkten vermeintlich dasselbe enthalten ist, heißt das noch nicht, dass beide gleich gut funktionieren. Wie auch bei Dünge- und Pflanzenschutzmitteln gibt es große Qualitätsunterschiede.