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Bleiben Krank­heiten kontrollierbar?

Lesezeit: 5 Minuten

Wie sich die neue Zulassungshürde auf den Fungizideinsatz vor allem in Getreide auswirken könnte, zeigt Hermann Hanhart, LWK Nordrhein-Westfalen, anhand von zwei Szenarien.


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Wegen der Vorschläge der EU-Kommission zur Definition der „endokrinen Wirkung“ von Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen, stehen viele Wirkstoffe, vor allem die Azole, auf der Abschussliste. Das kann weitreichende Folgen haben, vor allem für das Resistenzmanagement.


Bei den Strobilurinen trat nur zwei Jahre nach Markteinführung bereits eine Mehltauresistenz auf, nach sechs Jahren wirkten sie auch gegen Septoria tritici nicht mehr. Durch die nachfolgende Kontrolle von Septoria ausschließlich mit Azolen veränderten sich die Erreger, was bis heute anhält. Die Kurativwirkung von Epoxiconazol lag z. B. bei Einführung des Wirkstoffs in 1993 bei 14 Tagen, heute ist die Leistung auf 3 bis 4 Tage geschrumpft. Tebuconazol hat noch schneller und massiver an Wirkung verloren.


Vor diesem Hintergrund war spätestens vor der Einführung der neuen Carboxamide klar, dass sich eine nachhaltige Wirksamkeit von Wirkstoffen nur mit ausgeklügelten Resistenzmanagement-Systemen sichern lässt. Dazu hat die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen z. B. folgende Leitlinie entwickelt:


  • Carboxamide nur einmal innerhalb der Gesamtstrategie verwenden.
  • Carboxamide und Strobilurine immer in Mischung mit Wirkstoffen einer weiteren Fungizidgruppe einsetzen.
  • Die breite Wirkstoffpalette der verschiedenen Azole nutzen.
  • Auch Azole mischen. In Summe eine hohe Aufwandmenge anwenden.
  • Möglichst die Kurativleistung der Carboxamide und Azole nicht ausreizen.
  • Die nicht Resistenz-gefährdeten Wirkstoffe Chlorthalonil und Mancozeb besonders für frühe Einsätze nutzen.
  • Die Anzahl der Einsätze auf das notwendige Maß begrenzen.


Mit den Azolen allein ist zwar keine Strategie gegen Septoria möglich, allerdings sind sie ein wichtiger Baustein innerhalb der Gesamtstrategie. Das zeigen diese Leitlinien. Zu bedenken ist, dass jedes Azol Stärken und Schwächen gegen bestimmte Septoria-Typen hat. Für eine nachhaltige Wirkung sollten demnach möglichst viele verschiedene Azole zur Verfügung stehen.


Darüber hinaus lässt sich bei vielen weiteren Pilzen eine fast immer benötigte Kurativwirkung, z. B. gegen Rost, fast nur mit Azolen gewährleisten. Zudem sind „Echte Fusariosen“ ausschließlich mit Azolen zu kontrollieren. Keine andere bisher am Markt vorhandene Fungizidgruppe wirkt gegen diesen Erreger. Auch im Raps werden gegen Phoma und zur Sicherung der Winterfestigkeit vor allem Azole (Tebuconazol, Metconazol) eingesetzt.


In Kartoffeln beruht die nachhaltige Wirkung vieler Produkte auf dem Mischpartner Mancozeb, der ebenfalls auf der EU-Abschussliste steht. Wie wichtig dieser Wirkstoff ist, zeigt Folgendes: Selbst der flexible Krautfäule-Erreger konnte auch nach vielen Jahrzehnten keine Resistenz gegen Mancozeb entwickeln. Das gleiche gilt für den Wirkstoff Chlorthalonil. Beide greifen sehr unspezifisch in der Pilzzelle an und sind mit den Azolen die wichtigsten Bausteine, um die Wirkung der anderen Wirkstoffgruppen, wie z. B. die der Carboxamide, abzusichern.


Welche Probleme z. B. bei Wegfall verschiedener Azole auftreten, hängt davon ab, ob sie zu einem bestimmten Zeitpunkt wegfallen und welche Wirkstoffe betroffen sind.


Szenario 1: Wegfall mit Zulassungsende.

Falls, wie angedacht, betroffene Wirkstoffe mit Ablauf der aktuellen Zulassung vom Markt genommen werden, kann man noch eine Zeit lang auf viele Azole zurückgreifen.


Der Wirkstoff Epoxiconazol ist derzeit am längsten bis 2022 im Produkt Epoxion Top verfügbar. Wichtige Produkte, wie z. B. Capalo, Osiris, Adexar, Seguris u.a., würden aber deutlich früher verschwinden. Die Industrie müsste dann frühzeitig die in den Produkten enthaltenen nicht betroffenen Wirkstoffe, wie z. B. Fluxapyroxad, Isopyramzam oder Pyraclostrobin, als Solo-Produkt zulassen. Die Praxis müsste diese dann entsprechend den Vorgaben eines sicheren Resistenzmanagements mischen. Ein Problem wären die oft schlechteren Formulierungen, die dann durch die Zumischung geeigneter Additive auszugleichen wären.


Gleiches würde für Produkte mit Tebuconazol gelten. Gladio, Ampera oder Orius Top, die alle Tebuconazol enthalten, ständen dann bis 2022 bzw. 2023 noch zur Verfügung. Azole mit den Wirkstoffen Metconazol, Prothioconazol und Prochloraz wären aber auch betroffen.


Fazit: Bei Wegfall mit Zulassungsende der Produkte würden betroffene Wirkstoffe mittelfristig in Einzelprodukten noch zur Verfügung stehen. Diesen Zeitraum könnte die Industrie nutzen, um hoffentlich mit neuen, heute noch nicht zugelassenen Wirkstoffgruppen die Azole zu ersetzen.


Szenario 2: Wegfall zu einem Stichtag.

Dramatisch wird die Lage, wenn alle Produkte mit den betroffenen Wirkstoffen zu einem bestimmten Stichtag wegfallen, also vor Ablauf der Zulassung. Dabei gilt: Je früher sie wegfallen, desto schlechter.


Es würden dann wirkliche Lücken auftreten, die nicht mehr mit den dann noch vorhandenen Azolen zu füllen wären. Auch der Schutz jetzt noch gut wirksamer Produkte wäre dann stark gefährdet. So könnten die Carboxamide innerhalb weniger Jahre gegen Septoria tritici und Netzflecken unwirksam werden. Sofern noch vorhanden, müsste man rein vorbeugend mehrfache Behandlungen mit Chlor-thalonil (nur 2 Behandlungen erlaubt) gegen Septoria fahren.


Starke Rost-Infektionen wären kaum noch zu bekämpfen, zumindest dann nicht, wenn Gelbrost-Nester vorhanden sind. Die Landwirte müssten dann vorbeugend in noch nicht befallene Bestände fahren. Viele Behandlungen würden als reine Versicherung erfolgen.


Fusarium-Toxine und DTR wären ebenfalls nicht mehr kontrollierbar. Neben der erhöhten Resistenzgefahr mit dann noch höheren Aufwendungen für Fungizide wären wirtschaftliche Schäden bei hohem Krankheitsdruck kaum zu vermeiden.

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