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Braugerste: Lieber mit Stickstoff geizen

Lesezeit: 9 Minuten

Vor allem bei mageren Preisen für Braugerste ist es wichtig, den Anbau zu optimieren. Die richtige N-Düngestrategie ist der Schlüssel, um die geforderten Qualitäten zu erreichen. Neue Versuche dazu stellt Ihnen Dr. Friedhelm Fritsch, DLR in Bad Kreuznach, vor.


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Trotz des hohen Bedarfs der Mälzereien und Brauereien, der sich aus der Inlandsproduktion bei Weitem nicht decken lässt, ist der Preisabstand zwischen Braugerste und Brotgetreide zu gering. In Rheinland-Pfalz, dem Bundesland mit dem höchsten Braugerstenanteil an der Ackerfläche, schrumpft der Anbau seit 10 Jahren auf mittlerweile nur noch 40 000 ha.


Dennoch: Aus pflanzenbaulicher Sicht gibt es derzeit immer mehr Gründe, sich wieder verstärkt mit dem Braugersten-Anbau zu beschäftigen.


Die Pluspunkte:

Dass die Entzerrung von Arbeitsspitzen oder ein geeigneter Standort für den Braugersten-Anbau sprechen, ist bekannt. Zudem kann ein nasser Herbst – wie im Jahr 2013 – die Aussaat von Wintergetreide erschweren oder sogar verhindern, sodass Sommerbraugerste die Lücke füllt.


Eher neu ist, dass durch den zunehmenden Anteil von Winterungen teils sehr ernste Probleme mit Ackerfuchsschwanz oder Windhalm auftreten. Herbizideinsätze reichen gegen die immer hartnäckigeren Gräser kaum noch aus. Eine Lösung könnte sein, Sommerungen bzw. Sommerbraugerste in die Fruchtfolge zu integrieren. Denn darin haben solche Ungräser eine geringere Chance. Wer zwei Sommerungen hintereinander anbaut, kann die Gräser vor der Saat zudem auch mechanisch bekämpfen.


Der Standort muss passen:

Voraussetzung für einen wirtschaftlichen Anbau sind zunächst die Standortbedingungen. Weil Gerste hohe Ansprüche an die Bodenreaktion stellt, ist ein optimaler pH-Wert wichtig. Bei den kalkhaltigen Lössböden der Ackerbaubörden ist das kein Problem. Auf den zur Versauerung neigenden Verwitterungsböden, z. B. in den süddeutschen Mittelgebirgslagen, ist aber darauf zu achten, dass auf leichteren Standorten der pH-Wert bei ca. 6 liegt. Auf mittleren bis schweren Böden sind pH-Werte von deutlich über 6 erforderlich. Am besten kalken Sie in Ihrer Fruchtfolge auf den Stoppeln einer Getreidevorfrucht bzw. vor der Braugerste.


Achten Sie zudem unbedingt auf die Grundnährstoffversorgung Ihrer Flächen. Denn Sommergerste reagiert auf eine unterlassene Grunddüngung wie eine Mimose. Das zeigen Düngungsversuche in Thüringen deutlich. Der Grund: Gerste hat ein wenig entwickeltes Wurzelwerk und kann sich somit die Nährstoffe nur schlecht aneignen. Zudem muss die Züchtung auf geringe Eiweiß- bzw. Rohproteingehalte achten. Dies widerspricht einer effizienten Nährstoffaufnahme. Daher ist es umso wichtiger, dass vor allem Phosphat und Kalium verfügbar sind.


Eine N-Gabe reicht:

Braugerste bildet ihren Ertrag bei relativ konstanten, aber auch sortenabhängigen Tausendkorngewichten (TKG) über die Korndichte bzw. Zahl der Körner/m2. Bei einem TKG von 50 g bringen 10 000 Körner pro m² rund 50 dt/ha Ertrag, 14 000 Körner/m2 dagegen 70 dt/ha. Die Ährenzahl pro m² und die Kornzahl pro Ähre hängen stark von der Wasser- und N-Versorgung ab.


Beeinflussen können Sie den Ertrag daher vor allem mit der Saatmenge und der N-Düngung. Passen Sie die Saatstärke in erster Linie der Saatzeit und dem Bodenzustand an. Bei früher Saat und gutem Zustand können 250 keimfähige Körner etwa 750 Ähren und damit 15 000 Körner/m² bilden (bei 20 Körnern/Ähre). Dies entspricht einem Ertrag von 75 dt/ha. Bei sehr späten Saatterminen mit 450 Körnern/m2, aus denen sich aber nur 450 Ähren entwickeln können, wären es letztlich nur 45 dt/ha Ertrag.


Vor allem in der Bestockungs- und Schossphase benötigt Braugerste ausreichend Stickstoff, um Ähren und Körner anzulegen. In der Kornfüllung sollte dagegen ein N-Mangel herrschen, um nicht zu viel Kornprotein zu bilden. Daraus resultiert eine N-Düngung zur Saatzeit. Das Aufteilen der N-Düngung in zwei Gaben ist gefährlich, vor allem wenn die zweite N-Gabe nach der Bestockung fällt. Die Folge wären hochschnellende Rohproteingehalte bei sinkenden Vollgersteanteilen.


Bei der N-Form ist zu berücksichtigen, dass Braugerste für die Bestockung Nitrat braucht. Weil die N-Nachlieferung später zurückgehen soll, ist der Einsatz von Nitrifikationshemmern nicht sinnvoll. Auch Harnstoff, der sich zwar vor der Saat einarbeiten lässt, ist nicht ideal, wie aktuelle N-Formenversuche in Rheinland-Pfalz gezeigt haben. Demnach besteht bei dieser N-Form die Gefahr, dass der Rohproteingehalt stärker ansteigt als der Ertrag. Fehlt neben Stickstoff auch Schwefel, eignen sich z. B. ASS, Kieserit oder Bittersalz.


Mehr N für neue Sorten?

Viele Braugersten-Anbauer fragen sich, ob neue Sorten mehr Stickstoff benötigen als alte. Dazu Folgendes: Bei einem konstanten Ertrag und Rohproteingehalt enthält das Erntegut aller Sorten die gleiche Menge Stickstoff (Übersicht 1). Weil neue Sorten über dichtere Bestände höhere Erträge bei gleichzeitig stabil niedrigen Rohproteingehalten realisieren, nehmen sie etwas mehr Stickstoff auf, bis sie die Stoßgrenze z.?B. von 11,5 % Rohprotein erreichen. Da neuere Braugerstensorten den angebotenen Stickstoff aber auch besser verwerten, verändert sich letztlich der N-Düngebedarf kaum.


Um die N-Düngermenge richtig zu bemessen, ist zunächst der Ziel-Rohproteingehalt entscheidend. Eine optimale Braugerste enthält zwar um die 10,5 % Rohprotein, allerdings gibt es unterschiedliche Bezahlungssysteme mit Preisabschlägen oberhalb von 10,5 oder 11,5 % Eiweiß. Eher kontraproduktiv waren Preisabschläge in der Vergangenheit bei über 9,5 %.


Falls ein Verarbeiter Braugerste mit bis zu 11,5 % Rohprotein ohne Preisabschläge akzeptiert, liegt das wirtschaftliche Optimum knapp unter dieser Marke. Vorsichtshalber sollte man aber eher 11 % Eiweiß anpeilen. Preisabschläge für Rohproteingehalte über 10,5 % reduzieren das N-Düngungsoptimum um etwa 10 bis 20 kg N/ha. Rund 30 kg N/ha mehr bewirken dagegen ca. 0,5 % mehr Rohprotein. Berücksichtigen Sie dabei aber die Jahreseffekte bei der N-Nachlieferung bzw. bei der Qualität des Ernteguts. Wie sich der Ertrag und der Rohproteingehalt von Braugerste bei zunehmendem N-Angebot verändern, zeigt Übersicht 2.


Düngen nach N-Sollwert:

Generell bemisst das Nmin-Sollwertsystem den N-Bedarf eher vorsichtig, sodass 10,5 % Eiweiß nicht überschritten werden. Die Sollwerte basieren auf zahlreichen Feldversuchen von Beratungseinrichtungen der Bundesländer. Neue Versuche an vier Standorten in Rheinland-Pfalz mit jeweils mindestens zwei aktuellen Sorten bestätigen, dass die Höhe der N-Sollwerte standortabhängig ist und sich meist zwischen 110 bis 150 kg N/ha bewegt (Übersicht 3). So war am Lößlehm-Standort Wörrstadt (75 BP) in Rheinhessen ein Sollwert von ca. 100 kg N/ha bereits optimal. Bei Rohproteingehalten unter 11,5 % lag der Ertrag hier bei über 70 dt/ha. Auf den anderen Standorten mit Mittelgebirgs-Verwitterungsböden (ca. 40 BP) waren dagegen für geringere Erträge höhere Sollwerte notwendig. So lag der optimale Sollwert im Hunsrück bei etwa 150, im Westerwald bei noch etwas niedrigeren Erträgen bei 125 bis 150 kg N/ha. Am Eifelstandort mit organischer Düngung – und damit der Gefahr zu hoher Eiweißgehalte – war ein Sollwert zwischen 100 und 125 kg N/ha wirtschaftlich optimal. Das zeigt, dass das Ertragspotenzial des Standortes – neben der N-Nachlieferung aus dem Boden – den N-Bedarf bestimmt. Am besten erfragen Sie die N-Sollwerte für Ihre Region bei den örtlichen Beratungsstellen.


Von diesen Sollwerten sind die Nmin-Gehalte und die N-Nachlieferung aus dem Boden abzuziehen, um den N-Bedarf aus dem Düngersack zu erhalten. Ist der Nmin-Gehalt eines eventuell neu hinzugepachteten Ackers zu ungewiss, empfiehlt sich eine Nmin-Beprobung vor der Saat. Die alljährlich von den Offizialberatungen ermittelten, repräsentativen Nmin-Werte geben zwar einen Hinweis auf die Höhe der aktuellen Gehalte im Vergleich zu den Vorjahren, am besten sind aber eigene Bodenproben.


Schwierig abzuschätzen ist die N-­Nachlieferung aus dem Boden vor allem bei organischer Düngung mit Gülle oder Gärresten. Bereits bei einem N-Schub von lediglich 20 bis 30 kg N pro ha kann die Stoßgrenze beim Rohprotein überschritten sein, sodass die Braugerste im Futtertrog landet.


Dünge-Empfehlungen:

Im Süden Deutschlands wird derzeit die meiste Braugerste angebaut. Die Sollwerte für die N-Düngeempfehlungen sehen dort z. B. wie folgt aus:


  • Bayern empfiehlt für Braugersten-erträge um 55 dt/ha einen Sollwert von 110 kg N/ha. Pro 10 dt Mehrertrag/ha erhöht sich dieser Sollwert um 10 kg.
  • In Baden-Württemberg errechnet sich der Sollwert aus dem Zielertrag in dt/ha mal 1,73 plus 20. Das sind bei Zielerträgen von 50, 60 und 70 dt/ha jeweils 107, 124 und 141 kg N/ha.
  • Rheinland-Pfalz hat mit N-Sollwerten von 110, 125 und 140 kg N/ha für Ertragsziele von 50, 60 und 70 dt/ha ähnliche N-Düngeempfehlungen wie Baden-Württemberg.
  • Rheinland-Pfalz empfiehlt Abzüge vom Sollwert von 1 kg Stickstoff pro ­Bodenpunkt auf Böden mit mehr als 40 ­Bodenpunkten. Ähnlich verfährt Baden-­Württemberg: Hier gelten Abzüge von 10 kg N/ha vom Sollwert bei Böden mit Ackerzahlen um 50 und bis zu 20 kg N/ha Abzug für Flächen mit Ackerzahlen ab 60.


Nach Abzug der Nmin-Gehalte des ­Bodens und der N-Nachlieferung er­geben sich in den Ländern ähnliche Düngeempfehlungen für Sommerbraugerste (siehe Übersicht 4). Rheinland-Pfalz berücksichtigt bei Nmin übrigens nur die Gehalte in 0 bis 60 cm ­Bodentiefe, die anderen Länder dagegen in 0 bis 90 cm Tiefe.


Dass die Empfehlungen der drei süddeutschen Bundesländer sehr ähnlich sind, obwohl sie an verschiedenen Standorten ermittelt wurden, zeigt deren Zuverlässigkeit. Kleine Unterschiede, vor allem wegen der Bewertung der standortabhängigen N-Nachlieferung, resultieren aus den unterschiedlichen Entwicklungen der einzelnen Sollwertsysteme.


Im Rahmen der Novellierung der Dünge-VO werden derzeit einheitliche N-Sollwerte für ganz Deutschland diskutiert (siehe Beitrag auf Seite 36). Dabei sind diese etablierten Systeme eine geeignete Basis. Wichtig ist allerdings, dass auch künftig standortabhängige Anpassungen möglich sind.


Eigene Erfahrungen zählen:

Auch eine N-Bilanz unterstützt die Düngebedarfsermittlung. So ermitteln einige Landwirte den N-Bedarf auch über die N-Abfuhr mit dem Korn (Korn-N-Ertrag). Dabei gilt Folgendes: 60 dt Braugerste mit 10 % Rohprotein (1,4 kg N/dt Korn) enthalten 84 kg N. Dazu kommen standortabhängig unvermeidbare N-Verluste, vor allem durch Auswaschung. In Braugerste-Fruchtfolgen in Mittelgebirgslagen ist demnach eine Düngung z. B. von 100 kg N/ha nötig, während auf guten Böden mit entsprechend hoher N-Nachlieferung trotz hoher Erträge 70 kg N/ha bereits zu viel sein können, vor allem nach Vorfrüchten wie Rüben. Diese Bilanzierungsmethode liefert Anhaltspunkte.


Da Sommerbraugerste in der Regel nur eine N-Düngung zur Saat erhält, scheiden Methoden aus, die sich zur N-Düngebedarfsermittlung am Blattgrün- oder Nitratgehalt der Pflanzen orientieren.

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